Berlin. Die Grünen-Vorsitzenden haben sich entschieden: Die 40-jährige Parteichefin Annalena Baerbock wird erste Kanzlerkandidatin der Partei.

Die Bundesvorsitzende Annalena Baerbock ist als Kanzlerkandidatin der Grünen bei der Bundestagswahl am 26. September nominiert worden. Das teilte Ko-Parteichef Robert Habeck am Montag bei einem gemeinsamen Auftritt mit Baerbock in Berlin mit.

"Jetzt passiert etwas, was noch vor Jahren unmöglich schien", sagte Habeck: "Wir kämpfen um das Kanzleramt." Er und Baerbock hätten ein Verständnis von Macht, in dem beide kooperieren. Allerdings könne den Job im Kanzleramt "am Ende nur eine machen", so Habeck. Das sei seine Kollegin Baerbock.

Robert Habeck überlässt die Bühne seiner Co-Vorsitzenden Annalena Baerbock: Sie soll die Grünen als Spitzenkandidatin in die Bundestagswahl führen.
Robert Habeck überlässt die Bühne seiner Co-Vorsitzenden Annalena Baerbock: Sie soll die Grünen als Spitzenkandidatin in die Bundestagswahl führen. © dpa

Baerbock sagte, es müsse nun Mut zu Veränderungen geben. "Wir wussten vor drei Jahren nicht, dass wir heute hier stehen", sagte Baerbock. "Wir wussten aber, dass wir unsere Partei öffnen wollen." Sie wolle mit ihrer Kandidatur ein Angebot machen für die gesamte Gesellschaft. "Klimaschutz ist die Aufgabe unserer Zeit, die Aufgabe meiner Generation", so Baerbock weiter. Die Politik der neuen Bundesregierung müsse Klimaschutz für alle Bereiche zum Maßstab machen, um das Pariser Klimaabkommen zu erfüllen.

Eine gerechte Gesellschaft sei nur zu erreichen, wenn der Staat viel investiere. "Wir haben eine klare Idee einer Kanzlerschaft für Deutschland", sagte die 40-Jährige. Mit ihrer Kandidatur beginne "heute ein neues Kapitel für unsere Partei und, wenn wir es gut machen, auch für unser Land."

Die endgültige Entscheidung fällt zwar erst auf dem Grünen-Parteitag vom 11. bis 13. Juni - allerdings gilt die Zustimmung für Baerbock bereits als sicher.

Interaktiv-Karte zur Bundestagswahl 2021

Grüne: Wird Annalena Baerbock die nächste Kanzlerin?

Während sich in der Union CDU-Chef Armin Laschet und CSU-Chef Markus Söder einen erbitterten Machtkampf um die K-Frage liefern, haben die Grünen gezeigt, wie es anders funktioniert: Baerbock und Habeck einigten sich im Stillen darüber, wer die Kandidatur antritt - ganz ohne öffentliche Schlammschlacht.

Seit längerem dürfen sich die Grünen über ein Umfragehoch freuen. Deshalb ist die Hoffnung innerhalb der Partei groß, die Union bei der Bundestagswahl als stärkste Kraft ablösen zu können - oder zumindest nah an sie heranzurücken. Das Kanzleramt unter den Grünen wäre insbesondere in einem Dreierbündnis denkbar - etwa Grün-Rot-Rot oder in einer Ampel mit SPD und FDP.

Historische Interaktiv-Karte zur Bundestagswahl

Die Grünen hatten seit längerem angekündigt, zwischen Ostern und Pfingsten die Frage der Kanzlerkandidatur zu klären. Nach Baerbocks Worten fiel die Entscheidung bereits vor Ostern.

Zunächst galt Habeck als bekannterer Vorsitzender. Baerbock gelang es jedoch, aufzuholen und in den Umfragen höhere Zustimmungswerte zu erzielen als ihr Co-Vorsitzender. Habeck konnte als Agrarminister und Vize-Ministerpräsident bereits Regierungserfahrung in Schleswig-Holstein sammeln - das fehlt Baerbock zwar, dafür gilt sie als inhaltlich stärker.

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Baerbock erst zweite Frau nach Merkel, die als Kanzlerin kandidiert

Die Brandenburger Grünen machten Baerbock am Samstag mit 106 von 109 Delegiertenstimmen auf ihrem Landesparteitag zu ihrer Spitzenkandidatin. Baerbock zeigte sich während ihrer Rede in Potsdam kämpferisch: "Wir fordern die Union heraus", erklärte sie. "In diesem Jahr ist alles möglich, in diesem Jahr ist alles drin."

Erhält Baerbocks Nominierung im Juni die nötige Zustimmung, ist sie bei der 20. Bundestagswahl seit 1949 erst die zweite Frau nach Angela Merkel, die sich für das höchste Regierungsamt bewirbt.

Die Grünen-Chefs im Porträt

Umfrage: Grüne-Kandidaten nicht "kanzlertauglich"

Dennoch trauen laut dem aktuellen "Polit-Barometer" des ZDF aktuell nur wenige der Deutschen den beiden Grünen Parteivorsitzenden die Kanzlerschaft zu. So halten nur 29 Prozent der Befragten Habeck und 24 Prozent Baerbock für "kanzertauglich". Die Konkurrenz von der Union erreichte in der Umfrage 63 (Söder) beziehungsweise 29 Prozent (Laschet), Olaf Scholz (SPD) 37 Prozent.

Am Montagabend folgt ein Live-Interview mit der Kandidatin bei ProSieben.

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(dpa/nef/raer/bef)