Berlin. Der Rücktritt von Kardinal Marx ist für die Glaubwürdigkeit der katholischen Kirche überlebenswichtig, kommentiert Diana Zinkler.

Dass Kardinal Marx jetzt seinen Rücktritt anbietet, ist eine richtige Entscheidung. Fast möchte man sagen, wenigstens einer übernimmt Verantwortung für die jahrelange Verschleierung der Missetaten der angestellten Hirten. Aber das stimmt nicht so ganz, denn gerade die Pfarrer in den Gemeinden mussten sich mit den Fragen der Gläubigen auseinandersetzen und das Handeln der Kirche erklären.

Als im September 2018 die Ergebnisse der Missbrauchsstudie öffentlich wurden und plötzlich diese unfassbare Zahl von 3677 missbrauchten Kindern und Jugendlichen im Raum stand, mussten gerade die Pfarrer an der Basis ihren Kopf hinhalten.

Diana Zinkler, Politikkorrespondentin.
Diana Zinkler, Politikkorrespondentin. © Krauthoefer | Krauthoefer

Dass jetzt einer an der Spitze der Kirche geht, ist überfällig. Vielleicht mag es den Falschen treffen, vielleicht müsste auch noch ein anderer deutscher Kardinal seinen Hut nehmen, aber das ist eigentlich nur sekundär.

Kardinal Marx: Warum der Rücktritt wichtig ist

Für die Glaubwürdigkeit der katholischen Kirche in Deutschland ist der Rücktritt von Marx überlebenswichtig. Die Kirche verliert Jahr für Jahr ihre Mitglieder, und diejenigen, die nicht nur glauben, sondern auch noch bleiben, müssen sich dafür längst rechtfertigen.

Das Image der katholischen Kirche ist auf dem Tiefpunkt angekommen, oder die ganze Kirche gleich, wie es Marx selbst ausgedrückt hat, an einem "toten Punkt".

Opferverbände wie der Eckige Tisch mussten jahrzehntelang auf Signale der Wiedergutmachung warten. Über Finanzielles wurde gerungen, die Aufarbeitung schleppte sich. Marx' Rücktritt bedeutet in den Augen der Betroffenen, endlich werden sie ernst genommen.

Zumindest Marx zeigt, dass ihn die Schwere der Taten und das unermessliche Leid erreicht haben. Sein Rücktritt ist das erste Zeichen, dass der Patient vielleicht doch nicht ganz tot ist – und noch etwas fühlt.