Berlin. Donald Trump brachte bei Twitter eine Verschiebung der US-Wahlen ins Spiel. Wenig später relativierte er den Vorschlag – und warnte.

  • Donald Trump hat seine Idee, die US-Wahl 2020 zu verschieben, offenbar wieder verworfen
  • In einer Pressekonferenz sagte er, er wolle keine Terminänderung – warnte aber einmal mehr vor vermeintlicher Betrugsgefahr durch Briefwahl
  • Trump hatte über eine mögliche Verschiebung der Wahl getwittert, kurz nach dem Bekanntwerden eines historischen Konjunktureinbruchs
  • Der US-Präsident liegt in Umfragen deutlich hinter Kontrahent Joe Biden
  • Kritiker glauben, Trump zweifele das Prozedere an, um den Wahlausgang bei Unterliegen anzweifeln zu können

Will sich Donald Trump vor der Präsidentenwahl in gut drei Monaten drücken, um im Amt zu bleiben? Darüber hatte er öffentlich in einem Tweet sinniert. Am Donnerstag ruderte er bei einer Pressekonferenz zurück, warnte aber vor Betrug bei der Abstimmung. Vor Wochen hatte Trump bereits vor Briefwahlen gewarnt. Durch sie könnte das Ergebnis massiv „manipuliert“ werden, behauptete er damals – ohne Belege dafür zu liefern.

Es war das erste Mal, dass Trump in der Wahlfrage einen Schritt weiter gegangen war. Am Donnerstag hatte er bei Twitter geschrieben: „Die Wahl hinausschieben, bis die Menschen ordentlich, sorgenfrei und sicher wählen können???“ Er wiederholte seine Befürchtung, dass eine starke Zunahme der Abstimmung per Brief zur „betrügerischsten Wahl“ der Geschichte führen könnte.

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Doch kurze Zeit später revidierte er den Gedanken offenbar. Er wolle keine Terminänderung, sagte Trump am Donnerstag bei einer Pressekonferenz. Gleichzeitig warnte er, dass dies die „am stärksten manipulierte Wahl der Geschichte“ werden könnte. Die Wahl solle stattfinden, so Trump, allerdings wolle er keine „betrügerische Wahl“.

Biden sagte voraus: „Er wird versuchen, die Wahl zu verschieben“

Trumps demokratischer Herausforderer Joe Biden hatte schon Ende April geunkt, dass der Präsident etwas im Schilde führe. „Erinnern Sie sich an meine Worte: Er wird irgendwie versuchen, die Wahl nach hinten zu verschieben, er wird irgendeine Begründung finden, warum sie nicht abgehalten werden kann“, sagte der frühere Vizepräsident. Trump wies dies damals zurück.

Er könnte dies auch nicht ohne Weiteres durchdrücken. Nur der US-Kongress wäre befugt, das Wahldatum zu ändern, das gesetzlich auf den 3. November festgelegt ist. Und dort zeigte man sich über Trumps Vorstoß auf Twitter erwartungsgemäß wenig begeistert. Nicht nur bei den oppositionellen Demokraten, sondern auch in seiner eigenen Republikanischen Partei reagierten die Abgeordneten mit Ablehnung gegenüber der Idee.

„In der Geschichte des Landes, in Kriegen, Wirtschaftskrisen und dem Bürgerkrieg, haben wir noch nie eine auf Bundesebene angesetzte Wahl nicht zum geplanten Zeitpunkt abgehalten“, sagte der republikanische Mehrheitsführer im Senat, Mitch McConnell in einem Fernsehinterview. Der ebenfalls konservative Senator Marco Rubio sagte im Hinblick auf Trumps Vorstoß: „Ich wünschte, er hätte das nicht gesagt.“

Hintergrund: Warum Donald Trump die Angst vor Briefwählern schürt

US-Präsident Donald Trump hat eine Verschiebung der Präsidentschaftswahlen im November ins Spiel gebracht.
US-Präsident Donald Trump hat eine Verschiebung der Präsidentschaftswahlen im November ins Spiel gebracht. © AFP | JIM WATSON

Bei den Demokraten hieß es nach Trumps Tweet dagegen, die Äußerung sehe man als „verzweifelten Versuch, von den heutigen verheerenden Wirtschaftszahlen abzulenken“. Tatsächlich könnte die neueste Aktion des Präsidenten der verzweifelte Versuch eines Befreiungsschlags sein.

