Berlin. Frauen verdienen noch immer weniger als Männer. Trotz aller Debatten. Es braucht ein Umdenken in der Gesellschaft und bei Unternehmen.

Das Peinlichste ist: Dieser Kommentar ist immer noch notwendig. Vielleicht gerade jetzt noch viel mehr. Frauen verdienen weniger als Männer. Frauen kümmern sich länger um die Kinder eines Paares. Frauen sind seltener Chefs, seltener Vorstandsvorsitzende. Weniger im Bundestag vertreten, weniger im Sportfernsehen. Dafür aber häufiger mit halbnacktem Oberkörper auf Werbeflächen.

Das alles ist nicht neu. Das alles ist seit Jahren so, Jahrzehnten. Immer wieder wird das kritisiert, wird gefordert und verhandelt: Frauen müssen gestärkt werden. Sie sollen gleiche Chancen haben. Passiert ist zu wenig.

Da nützt es auch nichts, dass Bundesländer wie Berlin den Internationalen Frauentag als Feiertag begehen. Es geht um wirksame Instrumente wie die Einführung von Quoten oder die paritätische Besetzung von Parlamenten. Doch der Widerstand dagegen ist massiv. Er kommt von den Unternehmen, er herrscht aber auch nach wie vor besonders in den Unionsparteien.

Merz sieht „Diskriminierung von Männern“

Politik-Korrespondent Christian Unger.
Politik-Korrespondent Christian Unger. © Reto Klar

CDU-Mann Friedrich Merz, der im Jahr 2021 Kanzler werden will, gab gerade zu Protokoll, dass er gleich stark besetzte Wahllisten von Männern und Frauen ablehne. Das sei eine „Diskriminierung von Männern“. Stattdessen solle die Partei erst einmal mehr Frauen als Mitglieder gewinnen (Anteil derzeit laut Merz bei 20 Prozent).

Wie Merz mehr Frauen gewinnen will, verrät er nicht. Sehr fraglich auch, ob solche Parolen über „Männerdiskriminierung“ ihm bei seinem Vorhaben helfen. Aber eigentlich geht es Merz auch nicht um Frauenrechte. Es geht ihm um Stimmen im konservativen Stamm der Union.

Frauen leisten viel mehr Care-Arbeit als Männer

Zum diesjährigen Frauentag kommen die alljährlichen Studien auf den Markt. Ihr Ergebnis überrascht nicht. Die Gehaltslücke zwischen Frauen und Männern wird im Laufe des Erwerbslebens immer größer. Die Verdienstlücke bei den unter 30-Jährigen liegt bei „nur“ neun Prozent. Wenn Frauen und Männer über 50 Jahre alt sind, wächst die Lücke: auf 28 Prozent.

Dafür gibt es vor allem eine Ursache: Noch immer kümmern sich viele Frauen mehr um die Kinder, als es deren Väter tun. Kaum sind die Kinder aus dem Haus, steht die Pflege der alt gewordenen Eltern an. Die Männer dagegen: kümmern sich in dieser Zeit mehr um ihre Karriere. Gleichstellung: Wie Frauen per Gesetz gestärkt werden sollen.

Internationaler Frauentag - So entstand der Weltfrauentag

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    Führung muss auch in Teilzeit möglich sein

    Zwar sagen laut einer Studie der Bundesregierung 70 Prozent der Väter, dass sie sich mehr an der Erziehung und Betreuung der Kinder beteiligen als die Väter ihrer Elterngeneration. Aber: Nur jeder dritte Vater nimmt 2018 – unterstützt vom Elterngeld – eine Elternzeit. Hier muss es bei den Vätern ein Umdenken geben. Und ein Handeln. Frauen verdienen auch deshalb weniger, weil sie häufiger ihre Arbeitsstunden reduzieren, um das Kind von der Kita abzuholen.

    Es braucht ein Umdenken aber auch in vielen Unternehmen. Wer Kinder hat oder Eltern pflegt, sollte auch mit 80 Prozent Wochenarbeitszeit in Führungspositionen kommen. Die mobile Technik macht diese Flexibilität möglich. Chefinnen: Führen Frauen wirklich anders als Männer?

    Elternzeit in Island ist radikal-gerecht geregelt

    Nicht alles geht mit einem Mentalitätswandel in Familien. Beim Thema Gleichberechtigung ist auch der Gesetzgeber gefordert. Seit neun Jahren ist der Gehaltsunterschied zwischen Männern und Frauen in dem kleinen Inselstaat Island weltweit am niedrigsten. Deutschland landet beim „Gender Gap Report“ 2020 auf Platz zehn.

    In Island müssen Führungspositionen zu 40 Prozent von Frauen besetzt sein. Fast alle Väter gehen in Elternzeit. Das Gesetz regelt es so: Drei Monate sind reserviert für die Frau, drei für den Mann. Und drei weitere kann das Paar frei einteilen.

    Für manche mag das radikal klingen. Für andere klingt das einfach nur gerecht. Die Männer sind gefordert. Diskriminiert werden nur die Frauen. Auch unsere Töchter.