Berlin/Dresden. Die Corona-Lage spitzt sich weiter zu. Vor allem Sachsen steht vor dramatischen Weihnachtstagen: Kliniken müssen Patienten abweisen.

Es ist ein trauriger Rekord: 962 Corona-Tote hat das Robert-Koch-Institut am Dienstag gemeldet. Die Zahl der Neuinfektionen ging hingegen leicht zurück im Vergleich zur Vorwoche – auf 24.740 frisch gemeldete Fälle.

Besonders schlimm ist die Lage weiterhin in Sachsen: Seit Tagen führt der Freistaat die Liste der Bundesländer mit den höchsten Infektionszahlen an. Fast 480 neue Corona-Fälle kommen hier im 7-Tage-Schnitt auf 100.000 Einwohner. Das ist mehr als doppelt so viel wie in Bayern, obwohl dort 13 Millionen Menschen leben, in Sachsen nur vier Millionen.

Corona-Pandemie: Einige Krankenhäuser schon voll ausgelastet

Die Folgen sind schon jetzt dramatisch. Einige Krankenhäuser haben ihre Belastungsgrenze erreicht. Das Klinikum Zittau verhängte einen Aufnahmestopp für Covid-19-Patienten, weil alle dafür vorgesehenen Betten belegt sind. Im örtlichen Krematorium müssen Leichen ausgelagert werden. Auch im Klinikum Dresden mussten Patienten bereits auf andere Krankenhäuser verteilt werden.

Ärzte und Pfleger fürchten nun, dass die Feiertage die Kontakte und damit die Zahl der Erkrankungen weiter in die Höhe treiben und infolge die Gesundheitsversorgung zusammenbrechen könnte. „Ich glaube, dass der Peak noch nicht erreicht ist“, sagt Erik Bodendieck, Präsident der sächsischen Ärztekammer. „Wenn die Menschen sich nicht an die Hygieneempfehlungen halten, dann werden wir nach den Feiertagen eine dritte Erkrankungswelle in ganz Sachsen erleben.“

Weihnachten könnte die Infektionslage noch verschärfen

Der limitierende Faktor sei nicht die Zahl der Betten, sondern das vorhandene Krankenhauspersonal, sagt Stephan Helm, Geschäftsführer der Krankenhausgesellschaft Sachsen. Das sei in erheblicher Anzahl krank, in Quarantäne oder falle wegen Schul- und Kitaschließungen aus.

Doch nicht nur beim medizinischen Personal ist die Sorge groß, dass Weihnachten die angespannte Situation noch verschärfen könnte. Auch der sächsische Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) warnt. „Weihnachten und Silvester werden dazu führen, dass wir eine dritte Welle bekommen werden“, sagte er bei einer Pressekonferenz am Montag.

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Corona in Sachsen: Kritik an Kretschmers Krisenmanagement wächst

Unterdessen wächst die Kritik an seinem Krisenmanagement. Denn sein Politikstil, möglichst alle einzubinden, stößt in der Pandemie an seine Grenzen. Im August hatte sich der Ministerpräsident noch zu einem Gespräch mit den damals bereits heftig umstrittenen Wissenschaftlern Sucharit Bhakdi und Stefan Homburg getroffen.

Sowohl Bhakdi als auch Homburg gehören zum Lager der Corona-Relativierer, publizieren unablässig teils nachweislich falsche Zahlen, die belegen sollen, dass das Ausmaß der Pandemie nicht so schlimm sei. „Auch Ministerpräsident Michael Kretschmer sagt: Der Lockdown war überzogen“, schrieb Homburg nach dem Gespräch zufrieden auf Twitter: „Da kommt etwas in Bewegung.“

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Hohe Infektionszahlen: Sachsen verpasste im Sommer wertvolle Zeit

Im Sommer zählte Sachsen zu den Bundesländern mit den niedrigsten Infektionszahlen. So verpasste die Regierung wertvolle Zeit, um das Land auf eine zweite Welle besser vorzubereiten. Während andere Bundesländer bereits wieder strengere Auflagen einführten, verzichtete Sachsen auf eine Maskenpflicht an Schulen und verhängte keine Sanktionen gegen die ungenehmigten Anti-Corona-Demonstrationen an der B96.

Am Montag kritisierte Kretschmer die Relativierung des Virus scharf. „Es gibt Krankenhäuser, in denen das Personal bis zur Erschöpfung arbeitet & zwei Straßen weiter demonstrieren Menschen, die die Existenz des Coronavirus leugnen“, schrieb er auf Facebook: „Das ist schwer auszuhalten.“ Oberstes Ziel müsse es sein, die Mediziner zu unterstützen, um Menschenleben zu retten.