Washington. Ex-US-Präsident Donald Trump will es noch einmal wissen. Er kündigte seine erneute Kandidatur an. Doch er steht vor zahlreichen Hürden.

Beim ersten Mal im Juni 2015 kam er mit dem von Neil Young geklauten Lied „Rockin' In The Free World" und Gattin Melania in seinem New Yorker Hotel-Tower an der 5. Avenue pompös über eine Rolltreppe hernieder, um Amerika und der Welt seine Ambitionen auf das höchste Staatsamt anzukündigen.

Sieben Jahren und fünf Monate später blieb Donald Trump auf dem Ballsaal-Boden seines pseudo-barocken Florida-Domizils Mar-a-Lago, um die seit Tagen mit „sehr große Ankündigung” angeteaste Mitteilung endlich mit Leben zu füllen:

„Um Amerika wieder großartig und glorreich zu machen, verkünde ich heute Abend meine Kandidatur als Präsident der Vereinigten Staaten”, sagte der 76-Jährige im Beisein von Hunderten geladenen Gäste aus Politik und Wirtschaft, die jede Szene frenetich bejubelten und mit dem Handy festhielten.

Schon Minuten vorher berichteten Medien, dass Trump bei der US-Wahlkommission (FEC) seine offiziellen Bewerbungsunterlagen für seine dritte Kandidatur am Dienstag bereits eingereicht hat.

Trump kandidiert: „Erstaunlich uninspiriert und nie enthusiastisch”

In seiner gut 45 Minuten langen, nachrichtenarmen Rede sagte der Immobilien-Unternehmer, der nach seiner Abwahl 2020 versuchte hatte, das Wahlergebnis illegal aufheben zu lassen und dafür einen tödlichen Aufstand am Kapitol in Washington inszenierte, um an der Macht zu bleiben, Amerikas „Comeback” beginne „in diesem Moment”.

Allein, er wirkte dabei nach Ansicht vieler Beobachter in den Medien „erstaunlich uninspiriert und nie enthusiastisch”. „Er ist einfach nicht mit dem Herzen dabei”, urteilte ein Analyst im US-Fernsehen, wo nur wenige Sender die Rede live übertrugen.

Wie auf allen Kundgebungen seit Ausscheiden aus dem Amt warf Trump Joe Biden und den Demokraten pauschal vor, all seine Errungenschaften aus der Präsidentschaft 2017 bis 2021 mit Hilfe der Ideologie von „radikalen, linken Irren” zunichte gemacht zu haben.

Bei einem Auftritt in seinem floridianischen Anwesen Mar-a-Lago kündigt Ex-US-Präsident Donald Trump an, bei der Präsidentenwahl 2024 erneut für die Republikaner antreten zu wollen. Modisch darauf vorbereitet hat sich augenscheinlich diese Besucherin: Ihre Handtasche ziert Trumps Wahlkampfslogan «MAGA» («Make America Great Again»).
Bei einem Auftritt in seinem floridianischen Anwesen Mar-a-Lago kündigt Ex-US-Präsident Donald Trump an, bei der Präsidentenwahl 2024 erneut für die Republikaner antreten zu wollen. Modisch darauf vorbereitet hat sich augenscheinlich diese Besucherin: Ihre Handtasche ziert Trumps Wahlkampfslogan «MAGA» («Make America Great Again»). © Rebecca Blackwell/AP/dpa

Zahlreiche Lügen in Trumps Rede

Amerika sei unter seiner Führung ein „großartiges, wirtschaftlich starkes und weithin akzeptiertes Land” gewesen. Heute befänden sich die USA im Niedergang, die Menschen seien auch durch extreme Kriminalität illegaler Einwanderer „verängstigt und verzweifelt”. Fakten-Checker bei CNN und „Washington Post” identifizierten zig falsche Tatsachenbehauptungen und beklagten die Abwesenheit von politischen Konzepten, etwa die Frage, was eine Regierung Trump anders machen würde, um die hohe Inflation zu senken.

Trump begnügte sich abgesehen von permanente Schelte unf Herabsetzung gegen Joe Biden mit Standards: Nach einem Sieg in zwei Jahren werde er Amerika wieder zu „nationaler Größe und Glorie” führen. Dabei zähle er auf seine Anhänger, die er als „die größte Bewegung in der Geschichte der Welt” bezeichnete. Trump beendet seinen Beitrag wie immer mit dem Versprechen: „Wir werden Amerika wieder groß machen.”

