Berlin. Söder versus Laschet – nach dem verlorenen Rennen um die Kanzlerkandidatur in der Union hören die Nadelstiche aus München nicht auf.

Im Kampf um Anhänger greift CSU-Chef Markus Söder auch gern mal in die psychologische Trickkiste. So warb er kürzlich auf Instagram mit einem Bild aus der Star-Wars-Serie „The Mandalorian“ um neue CSU-Mitglieder.

Darauf zu sehen: ein „Yoda-Baby“ mit dem Spruch „Jetzt auf der hellen Seite stehen“. „Kindchenschema“ heißt dieses in der Werbung populäre Prinzip, bei dem mit Fotos von Kindern oder Tierbabys eine instinktive Empathie bei den Konsumenten erzeugt werden soll.

Kleine Nadelstiche aus München

In der Wirklichkeit geht es bei der CSU derzeit gerade weniger niedlich zu. Seit sich die CDU-Führung in der Frage der Kanzlerkandidatur knapp gegen Markus Söder und für ihren eigenen Parteichef Arnim Laschet entschieden hat, hören die kleinen Nadelstiche aus München nicht auf.

Mal bezeichnete CSU-Generalsekretär Markus Blume Söder als den „Kandidaten der Herzen“, mal warnte Söder mit Blick auf Laschet vor „Helmut Kohl 2.0“. Dann wieder warben er und andere Spitzenfunktionäre für CSU-Mitglieder „auch außerhalb Bayerns“.

CSU: 3401 neue Online-Mitglieder hinzugewonnen

Die Möglichkeit, online Mitglied mit eingeschränkten Rechten zu werden, gibt es zwar bereits seit vergangenen Herbst bei den Christsozialen, doch erst seit Söders Niederlage gegen Laschet wird sie von der CSU-Führung massiv propagiert. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt. Mit Erfolg: Nach Angaben der Partei hat die CSU seit der Entscheidung der K-Frage 3401 neue Online-Mitglieder hinzugewonnen.

Fragen offen lässt auch die Verschiebung des CSU-Parteitreffens, bei dem die Landesliste für die Bundestagswahl aufgestellt werden soll, auf den 26. Juni in Nürnberg. Dieses war ursprünglich früher geplant. Man habe verschiedene Daten erwogen und sich wegen der Pandemie für den späteren Termin entschieden, wird aus der Parteizentrale treuherzig versichert.

Landtagswahl für Laschet mögliche Krisenmoment

Fakt ist aber, dass die Veranstaltung (und die Nominierung des Spitzenkandidaten oder der Spitzenkandidatin der CSU) damit erst nach der Landtagswahl in Sachsen-Anhalt am 6. Juni stattfindet, die für Armin Laschet zu einem Krisenmoment werden könnte. Denn die dortige CDU ist in Bedrängnis: In einer Umfrage von Ende April lag die AfD nur zwei Prozentpunkte hinter der Regierungspartei.

Laschet ist in dem Bundesland nicht sehr populär; Ministerpräsident Rainer Haseloff hatte sich in der K-Frage im Bundesvorstand deshalb auch für einen Kanzlerkandidaten Söder eingesetzt. Fällt die CDU bei der Landtagswahl hier deutlich unter das Ergebnis von 2016 (29,8 Prozent), wird dies die Debatte, ob Laschet der Richtige fürs Kanzleramt ist, neu befeuern.

Neue Umfrage sorgt für Schrecken

Hinzu kommt, dass die Union im Bund aus dem Umfrage-Tief nicht herauskommt. Derzeit liegt sie dort zwischen 24 und 25 Prozent – und damit nicht nur regelmäßig hinter den Grünen, sondern auch meilenweit von ihrem 32,9-Prozent-Ergebnis bei der Bundestagswahl 2017 entfernt.

Für Schrecken sorgte nun noch zusätzlich eine andere Umfrage: Mehr als 61 Prozent der Deutschen wünschen sich laut einer aktuellen Allensbach-Studie einen Regierungswechsel. Das ist der höchste Wert, seit diese Frage zur Wechselstimmung Anfang der Neunzigerjahre erstmals gestellt wurde.

CDU-Abgeordneter: „Die Stimmung ist schlecht“

Nicht nur in der CSU träumt man deshalb weiterhin von einem Kanzler Söder. „Die Stimmung ist schlecht“, sagt ein Bundestagsabgeordneter der CDU, der sich in der K-Frage öffentlich für den Bayern ausgesprochen hatte: „Wir versammeln uns jetzt hinter dem Kandidaten, aber eigentlich wollen wir uns hinter einem Gewinner versammeln.“

Die von Laschet erhoffte Initiative sei bislang ausgeblieben: „Es muss jetzt ein Ruck kommen.“ Die Berufung von Friedrich Merz ins Laschet-Team sei zwar wichtig für den inneren Parteifrieden gewesen: „Aber eine Wahl ist damit noch nicht gewonnen.“

Selbst eingefleischte Söder-Fans in der CDU reden nicht öffentlich davon, dass es Söder doch noch schaffen könnte. „Dafür müsste das CDU-Präsidium Söder doch noch bitten“, sagt der CDU-Abgeordnete. „Das wird nicht passieren.“

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Hoffnung auf weiteren Ministerposten

Auch in der CSU will sich dazu niemand öffentlich äußern. Stattdessen wird man der Schwester bei jeder Gelegenheit weiter vor Augen führen, dass sie die falsche Wahl getroffen hat. So will die CSU-Führung entgegen der ursprünglichen Ankündigung nun doch zusätzlich zur Präsentation eines gemeinsamen Union-Wahlprogramms Mitte Juni noch einen eigenen „Bayern-Plan“ vorstellen.

Das Kalkül in München ist, dass wenn Laschet knapp, aber geschwächt als Sieger aus der Bundestagswahl hervorgeht, die CSU die treibende Kraft in der künftigen Bundesregierung werden und eventuell noch einen zusätzlichen Ministerposten im Kabinett herausschlagen könnte. Am Ende wäre Söder dann nicht nur der Kandidat, sondern auch der heimliche Kanzler der Herzen.

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