Brüssel. Die EU hat eine Reform für LKW-Fahrer und Spediteure beschlossen. Es geht um Ruhezeiten, Briefkastenfirmen und gerechtere Löhne.

Die Arbeitsbedingungen von Lkw-Fahrern sollen sich in Zukunft deutlich verbessern Das EU-Parlament hat am Donnerstag ein entsprechendes neues Regelwerk beschlossen. Die Reform beinhaltet europaweit geregelte Ruhezeiten, faire Bezahlung und mehr Zeit zu Hause für die Fernfahrer. Unter anderem sollen Lkw-Fahrer während ihrer wöchentlichen Ruhezeiten nicht mehr in ihren Wagen schlafen dürfen.

Lkw-Fahrer müssen für ihr „Wochenende“ in richtige Unterkunft

3,6 Millionen Lkw-Fahrer könnten laut Angaben des EU-Parlaments von den neuen Regelungen profitieren. Sie gelten auch für die Fahrer von Fernbussen. In Zukunft dürfen die Fahrer ihre wöchentlichen Ruhezeiten nicht mehr in den Fahrerkabinen verbringen. Die wöchentliche Ruhezeit beträgt in Deutschland 45 Stunden und muss innerhalb von sechs Tagen zusammenhängend eingehalten werden.

Wenn die Fahrer diese Zeit nicht zu Hause verbringen können, muss laut Beschluss ihr Arbeitgeber eine Unterkunft bezahlen. Das sind aber nicht die einzigen geplanten Verbesserungen für die Lkw-Fahrer.

Das sind die neuen EU-Regeln für Fernfahrer

  • Lkw-Fahrer bekommen das Recht, spätestens nach drei bis vier Wochen Arbeit nach Hause zu fahren
  • Die Gehälter der Fahrer sollen EU-weit angepasst werden
  • Alle acht Wochen müssen die LKW zum Betriebszentrum des Unternehmens zurückkehren

Kritiker befürchten wegen der regelmäßigen Heimkehr der Lkw-Fahrer unnötige Leerfahrten und damit eine erhöhte Belastung für Umwelt. Die EU will nach Angaben von Verkehrskommissarin Adina Valean prüfen lassen, wie groß die erwartete Auswirkung der Neuregelung auf die Umwelt ist und gegebenenfalls mit einem gezielten Gesetzesvorschlag eingreifen.

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Betrug und Briefkastenfirmen im Fokus

Auch für Spediteure stehen dank des EU-Beschluss viele Änderungen bevor. Sie müssen in Zukunft nachweisen, dass sie in dem Staat, in dem sie registriert sind, auch wirklich unternehmerisch tätig sind. So soll verhindert werden, dass die Unternehmen in einem Land mit niedrigeren Löhnen ansässig sind, ihre Fahrer aber hauptsächlich in anderen Staaten einsetzen – also dass sie keine Briefkastenfirma betreiben.

Zudem müssen die Spediteure auch kleinere Nutzfahrzeuge über 2,5 Tonnen mit einem Fahrtenschreiber ausstatten. Diese werden in Zukunft nicht nur die Lenkzeiten sondern auch Grenzübertritte registrieren, um Betrug in der Branche zu verhindern. Vor allem die sogenannte Kabotage soll dadurch eingeschränkt werden. Kabotage beschreibt einen Transport eines ausländischen Spediteurs in einem EU-Staat. Nach einer solchen Fahrt dürfen weitere Kabotagefahrten in demselben Staat mit demselben Fahrzeug erst nach einer Wartezeit von vier Tagen gemacht werden.

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EU streitet sich über neue Regeln

Bis zur Einigung der zuständigen EU-Minister hatte es im EU-Parlament Streit um die Reform gegeben. Aus den westlichen EU-Staaten kamen wiederholt Forderungen nach strengen Vorgaben, um Lohndumping osteuropäischer Speditionsunternehmen zu verhindern - Abgeordnete unter anderem aus Rumänien, Bulgarien und Polen warfen den westlichen Nachbarn jedoch Protektionismus vor. Westliche EU-Länder hatten wiederholt strenge Vorgaben gegen Lohndumping osteuropäischer Speditionsunternehmen gefordert

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Die nationalkonservative Fraktion EKR kritisierte, dass das Reformpaket Transportunternehmen aus Osteuropa und den baltischen Staaten diskriminiere. Der lettische EKR-Politiker Roberts Zile sagte zudem es sei für die Fernfahrer wegen der Corona-Pandemie aktuell sicherer in ihren Lkw zu schlafen als in einem Hotel.

Der verkehrspolitische Sprecher der CSU-Europagruppe, Markus Ferber, befand hingegen: „Missstände wie übermüdete Fahrer auf den Straßen, manipulierbare Kontrollgeräte und Briefkastenfirmen im Osten können nun effektiv bekämpft werden.“

Die neuen Regelungen treten in Kraft, sobald sie im Amtsblatt der EU veröffentlicht werden. Das soll in wenigen Wochen der Fall sein. Dann haben die EU-Staaten 18 Monate Zeit, um den Großteil der Reformen umzusetzen.

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(dpa/js)