Um am Ende tatsächlich Kandidat seiner Partei zu werden und sich am 5. November 2024 zur Wahl stellen zu können, muss Trump abseits öffentlicher Kritikstürme diverse formale Hürden nehmen.

Eine neue Generation Hardlinder könnte Trump stoppen

Ab Januar 2024 stehen in den 50 Bundesstaaten die parteiinternen „primaries” (Vorwahlen) an. Erst wenn Trump genügend Delegierte für den Nominierungsparteitag im Sommer vor der Wahl auf sich vereinigt hat, kommt sein Name auf den Wahlzettel. Gewönne er, wäre Trump nach Grover Cleveland im 19. Jahrhundert erst der zweite US-Präsident, der zwei Amtszeiten absolviert, die nicht unmittelbar zusammenhängen.

Eine neue Generation von „Hardlinern”, die ähnlich radikal sind wie Trump, aber nicht so viel Ballast mit sich herumschleppen und Toxizität verströmen, sind der Meinung, dass die Republikaner „mit Trump nie wieder das Weiße Haus erobern werden”. Weil die Zahl seiner Fehltritte zu groß sei. Und weil bis in die republikanischen Führungszirkel hinein die Meinung vorherrsche, dass Trump im Falle seiner Wiederwahl der US-Demokratie wirklich gefährlich werden könnte.

Floridas Gouverneur Ron DeSantis, der Texaner Ted Cruz, Ex-Vize Mike Pence, die frühere UN-Botschafterin Nikki Haley und Ex-Außenminister Mike Pompeo, um nur einige zu nennen, sind dieser Meinung, heißt es in Parteikreisen.

Ihre Referenzgröße ist vor allem der 6. Januar 2021. Damals wollte Trump mit Hilfe eines blindwütigen Mobs die amerikanische Demokratie aus den Angeln heben und im Kongress die Zertifizierung des Wahlsieges von Joe Biden unterbinden lassen.

Midterms: In mehreren Schlüssel-Bundesstaaten gingen Trumps Kandidaten unter

Im Parlamentarischen Untersuchungs-Ausschuss zu dem „Anschlag auf unser Staatswesen” (Demokraten) kam heraus, dass Trump den „Sturm aufs Kapitol” inspirierte mit dem klaren Wissen, dass es 2020, anders als bis heute von ihm behauptet , keinen Wahlbetrug zu seinen Lasten gegeben hat. Bei den Ausschreitungen wurden über 150 Polizisten teils schwer verletzt. Fünf Menschen starben, teils durch Selbstmord.

Im Vorfeld der Veranstaltung in Mar-a-Lago, die genau eine Woche nach den für die Republikaner enttäuschend ausgegangenen „midterms”-Wahlen stattfand, hatte es massive Kritik an Trump gegeben.

Viele Republikaner verloren ihre Mandate im Kongress an Demokraten. Eine „rote Welle” mit erdrutschartigen Machtverschiebungen zugunsten der Republikaner fand nicht statt.

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In mehreren Schlüssel-Bundesstaaten (Pennsylvania, Nevada, Michigan, New Hampshire etc.) gingen dagegen von Trump persönliche ausgesuchte Kandidaten/-innen unter, weil sie insbesondere parteiunabhängigen Wähler als zu extrem und sektiererisch erschienen. Was dazu führte, dass gegen den historischen Trend bei Halbzeitwahlen die Demokraten die Mehrheit im Senat behielten.

Trump wies auch gestern jede Verantwortung für das Debakel zurück und nahm für sich in Anspruch, weitaus mehr erfolgreiche Kandidaten ins Parlament gebracht zu haben. Auch das jüngste Umfragen ergeben haben, dass fast 60 Prozent der Amerikaner mittlerweile eine negative Meinung von ihm haben und eine wachsende Zahl von konservativen Wählern einer Präsidentschaftskandidatur skeptisch bis ablehnend gegenüberstehen, ließ Trump nicht gelten.

Dieser Artikel erschien zuerst auf morgenpost.de.