Berlin . Werden Miete, Heiz- und Stromkosten bei der Berechnung der Grundsicherung zu niedrig angesetzt? Die Wohnkostenlücke wächst dramatisch.

Mehrere hunderttausend Hartz-IV-Haushalte in Deutschland geben nach Auskunft der Bundesregierung mehr für Wohnkosten aus, als von den Sozialbehörden übernommen wird.

Zuletzt hätten die laufenden Kosten etwa für Strom und Gas in rund 410.000 Bedarfsgemeinschaften höher gelegen, als von den Ämtern anerkannt worden sei, wie unsere Redaktion aus einer Antwort des Arbeitsministeriums auf eine Anfrage der Linken im Bundestag erfuhr. Das sei ein Anteil von 14 Prozent aller Bedarfsgemeinschaften.

Hartz IV: Wohnkostenlücke summiert sich auf 460 Millionen Euro

Die sogenannte Wohnkostenlücke, also die Gesamtdifferenz zwischen entstandenen und anerkannten Kosten in Hartz-IV-Bedarfsgemeinschaften, summierte sich laut Ministerium innerhalb eines Jahres auf rund 460 Millionen Euro. Berücksichtigt wird der Zeitraum von Dezember 2020 bis November 2021. Die Höchststände bei den Energiepreisen infolge des russischen Überfalls auf die Ukraine sind damit noch nicht berücksichtigt.

Linken-Politikerin: Jeder siebte Hartz-IV-Haushalt zahlt drauf

Die Linken-Sozialpolitikerin im Bundestag, Caren Lay, kritisierte, die Kosten für Miete, Heizung und Strom seien in den Sätzen des Arbeitslosengeldes „viel zu niedrig angesetzt“. Jeder siebte Hartz-IV-Haushalt „zahlt drauf und muss an Essen, Kleidung oder Bildung sparen. Diese Ungleichheit ist nicht haltbar“, sagte Lay unserer Redaktion.

Laut der Linken-Politikerin sind es im Schnitt 93 Euro pro Monat und Bedarfsgemeinschaft, die aus den Regelbedarfen privat beigesteuert werden müssen. Dies sei ein Anstieg um 8 Prozent gegenüber 2019 und 20 Prozent gegenüber 2017.

Kritik am Entlastungspaket der Bundesregierung: Zuschuss reicht nicht

Lay betonte: „Die Periode der Heizkostensteigerungen in diesem Winter ist noch nicht berücksichtigt.“ Zudem basieren die Regelbedarfe der Grundsicherung weiterhin auf Daten aus dem Jahr 2018, „was die Lücke zwischen den wahren Kosten der Haushalte und dem SGB-II-Satz angesichts der enormen Preissteigerungen bei Strom, Heizkosten und Mieten noch vergrößert“. Lay verlangte, angesichts explodierender Mieten, Heiz- und Energiekosten müssten „dauerhaft die realen Wohn- und Energiekosten übernommen werden“.

Ein einmaliger Zuschuss genüge nicht. Das Entlastungspaket der Bundesregierung müsse „sozial ausgewogen sein und insbesondere Menschen mit geringen Einkommen entlasten. Denn sie sind am stärksten von Wohnungsnot und Energiearmut betroffen“.

Dieser Artikel ist zuerst auf waz.de erschienen.