Derzeit prasseln nur Hiobsbotschaften auf Trump ein. Die Wirtschaft stürzt ins Bodenlose ab, die Arbeitslosigkeit bleibt ungewöhnlich hoch, die Corona-Pandemie frisst sich immer weiter ins Land, in den Meinungsumfragen hinkt der Präsident meilenweit hinterher. Viele US-Wähler zeigen bei ihm derzeit mit dem Daumen nach unten.

Krise in den USA: Wirtschaftsleistung in noch nie da gewesenem Ausmaß eingebrochen

Am Donnerstag wurde zudem bekannt, dass die Konjunktur in den Vereinigten Staaten im zweiten Quartal so heftig wie zuletzt 1947 eingebrochen ist. Die Wirtschaftsleistung schrumpfte laut Handelsministerium aufs Jahr gerechnet um 32,9 Prozent. Nach der in Europa gebräuchlichen Rechenweise läge das aktuelle Minus in Amerika bei etwa zehn Prozent im Vergleich zum Vorquartal.

Durch die Rezession haben Millionen Menschen in den USA ihre Jobs verloren. Insgesamt nehmen derzeit 17 Millionen Menschen Arbeitslosenunterstützung in Anspruch. Die Präsidentenpartei im Kongress, die Republikaner, blockiert derzeit eine Verlängerung der Bundeshilfen für Arbeitslose in Höhe von 600 Dollar pro Woche. Vielen droht der finanzielle Absturz und die Zwangsräumung ihrer Mietwohnungen ab August. Für Trump, der ursprünglich mit einem Konjunkturaufschwung und einem Börsenfeuerwerk in die Wahl gehen wollte, sind diese Nachrichten ein Desaster.

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Von höchster Stelle gab es eine weitere Warnung. Notenbankchef Jerome Powell erklärte: Gelinge es nicht, das Coronavirus einzudämmen, sei eine vollständige Erholung der Wirtschaft „unwahrscheinlich“. Die Regierung Trump hatte dagegen durch ein von vielen scharf kritisiertes Corona-Management die Krise dramatisch verschärft.

Corona: Donald Trump ignorierte die Pandemie zunächst

Der Präsident ignorierte die Pandemie zu Beginn, redete sie danach klein und stellte später China als Sündenbock dar, der Informationen über die Seuche angeblich vertuscht habe. Am Ende setzte der Präsident die Bundesstaaten unter Druck, den Lockdown aufzuheben und die Wirtschaft unter Dampf zu setzen.

Das Kalkül Trumps erwies sich als kompletter Fehlschlag. Nach Angaben der Johns-Hopkins-Universität haben sich bis Donnerstag 4,43 Millionen Menschen mit dem Virus angesteckt, 150.733 sind gestorben. Die USA stehen mit großem Abstand auf Platz eins des weltweiten Corona-Rankings.

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Der renommierte Virologe Anthony Fauci, der dem Präsidenten öffentlich immer wieder in die Parade gefahren ist, mahnte die Amerikaner erneut zu eisenharter Disziplin. Sie sollten dringend fünf Maßnahmen befolgen: Masken tragen, Menschenansammlungen meiden, einen Mindestabstand von knapp zwei Metern einhalten, Hände waschen und sich von Bars fernhalten oder diese, wo möglich, schließen.

Der Mediziner mit dem silbergrauen Haar gibt in diesen Tagen den Anti-Trump. Am Dienstag beschwerte sich der Chef des Weißen Hauses in einer Pressekonferenz, dass Fauci populärer sei als er selbst, und schloss mit den Worten: „Niemand mag mich.“

US-Wahlen: Donald Trump liegt in den Umfragen hinter Joe Biden

Die Meinungsumfragen belegen, dass sich der Präsident im Abwärtssog befindet. Laut der unabhängigen politischen Webseite realclearpolitics.com liegt der Amtsinhaber im Durchschnitt neun Prozentpunkte hinter Biden. Selbst in wichtigen Wechselwählerstaaten wie Florida, Pennsylvania oder Michigan – die Trump 2016 knapp gewonnen hat – sieht der Präsident kein Land.

Der neueste Trump-Tweet über die Wahlverschiebung öffnet Raum für Spekulationen über die wahren Absichten des Präsidenten. Auf die Frage des Moderators Chris Wallace in seinem Lieblingssender Fox News, ob er eine Wahlniederlage akzeptieren würde, antwortete er kürzlich: „Das muss ich sehen. Ich werde jetzt nicht einfach Ja sagen.“ In Washington rätseln nun viele: Welcher Vorstoß Trumps kommt als Nächstes?

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