Berlin. Die große Koalition tagt ein letztes Mal vor der deutschen Ratspräsidentschaft im Kanzleramt – es geht vor allem um Atmosphärisches.

Diesmal war es ein vergleichsweise kurzes Treffen. Um 23.01 Uhr am Montagabend wurde der Text „Ergebnis Koalitionsausschuss“ verschickt. Auf eine Pressekonferenz – sonst egal zu welcher Zeit üblich – wurde ganz verzichtet. Das Schriftstück war denkbar knapp formuliert. „Mit der Covid-19-Pandemie steht die Europäische Union vor einer schicksalhaften Herausforderung“, hieß es in der Einleitung.

Deutschland werde sich als Ratspräsident „mit ganzer Kraft dafür einsetzen, diese Aufgabe gemeinsam und zukunftsgerichtet zu meistern und Europa wieder stark zu machen“, hieß es weiter. Die deutsche Ratspräsidentschaft beginnt am 1. Juli und dauert ein halbes Jahr. Die Gespräche seien in guter Atmosphäre verlaufen, hieß es während der Gespräche von Teilnehmern.

Corona-Krise: Deutschland trägt in EU-Ratspräsidentschaft große Last

In der Erklärung wurden Leitgedanken formuliert, die ein „ein stärkeres und innovativeres Europa, ein gerechtes Europa, ein nachhaltiges Europa, ein Europa der Sicherheit und der gemeinsamen Werte, ein starkes Europa in der Welt“ vorsehen. Die Koalition „freut sich auf die deutsche EU-Ratspräsidentschaft und unterstützt deren Schwerpunkte“, hieß es weiter.

CSU-Chef Markus Söder fehlte bei dem Treffen, er reist wegen eines Termins in Bayern nicht nach Berlin. Das Treffen diente mehr der Atmosphäre – auch weil die SPD in die Vorbereitungen der Kanzlerin einbezogen werden wollte. Und Angela Merkel war daran gelegen, die SPD-Spitze einzubinden.

Merkel wollte gute Grundlage mit SPD-Spitze schaffen

Eigentlich läuft ihr Draht im Kabinett ausschließlich zu Vizekanzler und SPD-Finanzminister Olaf Scholz. Doch der muss sich mit seinen Parteichefs Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans rückkoppeln. Denn auf die deutsche Regierung wartete eine herausfordernde Aufgabe. Die wirtschaftlichen und nach wie vor auch medizinischen Folgen der Corona-Pandemie beuteln Europa.

Walter-Borjans sagte im Anschluss an die zweieinhalbstündige Runde, es werde wegen der Corona-Pandemie und der schweren wirtschaftlichen Folgen in Europa „eine besondere Ratspräsidentschaft“ sein. Deutschland wolle ein „respektvoller Vermittler“ sein.

Merkel-Macron-Plan soll schnell umgesetzt werden

Ziel sei unter anderem, sehr schnell das Programm von Merkel und dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron umzusetzen. „Uns geht es darum, dass wir zeigen, Deutschlands Ratspräsidentschaft steht für ein soziales Europa, für ein gerechtes Europa, für ein nachhaltiges Europa und für eines, das gemeinsam Zukunftschancen wahrnimmt.“

Das sei auch nötig, weil Europa zwischen den „Blöcken“ China und USA stehe. „Das heißt, der Zusammenhalt Europas wird das Wichtigste sein.“ Auf dem Tisch liegt ein Vorschlag der EU-Kommission für einen schuldenfinanzierten Konjunktur- und Investitionsplan im Umfang von 750 Milliarden Euro. Davon sollen 500 Milliarden Euro als Zuschüsse an die EU-Staaten fließen, der Rest als Kredite.

Merkel: 750-Milliarden-Programm kann zur Zerreißprobe werden

Die Schulden sollen bis 2058 gemeinsam aus dem EU-Haushalt abbezahlt werden. Verhandelt wird der Plan zusammen mit dem nicht minder umstrittenen nächsten siebenjährigen EU-Finanzrahmen, für den die Kommission 1,1 Billionen Euro ansetzt.

Merkel hatte am Freitag nach einer Videokonferenz mit den europäischen Staats- und Regierungschefs angedeutet, dass die Verhandlungen über das 750-Milliarden-Programm zu einer Zerreißprobe für die EU werden könnten. „Die Brücken, die wir noch zu bauen haben, sind groß“, sagte die Kanzlerin. Sie machte zudem deutlich, dass die Zeit drängt. Mitte Juli will EU-Ratschef Charles Michel bei einem weiteren EU-Gipfel neue Vorschläge vorlegen. „Es wird schwierig, es wird komplex“, sagte der Belgier. Lesen Sie auch: Corona-Krise – Merkel appelliert an die Einheit Europas

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