Selbst am Sonntag investieren Frauen mehr Zeit in Kind und Haushalt als Männer. Der Gender Care Gap ist Grund für viele Streitereien.

Gender Care Gap also. Der Begriff, der den Grund für die meisten Streitigkeiten zwischen Paaren beschreibt, klingt so harmlos. „Gender Care Gap“ bedeutet in der aktuellen Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung die Ungleichverteilung von Hausarbeit und Kinderbetreuung zwischen Mann und Frau.

Nun muss man kein Prophet sein, um zu erraten, wer von beiden zu Hause mehr leistet. Die Frau. Sogar sonntags, wenn beide daheim sind, schafft sie es, 1,5 Stunden mehr Zeit in Kinder und Hof zu investieren. „Das bisschen Haushalt macht sich von allein“? Von wegen.

Gender Care Gap – wir leben nicht mehr in der Steinzeit

Was ist das Besondere daran? Dass wir im Jahr 2019 leben! Und nicht mehr in der Steinzeit, wo Papa der Jäger und Sammler war und Mama die Feuerstelle bewachte. Zumindest hat die Wissenschaft Jahrhunderte lang dieses Rollenbild vom Steinzeitmenschen gezeichnet, doch dazu später noch einmal.

Zurück zu 2019. Man muss ein bisschen ausholen, um zu erklären, dass die Lage ernst ist und wie Hausarbeit ein Trennungsgrund werden kann. Ja, richtig gehört, Trennungsgrund. Eine Forsa-Studie zum Thema Haushalt ergibt, dass 15 Prozent aller Befragten sich sogar vom Partner trennen würden, wenn dieser sich vor der Arbeit drückt.

Der immerwiederkehrende Beziehungsstreit

Es beginnt so harmlos, mit einer Hose, die stets an der gleichen Stelle auf dem Teppich liegen bleibt, dann das Ignorieren der blinkenden Spülmaschine und der nassen Wäsche in der Trommel. Ist man verliebt, kann man noch gut darüber hinwegschauen.

Kommen Kinder dazu und geht die Frau arbeiten, dann gute Nacht! Es wird Streit geben. Und in Beziehungen keinen der guten Sorte. Einer, der wieder und wieder ausbricht, der mit Worten wie: „Immer machst du ...“, „Immer lässt du ...“, eben von den richtig nervigen Phrasen begleitet wird.

Der Mann bekommt das Ansehen, die Frau putzt hinterher

Schnell ist sie die Furie und er der Typ, der meint, doch auch viel zu tun. Das mag sogar stimmen, dass er mithilft, doch auch darauf geben Studien Antwort: So haben amerikanische Wissenschaftler herausgefunden, dass die Jobs, die die Frauen im Haushalt übernehmen, oft etwas mit Dreck zu tun haben.

Wie dreckiges Geschirr, Wäsche und Putzen generell. Und Jobs, die der Mann übernimmt, angesehener sind, sogar Applaus einbringen wie Bohren in der Wand, Rasen mähen oder Kochen. Nebenbei: Wie viele männliche und weibliche Köche gibt es? Die Antwort hat etwas mit dem Renommee des Berufsbildes Koch zu tun.

Denn bei Putzfrauen ergibt sich die umgekehrte Quote. Sogar Michelle Obama beklagte, als ihr Mann noch Präsident der USA war, dass er es morgens nicht schaffe, sein Handtuch im Badezimmer aufzuhängen, sondern es täglich aufs Bett werfe, nass dazu.

Die Geschichte zeigt: Auch Männer sind zu Hausarbeit befähigt

Die Frage ist: Wie kann man diesen Gender Care Gap, diese Ungerechtigkeit, ausgleichen, wenn es die Gattin des ehemaligen US-Präsidenten mit vielen Angestellten schon nicht schafft?

Die Autorin der DIW-Studie schlägt für die Allgemeinheit vor, die Partnermonate beim Elterngeld zu verlängern. Sicher ein Punkt, um Männer für die notwendigen Hausarbeiten zu sensibilisieren.

Denn Sensibilität gefolgt von Tatkraft könnte einige Streits verhindern. Paartherapeuten raten, den Partner zu loben oder sich für dessen Hausarbeit zu bedanken. Beiderseitig. Das könne das Gefühl, ungerecht oder respektlos behandelt zu werden, mindern.

Die neueste Forschung zur Steinzeit stellt übrigens die bisher tradierte Rollenverteilung infrage. Auch Männer sollen genäht und Frauen mit Werkzeugen gearbeitet haben. Fazit: Auch Männer des 21. Jahrhunderts können es schaffen, ihren Anteil bei der – auch unangenehmen Hausarbeit – zu stemmen. Wenn sie denn wollen.