Berlin. Auch während der Corona-Pandemie drohen Hartz-IV-Empfängern Sanktionen vom Jobcenter, wenn sie sich nicht an dessen Auflagen halten.
- Hartz-IV-Empfänger müssen sich an die Regeln des Jobcenters halten, um monatlich Geld zu bekommen
- So müssen sie zu Terminen erscheinen oder sich auf freie Stellen bewerben
- Andernfalls werden Sanktionen verhängt – auch in der Corona-Pandemie
- Bei wichtigen Gründen drohen Hartz-IV-Empfängern keine Strafen
Wer Termine nicht wahrnimmt, sich nicht bewirbt oder Qualifizierungsmaßnahmen nicht antritt, dem droht Ärger mit dem Jobcenter und schlimmstenfalls sogar weniger Geld. Die Zahlen sind zwar wegen Corona stark gesunken, doch auch in der Pandemie kann das Amt Strafen gegen Hartz-IV-Empfängerinnen und -Empfänger verhängen. Während die Sanktionen im ersten Lockdown weitestgehend ausgesetzt waren, rechnen Experten jetzt wieder mit einem Anstieg.
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Der Grund: Im April mussten die Jobcenter schließen. Mittlerweile sind persönliche Kontakte und Anhörungen wieder möglich. "Wir können wieder Vermittlungsvorschläge oder Qualifizierungsangebote machen. Ein Anstieg der Anzahl der neu festgestellten Sanktionen erscheint daher wahrscheinlich", sagte ein Sprecher der Bundesagentur für Arbeit unserer Redaktion.

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Hartz IV: Im Oktober 2020 lag die Zahl Sanktionen bei 12.837
Im Juli vergangenen Jahres lag die Zahl der neu festgestellten Sanktionen bei 2694 - im Oktober bei 12.837. Bis zu diesem Monat liegen die Daten der Bundesagentur für Arbeit vor.
Für rund 19.000 erwerbsfähige Leistungsbezieher bedeutete dies im Oktober 2020 eine Kürzung von durchschnittlich 83 Euro. Bestraft wurden vor allem Meldeversäumnisse beim Jobcenter, hierfür gab es 8437 Sanktionen. An zweiter Stelle steht die Weigerung einer Aufnahme oder Forführung einer Arbeit, Ausbildung oder Maßnahme mit 1955 Sanktionen. Für solche Vergehen können die Leistungen bis zu drei Monate und um bis zu 30 Prozent gekürzt werden. Die Sanktionen sind im Sozialgesetzbuch II verankert.
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Hartz-IV-Sanktionen: Widerspruch zu Kontaktbeschränkungen?
Der Sozialverband VdK spricht sich generell gegen solche Strafen aus. "Dass die Bundesregierung in der jetzigen Situation aber alle dazu anhält, Kontakte soweit wie möglich zu beschränken und dann aber Leute aufgefordert werden, persönlich beim Jobcenter vorzusprechen, widerspricht sich völlig", sagt Margret Böwe, Referentin für Sozialpolitik beim VdK, unserer Redaktion.
Auch Amira Jehia von "Sanktionsfrei e.V." berichtet, dass seit Herbst wieder deutlich mehr Hartz-IV-Bezieher ihre Unterstützung suchen: "Die Strafen werden genutzt, um den Leuten noch zusätzlichen Druck in einer eh schon schwierigen Situation zu machen."
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Hartz-IV-Sanktionen: Das berichtet ein Hilfsverein
Erst diese Woche habe der Verein, der sich für Hartz-IV-Empfänger einsetzt, einen Fall übernommen, in dem ein Leistungsbezieher als Maßnahme vom Amt ein Coaching bekommen sollte - allerdings bei sich zu Hause. Der Betroffene habe dem widersprochen und solle nun drei Monate 30 Prozent weniger Geld bekommen.
Auch sehr viele chronisch Kranke hätten sich bei "Sanktionsfrei" gemeldet. Sie seien aus Angst vor einer Corona-Infektion nicht zu Terminen gegangen und hätten dafür Sanktionen erhalten. "Die Verfahren sind noch nicht alle abgeschlossen", so Jehia. Wiederum anderen sei wegen der Pandemie verweigert worden, zu einer Anhörung eine Begleitperson mitzubringen.
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Hartz IV: Bei wichtigen Gründen droht keine Sanktion
Die Bundesagentur für Arbeit sagte gegenüber unserer Redaktion hingegen: "Das Jobcenter prüft im Rahmen der Zumutbarkeit der jeweiligen Verpflichtung die besonderen Umstände und deren Auswirkungen in der aktuellen Situation auch im Kontext der Pandemie."
Kundinnen und Kunden hätten die Möglichkeit, sich zu äußern und wichtige Gründe darzulegen, warum beispielsweise ein Termin nicht eingehalten werden konnte. "Liegen wichtige Gründe oder außergewöhnliche Härten vor, treten auch keine Sanktionen ein", so der Sprecher.
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