Washington. Putin muss weg? Ein „regime change“ in Moskau? Bidens Worte in Warschau sind ein Ausrutscher aus tiefstem Herzen, meint Dirk Hautkapp.

Jetzt ist das Geschrei groß. „Um Gottes Willen, dieser Mann kann nicht an der Macht bleiben.“ So hat US-Präsident Joe Biden es in seiner wuchtigen und wichtigen Rede in Warschau über den russischen Machthaber Wladimir Putin formuliert. Ganz am Ende. Aus dem Stegreif. Es ist ein Ausrutscher aus tiefstem Herzen. So ist Biden manchmal. Ein Redenschreiber wäre dafür gefeuert worden.

Dirk Hautkapp, Washington-Korrespondent
Dirk Hautkapp, Washington-Korrespondent © Privat | Privat

Der Satz hat, je nach Weltanschauung, einen Wie-kann-er-nur-Aufschrei ausgelöst. Oder stille Zustimmung. Aufgeschrien habe jene, die einen Aufruf Bidens zur zügigen Entmachtung Putins gehört haben wollen. Kopfnicken bei denen, die den Weltfriedenvergifter im Kreml spätestens seit den Horror-Bildern von Mariupol tatsächlich zur Hölle wünschen. Lesen Sie hier: Biden über Putin – „Der Mann kann nicht an der Macht bleiben“

Russland: Biden will keinen „regime change” von außen

Für beide Szenarien spricht derzeit (leider) gar nichts. Tatsache ist: Biden will keinen „regime change”, jedenfalls keinen von außen angeleierten. Sein katholisch-stoßgebetsartiger Wunsch war eine Mischung aus Anflehen himmlischer Mächte. Und Ermutigung für das russische Volk, seinen mörderischen und staatsbankrottigen Anführer abzusetzen.

Das kann man unbedacht, ja töricht nennen. Putin ist ob des militärischen Reinfalls seiner Truppen in der Ukraine waidwund. Eskalatorische Retourkutschen sind nicht auszuschließen. Auch interessant: Wladimir Putin lässt Joe Bidens Umfragewerte steigen

Biden: Verschlimmbessernde Versuche des Weißen Hauses

Darum die verschlimmbessernden Versuche des Weißen Hauses, den Worten des Präsidenten einen weniger invasiven Spin zu geben. Die kostenlose Propaganda für Putin aus Washington (Sieh her, Mütterchen Russland: Uncle Sam wünscht mich nach Sibirien) hat das nicht entkräftet.

Sie lenkt von der dringlichsten Aufgabe ab, zu der Biden und der Westen bisher keine Antwort haben: Wie kann das staatsterroristische Morden Russlands gestoppt werden? Tatsache bleibt aber auch – und dafür hat Bidens Lapsus den Blick geschärft. Mit dem Kriegsverbrecher Wladimir Putin an der Spitze Russlands wird es für Europa keine friedliche Co-Existenz geben.