London. Besitzer von mehreren Häusern und glühender Brexit-Anhänger: Der britische Ex-Finanzminister folgt als Premierminister auf Liz Truss.

Erst sieben Wochen ist es her, dass er gegen seine damalige Rivalin Liz Truss im Führungskampf der konservativen Partei Großbritanniens unterlag. Diesmal hat es geklappt: Rishi Sunak wird der fünfte Premierminister in nur sechs Jahren. Sunak ist der erste nicht-weiße Regierungschef in der Geschichte Großbritanniens.

Boris Johnson hatte am Sonntagabend nach tagelangen Spekulationen das Handtuch geschmissen: Er gab bekannt, dass er sich nun doch nicht zur Wahl stellen werde. Somit blieben nur Sunak und Penny Mordaunt übrig. Mordaunt wiederum zog im parteiinternen Rennen um das Amt ihre Kandidatur zurück, wie sie am Montag auf Twitter mitteilte.

Von Anfang an hatte der ehemalige Finanzminister die Nase vorn gehabt. Schon kurz nach dem Rücktritt von Liz Truss wurde er als potenzieller Nachfolger gehandelt. Nicht nur war er in der letzten Führungswahl der klare Favorit der Tory-Fraktion, er hat in der Zwischenzeit auch ein schlagkräftiges Argument hinzugewonnen: Er konnte sich als Besserwisser präsentieren, der den ganzen Schlamassel der vergangenen Wochen längst vorausgesagt hatte.

Sunak hatte die Steuersenkungspläne von Liz Truss im Sommer als unverantwortlich verurteilt und als „Fantasie-Ökonomie“ abgekanzelt. Die Turbulenzen in den Märkten, die Truss ausgelöst hatten, gaben ihm schnell Recht.

Rishi Sunak: 2014 gab er sein Debüt auf politischer Bühne

Jetzt hofft die Tory-Fraktion, dass Sunak dem bizarren Polit-Spektakel des vergangenen Monats ein Ende bereiten kann. Er hoffe, dass der neue Premierminister „Stabilität und Vertrauen wiederherstellen“ könne, schrieb Finanzminister Jeremy Hunt am Montag. Das ist keine leichte Aufgabe. Aber immerhin hat Sunak in den vergangenen Jahren schon einiges an Regierungserfahrung sammeln können.

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Geboren 1980 in Southampton, besuchte er zunächst die exklusive Privatschule Winchester, danach studierte er in Oxford Philosophie, Politik und Wirtschaft. Danach ging es in die Hochfinanz. Zuerst als Investmentbanker bei Goldman Sachs, dann bei verschiedenen Hedgefonds, scheffelte Sunak kräftig Geld. Sein heutiges Vermögen wird auf 200 Millionen Pfund geschätzt.

2014 folgte der Schritt in die Politik, Sunak wurde zum Tory-Kandidaten im Wahlkreis Richmond in Nordengland gekürt. Im folgenden Jahr gewann Sunak die Wahl mit einer satten Mehrheit – Richmond ist ein sicherer Tory-Sitz.

Sunak: In der Pandemie strich er einen Zuschlag für Sozialempfänger

Als bald danach die Debatten um den Brexit begannen, bezog Sunak klar Stellung: Er wollte Großbritannien aus der EU führen. Als eigenständiges Land könne es die Unternehmen von übermäßiger Regulierung befreien und die Grenzen besser befestigen, sagte er: die klassischen Argumente der Establishment-Tories vom rechten Flügel.

Aber damals war Sunak ein noch eher unbekannter Hinterbänkler. Das änderte sich schnell, als ihn Johnson im Februar 2020 zum Finanzminister machte. Kurz darauf brach die Corona-Pandemie aus, und Sunak musste tief in die Staatstasche greifen, um Millionen von Lohnabhängigen unter die Arme zu greifen.

Plötzlich war er ein Superstar – die BBC fertigte sogar ein kleines Video an, das Sunak in der Verkleidung von Superman zeigte. Schnell stieg er zum beliebtesten Minister in Johnsons Kabinett auf, schon wurde er als potenzieller Nachfolger gehandelt.

Inflation: Anfang des Jahres geriet Sunak in Kritik

Aber je länger die Pandemie andauerte, desto klarer traten Sunaks ideologische Vorlieben – sprich: seine Abneigung gegen staatlichen Interventionismus – zutage. Der wöchentliche Zuschlag von 20 Pfund für Sozialhilfeempfänger beispielsweise, den er zu Beginn des Gesundheitsnotstands eingeführt hatte, wurde im vergangenen Oktober gestrichen – trotz der Forderungen von Armutskampagnen, ihn unbedingt beizubehalten.

Als die Krise der Lebenshaltungskosten Anfang dieses Jahres immer bedrohlicher wurde, behauptete Sunak lange Zeit, dass der Staat überhaupt nichts ausrichten könne. Erst nach wachsender Kritik klaute er eine Idee von der Opposition und führte eine Zufallsgewinnsteuer für Ölkonzerne ein.

Sunak privat: Wenig sparsam

Weniger knauserig ist er, wenn es um seinen eigenen Komfort geht. Im vergangenen Juli etwa wurde bekannt, dass er in seiner Villa in Yorkshire (er besitzt noch drei andere Häuser) einen privaten Swimmingpool, einen Fitnessraum und einen Tennisplatz bauen wird; insgesamt soll das Upgrade 250.000 Pfund kosten.

Immer wieder werfen ihm seine Gegner vor, zu abgekoppelt zu sein vom Leben der Normalbürger, um sie angemessen repräsentieren zu können. Eine perfekte Illustration bot im Sommer ein Video, auf dem Sunak zu sehen ist, wie er offensichtlich nicht ganz versteht, wie man in einem Laden mit einer kontaktlosen Karte bezahlt.

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