Berlin/Istanbul. Die türkische Polizei meldet weitere Festnahmen. Eine Verdächtige soll Kontakt zur PKK gehabt haben. Diese weist Verantwortung zurück.

Nach dem Anschlag in der belebten Istanbuler Einkaufsstraße Istiklal hat die Polizei in der Türkei insgesamt 50 Personen festgenommen, wie die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu unter Berufung auf den türkischen Justizminister Bekir Bozdag am Dienstag meldete. Eine der Festgenommenen, eine junge Frau aus Syrien, war bereits am Montag für die Tat verantwortlich gemacht worden.

Die türkische Polizei gab am Montag bekannt, dass die Verdächtige die Tat gestanden habe. Sie soll außerdem zugegeben haben, Verbindungen zu der syrischen Kurdenmiliz YPG zu haben. Diese sieht die Türkei als Ableger der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK an.

Bei dem Anschlag am Sonntagnachmittag starben nach offiziellen Angaben mindestens sechs Menschen, über 80 Personen wurden verletzt. Vizepräsident Fuat Oktay sprach von einem „Terroranschlag“, Präsident Recep Tayyip Erdogan von einem „hinterhältigen Anschlag“ auf die Metropole, in der rund 16 Millionen Menschen leben. Bisher bekannte sich keine Gruppierung zu der Tat.

Türkei leitet Operation gegen PKK ein

Die mutmaßliche Täterin wurde den türkischen Angaben zufolge zusammen mit mehreren anderen Verdächtigen in einer Wohnung in einem Vorort von Istanbul festgenommen. Die junge Frau habe laut dem türkischen Innenminister Süleyman Soylu „nach Griechenland fliehen“ wollen. Soylu hatte bereits zuvor die PKK für den Anschlag verantwortlich gemacht. Die festgenommene Frau gestand nach Angaben der Polizei außerdem, über Syrien illegal in die Türkei eingereist zu sein.

Derweil wurde nach Angaben des türkischen Innenministeriums in der osttürkischen Provinz Tunceli eine Operation gegen die PKK eingeleitet. 881 Menschen seien an dem Einsatz beteiligt. Die Operation ziele darauf ab, „Terroristen zu neutralisieren“, die in der Region Zuflucht suchten. Das türkische Militär geht regelmäßig in den östlichen Provinzen des Landes sowie im Nordirak gegen die PKK vor.

Anschlag in Istanbul: Türkischer Innenminister lehnt US-Kondolenzwünsche ab

Die PKK wies jegliche Verantwortung für den Anschlag zurück. „Unser Volk und die demokratische Öffentlichkeit wissen genau, dass wir nichts mit diesem Vorfall zu tun haben, dass wir nicht direkt auf Zivilisten zielen und dass wir Aktionen nicht akzeptieren, die auf Zivilisten abzielen“, schrieb die Organisation in einer von der PKK-nahen Nachrichtenagentur Firat am Montag veröffentlichten Erklärung.

Unterdessen hat der türkische Innenminister Soylu Kondolenzwünsche der USA abgelehnt. Soylu wiederholte seinen Vorwurf an Washington, „Terrororganisationen“ in Nordsyrien zu unterstützen und erklärte: „Wir nehmen die Kondolenzwünsche des amerikanischen Botschafters nicht an, wir weisen sie zurück.“ US-Konsulat und Botschaft hatten den Anschlag, wie andere Auslandsvertretungen auch, scharf verurteilt und den Opfern Beileid ausgesprochen.

Scholz äußert Bestürzung über Anschlag in Einkaufsstraße

Auch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) kondolierte der Türkei am Montag. Mit Bestürzung habe er die Nachrichten von der Explosion in der Innenstadt Istanbuls vernommen, die unschuldige Menschen jäh aus dem Leben gerissen und viele weitere verwundet habe, schrieb Scholz. „Unsere Gedanken sind bei den Angehörigen der Opfer, den Verwundeten wünschen wir rasche Genesung.“

Die PKK steht in der Türkei, Europa und den USA auf der Terrorliste. Sie wurde in der Vergangenheit immer wieder für blutige Anschläge in der Türkei verantwortlich gemacht. Die Kurdenmiliz YPG wiederum wird von den USA nicht als Terrororganisation angesehen, sondern ist für sie Partner im syrischen Bürgerkrieg im Kampf gegen die Terrormiliz „Islamischer Staat“ (IS). (csr/dpa/afp)

Dieser Artikel erschien zuerst auf morgenpost.de.