Berlin. Während in Europa gelockert wird, breitet sich das Coronavirus weltweit immer rascher aus. Die WHO warnt schon vor dem „Schlimmsten“.

  • Die Weltgesundheitsorganisation warnt, dass in bestimmten Ländern eine zweite Corona-Welle kurz bevorstehen könnte
  • So meldete die Johns-Hopkins-Universität für die USA an einem Tag – Mittwoch, 1. Juli – rund 50.700 neue Corona-Fälle an einem Tag
  • In welchen Ländern das Risiko für eine zweite Welle besonders hoch ist und ob auch Deutschland gefährdet ist, lesen Sie hier

Sechs Monate nach den ersten Meldungen über das Coronavirus wächst weltweit die Sorge vor einer weiteren Ausbreitung der Seuche. In den USA gab es erstmals mehr als 50.000 Ansteckungen an einem Tag. Auch in Israel, im Iran und in Südafrika zeigen die Zahlen steil nach oben. Selbst in Musterländern wie Südkorea und Singapur, die früh massive Gegenmaßnahmen ergriffen haben, steigen die Neuinfektionen an.

Vielerorts grassiert die Angst vor der zweiten Welle. „Das Schlimmste wird noch kommen“, warnte der Chef der Weltgesundheitsorganisation, Tedros Adhanom Ghebreyesus. Er forderte alle Länder auf, zu testen, soziale Kontakte zurückzuverfolgen und Quarantäneregeln zu verhängen. Nach Zählung der Johns-Hopkins-Universität in den USA waren bis Donnerstag auf der ganzen Welt 10,7 Millionen Corona-Infektionen und rund 517.000 Tote registriert.

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Eine Übersicht über einige der größten Infektionsherde:

USA: Angst vor dem „perfekten Sturm“

In den Vereinigten Staaten schnellen die Infektionszahlen immer rasanter in die Höhe: Die Johns-Hopkins-Universität meldete für Mittwoch rund 50.700 neue Corona-Fälle an einem Tag. Die Gesamtzahl beläuft sich auf 2,7 Millionen. Präsident Donald Trump glaubt derweil weiter an das Verschwinden des Virus.

Besonders betroffen sind die Bundesstaaten Florida, Texas, Arizona, Georgia und Kalifornien. Mit Blick auf den Nationalfeiertag am 4. Juli zeigen sich Gesundheitsexperten angesichts des hohen Reiseaufkommens besorgt. Es könne sich „ein perfekter Sturm“ zusammenbrauen, sagte ein Arzt für Infektionskrankheiten.

Israel: Corona-Lockerungen brachten die Wende zum Schlechten

Dort hat die Zahl der Neuinfektionen einen Höchstwert erreicht. Binnen 24 Stunden gab es 966 neue Fälle, wie das Gesundheitsministerium am Donnerstag mitteilte. Zum Vergleich: Die Gesundheitsämter in Deutschland verzeichneten am Mittwoch 503 neue Infektionen. Israel hat also fast doppelt so viele Neuinfektionen – wobei Deutschland etwa neunmal so viele Einwohner hat wie Israel.

In Israel und den Palästinensergebieten war die Pandemie zunächst glimpflich verlaufen. Nach Lockerungen sind die Zahlen der Infizierten jedoch seit gut einem Monat stark angestiegen.

Iran: Die zweite Corona-Welle ist da

Kürzlich schaffte es der Iran sogar in die Pressekonferenz des Berliner Robert Koch-Instituts. Im Iran gebe es eine zweite Corona-Welle. „Darauf deutet alles hin“, erklärte RKI-Chef Lothar Wieler. Dabei schien die Islamische Republik mit ihren 82 Millionen Einwohnern Ende April das Schlimmste überstanden zu haben. Inzwischen grassiert das Virus wieder mit täglich mehr als 2500 Neuerkrankungen und damit ähnlich massiv wie während der ersten Welle im März.

Mehr vom Robert Koch-Institut: Die aktuellen RKI-Fallzahlen für Deutschland

Es müsse ein zweiter Lockdown verhängt werden, drohte Teherans Regierung. Das könnte jedoch der maroden Volkswirtschaft den Rest geben und den Zorn gegen das Regime neu entfachen – wie zuletzt bei den blutigen Massenprotesten im November 2019. Seit Ende Mai haben fast alle Branchen im Iran die Arbeit wieder aufgenommen.

Eine Corona-Patientin sitzt auf ihrem Bett in einem Krankenhaus in Teheran. Irans Präsident Hassan Rohani ist der Auffassung, die Iraner sollten lernen, „mit dem Virus zu leben.“
Eine Corona-Patientin sitzt auf ihrem Bett in einem Krankenhaus in Teheran. Irans Präsident Hassan Rohani ist der Auffassung, die Iraner sollten lernen, „mit dem Virus zu leben.“ © dpa | Vahid Salemi

Die von Präsident Hassan Rohani durchgesetzten Lockerungen haben aber auch dazu geführt, dass die Corona-Vorschriften in der Bevölkerung nicht mehr ernst genommen wurden. Rohani will aber trotz Kritik an seiner Lockerungspolitik festhalten. Er sei der Auffassung, dass die Corona-Krise noch länger andauere und eine längerfristige Einschränkung der Wirtschaftsaktivitäten nicht machbar sei. Die Iraner sollten lieber lernen, „mit dem Virus zu leben“.

