Ex-Präsident Trump hat Krieg gegen Amerika geführt, wie ein Untersuchungsausschuss aufzeigte: Der Mann gehört auf die Anklagebank.

Die erste Sitzung des spektakulärsten "Fernsehgerichts" des Jahres ist noch nicht vollständig verdaut. Aber was der Untersuchungsausschuss zum blutigen Sturm aufs Kapitol in Washington im Januar 2021 durch einen von Donald Trump angestachelten Mob bezweckt, ist nun sonnenklar: Der Ex-Präsident soll strafrechtlich zur Rechenschaft dafür gezogen werden, dass seine toxische Egomanie Amerikas Demokratie an den Rand des Atemstillstands brachte. Anders gesagt: Trump 2024 soll im Keim erstickt werden.

Dirk Hautkapp, US-Korrespondent.
Dirk Hautkapp, US-Korrespondent. © Privat | Privat

Indem sie akribisch den roten Faden einer kriminellen Verschwörung ausrollte – mit der Spinne Trump in der Mitte eines aus Lügen gewebten Netzes – machte die republikanische Wortführerin Liz Cheney klar, welche Empfehlung der Ausschuss Justizminister Merrick Garland voraussichtlich geben wird: Er soll gegen den 45. Präsidenten der USA Anklage erheben – wegen krimineller und verfassungswidriger Aktivitäten.

Donald Trump soll siebenstufigen Plan verfolgt haben

Laut Cheney verfolgte Trump einen siebenstufigen Plan:

  • Die gezielte Täuschung der Öffentlichkeit über die ihm selbst schon im November 2020 durch Leute wie den damaligen Justizminister Bill Barr sehr bewusst gemachte Wahlniederlage gegen Joe Biden.
  • Die versuchte Erpressung von Wahlverantwortlichen in entscheidenden Bundesstaaten wie Georgia, die Ergebnisse dort nachträglich in seinem Sinne zu frisieren.
  • Die hartnäckigen Nötigungsversuche an die Adresse von Vize-Präsident Mike Pence, die Zertifizierung des Biden-Sieges am 6. Januar zu verweigern.
  • Die geplante Fälschung von Wahlmänner-Listen für das „electoral college”.
  • Der beabsichtigte Austausch von Spitzenleuten im Justizministerium, um der von Gerichten widerlegten Behauptung des Wahlbetruges neues Gewicht zu geben und Untersuchungen einzuleiten.
  • Der aktive Aufruf an seine wochenlang durch Propaganda und Schauer-Märchen aufgewiegelte Fan-Basis, zum Kapitol zu ziehen, "wie der Teufel zu kämpfen" und seinen Verbleib im Amt zu sichern.
  • Die stundenlange Weigerung, trotz flehender Appelle engster Mitarbeiter und Familien-Mitglieder (Tochter Ivanka), dem Treiben des Mobs durch eine frühe präsidiale Intervention via Fernsehen und „social media” die Spitze zu nehmen.

All das in seinen vielen Facetten verknüpft, ergibt laut New York Times das Bild eines "Möchtegern-Despoten, der willens war, die Verfassung zu schreddern, um an der Macht zu bleiben, koste es, was es wolle”. Zum Beispiel das Leben von Kapitols-Polizisten, die in so noch nie gezeigten brutalen Videoaufnahmen stundenlang Trumps Totschlägern ausgesetzt waren. Lesen Sie auch: Kapitol-Erstürmung: Polizisten fühlen sich im Stich gelassen

Über die Breitenwirkung der erschütternden Bilder darf man sich aber keine Illusionen machen. Über 50 Prozent der republikanischen Wähler glauben weiter fest an die Mär vom Wahlbetrug. Sie sehnen die Rückkehr der politischen Abrissbirne Trump bei der Wahl in zwei Jahren herbei.

Wird Donald Trump bestraft? Prognose ist eher pessimistisch

Sie sind resistent gegen die einzig rationale Schlussfolgerung, die eine wache Demokratie nach dem 6. Januar ziehen müsste: Leute wie Trump und seine Helfershelfer gehören angeklagt und hart bestraft. Sie dürfen niemals (wieder) auch nur in die Nähe der Schalthebel der Macht kommen.

Kommt es so? Pessimistische Prognose: eher nein. Justizminister Merrick Garland wird vor den Zwischenwahlen im Kongress im November kaum das Risiko eingehen, eine vielerorts als politische Vendetta wahrgenommene Vergeltungsaktion gegen das von Millionen angehimmelte Idol der Republikaner ins Werk zu setzen.

Die Vorstellung, dass Donald Trump erneut davonkommen könnte, verursacht Übelkeit. Und Angst um Amerika.

Dieser Artikel erschien zuerst auf waz.de.