Berlin. Laut Medienberichten sollen Beamte der EU-Grenzschutzbehörde Frontex Menschenrechtsverletzungen geduldet und selbst begangen haben.

Beamte der EU-Grenzschutzagentur Frontex sollen Menschenrechtsverletzungen geduldet und selbst begangen haben. Das berichten das ARD-Politmagazin „report München“ (nächste Sendung am Dienstag, den 6. August, 21.45 Uhr), die britische Zeitung „Guardian“ und das Recherchezentrum „Correctiv“ unter Berufung auf interne Frontex-Dokumente.

Demnach sollen mehrere Menschenrechtsverletzungen von nationalen Grenzschützern, die Frontex bekannt sind, folgenlos geblieben sein. Als Beispiel werden unter anderem so genannte „Push-Backs“ genannt, also Rückführungen von Flüchtlingen, die zuvor schon die EU-Grenze überschritten hatten. Diese Aktionen verstoßen gegen das Völkerrecht, weil jeder Mensch auch nach illegalen Grenzübertritten das Recht hat, Asyl zu beantragen.

Frontex dokumentiert „exzessive Gewaltanwendung“ – und tut nichts

Ebenso sollen die internen Dokumente belegen, dass solche Rückführungen mehrfach unter Einsatz von Drohungen und Gewalt vorgenommen worden sind. „Exzessive Gewaltanwendung“, „Schlagen mit Draht“ und „Misshandlung von Flüchtlingen“ seien dokumentiert.

Die Anschuldigungen betreffen Grenzschützer aus Bulgarien, Ungarn und Griechenland. Der Vorwurf an Frontex: Viele Akten zu diesen Fällen seien ohne weitere Konsequenzen geschlossen worden.

Andere Dokumente sollen außerdem Vergehen in den eigenen Reihen dokumentieren. Ein interner Bericht aus dem März dieses Jahres belege, dass Frontext bei Abschiebeflügen nicht nur gegen eigene Regeln, sondern auch gegen Menschenrechte verstoßen hat. Konkret sollen Frontex-Mitarbeiter unerlaubterweise minderjährige Flüchtlinge ohne Begleitung von Erwachsenen abgeschoben und Handschellen „unverhältnismäßig“ eingesetzt haben.

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Auf Anfrage von „report München“ erklärte Frontexsprecher Krzysztof Borowski, er habe von diesen Vorfällen keine Kenntnis. Menschenrechtsverletzungen sähen er und Frontex aber mit großer Sorge.

Des Weiteren sagte er: „Wir haben einen speziellen Mechanismus, wie uns Beamte auf sowas hinweisen können. Dann treten wir mit dem Staat in Kontakt, um die Situation zu diskutieren. Wir informieren sie, was los ist und haben dann eigene Wege, damit umzugehen. Es hat Konsequenzen, potenzielle Konsequenzen. Am Ende können wir die Operation beenden, wenn nötig.“

Frontex-Berater warnt vor möglicher Komplizenschaft

„Frontex muss aufpassen, dass es nicht zum Komplizen für Menschenrechtsverletzungen wird. Wenn die Frontexbeteiligung dazu führt, dass Menschenrechtsverletzungen passieren oder nicht abgestellt werden, dann muss Frontex sich rausziehen, das ist eigentlich die logische Konsequenz für eine Agentur der EU“, sagte Stefan Keßler zu „report München“. Keßler ist Vorsitzender des Frontex-Konsultativforums, das die Grenzschutzbehörde in Fragen zu den Menschenrechten berät. Mehrmals habe dieses Konsultativforum Frontex schon aufgefordert, den Einsatz an der ungarischen Grenze zu beenden.

Derzeit gibt es rund 1500 Beamte in Diensten von Frontex. Wegen der andauernden Migrationsbewegungen hatte sich die EU-Kommission schon im September 2018 dafür ausgesprochen, die Behörde deutlich auszubauen. Bis Ende 2020 soll Frontex auf mehr als 10.000 Mitarbeiter anwachsen. Die neue EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hatte angekündigt, Frontex schneller ausbauen zu wollen als geplant.

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„report München“

Correctiv

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(ba)