Berlin. Greta Thunberg, Alexej Nawalny und die WHO gelten als Favoriten. Auch Donald Trump findet, er habe den Friedensnobelpreis verdient.

  • Am Freitagvormittag wird in Oslo der Friedensnobelpreis-Träger bekannt gegeben
  • Als eine der Favoritinnen für den Preis gilt Greta Thunberg
  • Ebenfalls gute Chancen werden Alexej Nawalny zugerechnet
  • Die Weltgesundheitsorganisation WHO steht besonders bei den Buchmachern hoch im Kurs

Es ist wohl die wichtigste politische Auszeichnung, die es zu vergeben gibt. An diesem Freitag richten sich die Blicke der Weltöffentlichkeit nach Oslo. Dort wird das norwegische Nobelkomitee bekannt geben, wer in diesem Jahr den begehrten Friedensnobelpreis erhält. Wie jedes Jahr schießen auch jetzt wieder Spekulationen über die Preisträger ins Kraut.

Nach Angaben des Nobelkomitees wurden in diesem 318 Kandidaten für die renommierte Auszeichnung nominiert, darunter 211 Persönlichkeiten und 107 Organisationen. Das ist die vierthöchste Nominiertenzahl seit der ersten Preisvergabe im Jahr 1901.

Friedensnobelpreis: Greta Thunberg gilt als Top-Favoritin

Ihre Namen bleiben dagegen bis auf weiteres unter Verschluss, sie werden vom Nobelkomitee traditionell für 50 Jahre geheim gehalten. Dafür hat aber eine Reihe von Nominierungsberechtigten – dazu gehören Politiker, Akademiker und frühere Friedensnobelpreisträger – enthüllt, wen sie der Jury in Oslo vorgeschlagen haben. Lesen Sie hier: Chemie-Nobelpreis – Forscherinnen für Genschere ausgezeichnet

Seit Tagen kursieren zudem Namen, die den Buchmachern als Favoriten gelten. Eins lässt sich mit großer Gewissheit sagen: Greta Thunberg zählt dazu. Die 17-jährige schwedische Klimaaktivistin gilt vielen sogar als Top-Favoritin im Rennen um die Auszeichnung. Thunberg war bereits bei der Vergabe im vergangenen Jahr als aussichtsreiche Anwärterin auf den Friedensnobelpreis gehandelt worden.

Gute Chancen hat auch Alexej Nawalny

Er ging zwar schließlich an den Ministerpräsidenten Äthiopiens, Abiy Ahmed. Dafür erhielt Thunberg 2019 als Begründerin der Klima-Schulstreiks und Anführerin der Bewegung „Fridays for Future“ den Alternativen Nobelpreis. Er wird von einer anderen Stiftung vergeben und würdigt speziell Verdienste in Umweltschutz und Armutsbekämpfung. Auch interessant: Forscher Reinhard Genzel im Freudenrausch über Physik-Nobelpreis

Kreml-Kritiker Alexej Nawalny vor seiner Vergiftung.
Kreml-Kritiker Alexej Nawalny vor seiner Vergiftung. © dpa | Andrew Lubimov

Ebenfalls auf der Favoritenliste steht Alexej Nawalny. Der 44-jährige russische Oppositionspolitiker und langjährige Kreml-Kritiker, der nach einem Anschlag mit einem chemischen Nervengift der Nowitschok-Gruppe tagelang in der Berliner Charité behandelt wurde, hat gute Chancen auf die Auszeichnung. Er gilt als Symbolfigur für den Kampf für Demokratie in seinem Heimatland.