Mehr als 232.000 Menschen sind mittlerweile als Infizierte gemeldet. Die Zahl der Toten liegt über 11.100 Doch die Dunkelziffer ist hoch. Selbst ein Gutachten des iranischen Parlaments geht von zehnmal so vielen Infizierten und doppelt so vielen Opfern aus, wie offiziell verkündet. Denn oft werden Todesursachen gefälscht. Viele Angehörige fürchten, ihre an Covid-19 Verstorbenen dann nicht nach muslimischem Ritual bestatten zu können.

Südafrika: Viele Corona-Infektionen in Kapstadt und Johannesburg

Am Kap der Guten Hoffnung steigt die Zahl der Neuinfektionen ebenfalls steil an. Innerhalb eines Tages meldeten die Behörden 8124 neue Fälle sowie 92 Todesfälle. Nach der Westkap-Provinz mit Kapstadt entwickelt sich nun das Wirtschaftszentrum rund um Johannesburg zur Schwerpunktregion. Südafrika verzeichnet mit rund 160.000 Infektionen die meisten Fälle in ganz Afrika.

Südkorea: Rasche Corona-Verbreitung in Schwulenclubs und Karaokebars

Das ostasiatische Land galt in deutschen Talkshows lange Zeit als Musterschüler im Kampf gegen Corona. Die Zahl der Neuinfektionen sank dank harter Maßnahmen zeitweise gegen null. Am Donnerstag meldeten die Behörden 54 neue Ansteckungen. Die Gesamtzahl der Fälle im Land beträgt knapp 13.000. Das ist vergleichsweise wenig. Die Regierung ist trotzdem alarmiert.

Anfang Mai waren fast alle Restriktionen gelockert worden. Dann kam der Erreger jedoch überraschend zurück. Auch dieses Mal sorgten geschlossene Räume mit vielen Leuten für die rasche Verbreitung: Zuerst waren es Schwulenclubs im Seouler Ausgehviertel Itaewon. Dann gab es Covid-19-Ausbrüche in Karaokebars, Warenhäusern und Tischtennishallen.

Die Koreaner führten von Anfang an systematisch Corona-Tests durch, um Ausbrüche frühzeitig zu erkennen. Gleichzeitig verfolgen die Gesundheitsbehörden mithilfe von GPS-Daten genau die Bewegungsabläufe von Handynutzern, um potenziell Infizierte ausfindig zu machen. Auf diesem Weg konnte man das Virus eindämmen, ohne großflächige Ausgangssperren zu verhängen.

Doch nach wie vor müssen die Bewohner in vielen öffentlichen Gebäuden wie Fitnesscentern oder Kneipen einen QR-Code scannen, um im Falle eines Infektionsausbruchs rückverfolgbar zu sein. Auch Gesichtsmasken werden weiterhin flächendeckend getragen.

Südkorea beschäftigt zudem rund 150 sogenannte Spurensucher. Deren Aufgabe ist es, sämtliche Personen eines Infektionsherds ausfindig zu machen. Dabei stehen ihnen Möglichkeiten zur Verfügung, die in Deutschland rechtlich nicht gegeben sind: Innerhalb weniger Minuten bekommen sie Zugang zu Kreditkarten-Transaktionen und Handydaten, um Bewegungsabläufe zu rekonstruieren.

Während der Frühphase der Pandemie konnte Südkorea noch den Ursprung sämtlicher Infektionen aufspüren. Mittlerweile ist bei rund zehn Prozent der Übertragungen die Ursprungsquelle nicht mehr bekannt.

Singapur: Kommt die digitale Fußfessel?

Um den Inselstaat schien Covid-19 zunächst einen weiten Bogen zu machen. Dann entdeckten die Behörden jedoch einen gewaltigen Infektionsstrang in engen Wohnheimen der südasiatischen Arbeitsmigranten. Diese verrichten Niedriglohnjobs in Singapur. Am Donnerstag stieg die Zahl in dem Staat mit 5,7 Millionen Einwohnern um 188 neue Fälle auf 44.300.

Vor Kurzem hat die Regierung mit einem Vorschlag Aufsehen erregt: Jeder Bewohner, der Kontakt mit einem Infizierten hatte, soll demnach eine Art digitaler Fußfessel erhalten – in Form eines mobilen Geräts, das man entweder am Arm oder in der Tasche tragen kann. Das kann dann rund um die Uhr Ortungsdaten weiterreichen. Möglicherweise soll die Maßnahme auf jeden Bewohner Singapurs ausgeweitet werden. Es wäre die wohl umfassendste Kontaktverfolgung eines Staates überhaupt.

Japan: Corona gerät wieder außer Kontrolle

Die Hauptstadt Tokio verzeichnet gerade den höchsten Anstieg an Neuinfektionen binnen 24 Stunden seit Anfang Mai. Die Stadtregierung bestätigte am Donnerstag 107 neue Infektionsfälle.

Japan hatte im Juni den Notstand im ganzen Land aufgehoben, da die Krise so gut wie unter Kontrolle gebracht worden sei, hieß es damals. Seitdem steigt die Zahl der Infizierten wieder.

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