Berlin. . Die EU hat ein wegweisendes Digital-Gesetz gegen Hass und Hetze bestimmt. Von der Leyen bezeichnete die Einigung als “historisch“.

Plattformen müssen Hassrede und andere illegale Inhalte im Internet künftig schneller löschen und in manchen Fällen sogar den Justizbehörden melden. Das bestimmt ein neues Digital-Gesetz, das in der Europäischen Union schon bald gelten könnte. Den Online-Diensten dürfte die Verpflichtung, strenger gegen illegale Inhalte vorzugehen, nicht ausnahmslos gefallen.

Am frühen Samstagmorgen einigten sich Unterhändler des Europaparlaments und der EU-Staaten in Brüssel auf ein Gesetz über digitale Dienste (Digital Services Act, DSA), das für eine strengere Aufsicht von Online-Plattformen und mehr Schutz der Verbraucherinnen und Verbraucher sorgen soll.

Die Verhandlungen zogen sich zuletzt in die Länge: Für die letzte Verhandlungsrunde brauchte die Gruppe ganze 16 Stunden. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen zufolge sei die Einigung historisch.

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"Unsere neuen Regeln werden die Online-Nutzer schützen, die freie Meinungsäußerung gewährleisten und den Unternehmen neue Möglichkeiten eröffnen", erklärte von der Leyen. Dies sei ein starkes Signal für die Menschen, Unternehmen und Länder weltweit.

Digital-Gesetz der EU: Algorithmen teilweise offenlegen

Das Digital-Gesetz übt eine stärkere Kontrolle an den Plattformen aus: Unter anderem soll der DSA sicherstellen, dass diese illegale Inhalte wie Hassrede schneller aus dem Netz entfernen. So sollen schädliche Desinformationen, Falschmeldungen und Kriegspropaganda weniger verbreitet werden.

Auch den Online-Verkauf visiert der DSA an: Auf Online-Marktplätzen sollen weniger gefälschte Produkte verkauft werden. Verkaufsportale sollen die Identität der Nutzer und Nutzerinnen prüfen, bevor diese Produkte anbieten können.

Die Plattformen müssen User und Userinnen bei häufigen Verstößen zudem sperren und die nationalen Justizbehörden informieren, wenn sie eine "schwere Straftat" vermuten, die "das Leben oder die Sicherheit von Personen" bedroht. Grundlegendes Prinzip des DSA ist: Was offline illegal ist, soll es auch online sein.

Ein wichtiger Meilenstein des DSA bildet allerdings ein anderer gesetzlicher Eingriff: Die Plattformen müssen künftig die wichtigsten Parameter ihrer Empfehlungsalgorithmen offenlegen. Diese entscheiden in vielen Fällen darüber, welche Nachrichten, Videos oder Produkte den Nutzerinnen und Nutzern angezeigt werden. An den meist geheimen Empfehlungsalgorithmen gibt es immer wieder Kritik.

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    Dem DSA zufolge sollen allerdings auch die Anbieter der digitalen Dienste von der Rechtssicherheit und den einheitlichen Regeln in der EU profitieren. Große Plattformen mit mehr als 45 Millionen Nutzerinnen und Nutzern müssen deutlich mehr Regeln befolgen als kleinere.

    Zu den großen Plattformen zählen potenziell rund 20 Unternehmen, darunter Google mit dem Tochterkonzern Youtube, Meta mit Facebook und Instagram, Microsoft mit seinem sozialen Netzwerk LinkedIn, Amazon, Apple und Twitter.

    Die Einigung vom Samstag muss noch einmal vom Europaparlament und den EU-Staaten bestätigt werden. Dies gilt als Formsache. Lesen Sie auch: Facebook-Whistleblowerin packt vor US-Kongress aus

    EU-Gesetz sorgt auch für Kritik

    Die EU-Abgeordneten zeigen über die Einigung für das neue Digital-Gesetz mit gemischte Gefühle. An den Entscheidungen gibt es auch Kritik.

    Der Piraten-Abgeordnete Patrick Breyer zeigte sich von dem Ergebnis enttäuscht: "Die Bezeichnung 'Digitales Grundgesetz' verdient das neue Regelwerk insgesamt nicht", sagte er. "Der enttäuschende Deal versagt vielfach beim Schutz unserer Grundrechte im Netz." So kritisiert Breyer unter anderem eine fehlende Privatsphäre im Netz und die nach wie vor mangelnde Kontrolle über die Konzern-Algorithmen.

    Martin Schirdewan von den Linken erklärte hingegen Gegenteiliges: "Durch weitreichende Transparenzverpflichtungen öffnet der DSA die Blackbox der Algorithmen der Online-Plattformen." Alexandra Geese (Grüne) sagte: "Europa geht damit auch in die Offensive gegen die Übermacht der Big Tech Unternehmen."

    Digital-Gesetz der EU könnte 2023 in Kraft treten

    Der DSA ist Teil eines großen Digital-Pakets, das die EU-Kommission im Dezember 2020 vorgeschlagen hatte. Der zweite Teil ist das Gesetz über digitale Märkte (Digital Markets Act, DMA), bei dem es bereits Ende März eine Einigung gab. Der DMA soll vor allem die Marktmacht von Tech-Giganten wie Google und Facebook mit strengeren Regeln beschränken.

    In Deutschland gilt schon jetzt das Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) zur Bekämpfung von Straftaten und Hassrede im Internet. Dies dürfte in weiten Teilen durch den DSA ersetzt werden. Das Gesetz könnte im kommenden Jahr in Kraft treten. (afp/dpa/reba)

    Dieser Artikel erschien zuerst auf waz.de