Friedensnobelpreis 2020 – darauf setzen die Buchmacher

Das gilt zwar auch für die belorussische Oppositionsführerin Swetlana Tichanowskaja. Allerdings hat sich die Lage in Weißrussland erst nach der Präsidentenwahl im August zugespitzt. Die Nominierungsfrist für den Friedensnobelpreis endete dagegen bereits am 31. Januar. Damit dürfte Tichanowskaja zumindest in diesem Jahr keine Chance haben. Mehr zum Thema: Medizin-Nobelpreis geht an Entdecker von Hepatitis-C-Virus

Die Weltgesundheitsorganisation WHO steht besonders bei den Buchmachern hoch im Kurs. Die WHO ist eine wichtige Säule bei der globalen Bekämpfung von Seuchen und in der Vorbeugung von Krankheiten. Offen ist allerdings, wie die Arbeit der Organisation im Zuge der weltweiten Corona-Pandemie in die Beurteilung der Jury einfließt. Hier gab es Kritik, die WHO habe zu spät eingegriffen.

„Fake News“ und rassistische Polizeigewalt

Mehrfach genannt wird auch die „Black Lives Matter“-Bewegung, die aus der afroamerikanischen Gemeinschaft der USA stammt und sich inzwischen in zahlreichen Ländern gegen staatliche Gewalt gegenüber Menschen mit dunkler Hautfarbe einsetzt. „Black Lives Matter“ wurde auch in Deutschland zu einer großen Protestbewegung, nachdem der Schwarze George Floyd im vergangenen Mai bei einer gewaltsamen Festnahme durch die Polizei in der US-Stadt Minneapolis getötet worden war.

Mehrere Journalistenorganisationen gelten in Zeiten von „Fake News“-Debatten und Angriffen auf Reporter als weitere Anwärter. Eine Auszeichnung für unabhängigen Journalismus wäre ein Novum in der Nobelgeschichte. Genannt werden unter anderem das Komitee zum Schutz von Journalisten (CPJ) sowie die Organisation „Reporter ohne Grenzen“.

Donald Trump hält sich für einen Favoriten

Als Geheimtipp der Buchmacher gilt indes der britische Tierfilmer David Attenborough. Der 94-jährige drehte zahlreiche preisgekrönte Naturdokumentationen im Auftrag der BBC. Er hat in seiner Arbeit frühzeitig das Thema Umweltschutz einem breiten Publikum nahegebracht und auf den Zusammenhang zwischen Nachhaltigkeit und einer friedlichen Weltordnung hingewiesen.

Der britische Tierfilmer Sir David Attenborough.
Der britische Tierfilmer Sir David Attenborough. © imago/Eastnews | Lukasz Kalinowski

US-Präsident Donald Trump hält sich selbst ebenfalls für einen großen Favoriten. Ansonsten werden ihm keine Chancen eingeräumt. Trump war im September von einem Rechtspopulisten im norwegischen Parlament für den Preis 2021 vorgeschlagen worden. Nobel-Experten gehen aber fest davon aus, dass ihn auch jemand für die diesjährige Vergabe nominiert hat.

Friedensnobelpreis für Trump? „Die Chancen sind absolut null“

„Dieser Präsident hat Frieden rund um die Welt geschaffen“, sagte jüngst die Sprecherin des Weißen Hauses, Kayleigh McEnany, im Sender Fox News zu Trumps Nominierung. Trump selbst hatte bereits im Vorjahr gesagt, er würde den Nobelpreis „für viele Sachen“ bekommen – „wenn man ihn fair vergeben würde, was nicht der Fall ist“. Lesen Sie auch: Anti-Nobelpreis – Diese lustigen Forschungen wurden geehrt

Der Direktor des Osloer Friedensforschungsinstituts Prio, Henrik Urdal, sieht es entschieden anders: „Die Chancen, dass Donald Trump gewinnen wird, sind absolut null. Nicht, weil er Donald Trump ist, sondern weil er es nicht verdient hat.“

Dies bedeute nicht, dass er sich den Preis nicht zu einem späteren Zeitpunkt erarbeiten könne – dazu müsse er aber zunächst „eine Menge Gutes und weniger Schlechtes“ tun. Und Urdal setzt nach: „Ich denke, er wird eher den Literaturnobelpreis für seine Tweets als den Friedensnobelpreis bekommen.“