Berlin. Beschäftigten mit geringem Verdienst droht durch Kurzarbeit Hartz IV. Der DGB fordert eine Erhöhung auf 80 Prozent des Nettoeinkommens.

Berufsgruppen mit niedrigem Verdienst landen wegen Corona-bedingter Kurzarbeit häufiger bei einem Monatseinkommen unterhalb der staatlichen Grundsicherung. Nach Zahlen des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), welche unserer Redaktion vorliegen, sind hiervon besonders Beschäftigte in Dienstleistungsberufen wie Einzelhandel, Gastronomie und der Gebäudereinigung betroffen.

Auch Kulturschaffende, die oft ebenfalls geringe Einkommen haben, rutschen laut DGB leicht unter die Grenze der Grundsicherung. Kinderlose, die in Kurzarbeit nur 60 Prozent ihres ausfallenden Nettolohns vom Staat erhalten, sind stärker betroffen als Beschäftigte mit Nachwuchs, bei denen das Kurzarbeitergeld 67 Prozent beträgt.

Corona-Krise: Mitarbeiter von Restaurants leben derzeit von 720 Euro im Monat

Da wegen der Corona-Krise die Arbeit in vielen Betrieben komplett auf null gesetzt wurde, leben nach DGB-Angaben derzeit viele Beschäftigte vollständig vom Kurzarbeitergeld. Für Mitarbeiter von Restaurants etwa, deren Arbeitsplätze geschlossen sind, bedeute dies, dass sie mit 720 Euro im Monat auskommen müssten. Gebäudereiniger hätten 780 Euro zur Verfügung.

Zusätzliche Härten entstehen laut DGB für Beschäftige, die bislang in Teilzeit gearbeitet haben. Viele von ihnen müssten ergänzend Hartz IV beantragen. Angesichts dieser Entwicklung verlangte DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach eine deutliche Anhebung des Kurzarbeitergeldes. Kurzarbeit wegen Coronavirus: Was man jetzt wissen muss.

Gewerkschaft: „Mindestens 80 Prozent des normalen Verdienstes nötig“

„Um halbwegs gut durchzukommen, sind mindestens 80 Prozent des normalen Verdienstes nötig“, sagte Buntenbach unserer Redaktion, „die Bundesregierung muss hier nachsteuern, sonst ist das eine soziale Unwucht, die so nicht bleiben kann“. Wenn Tausende zusätzlich Hartz IV beantragen müssten, „weil sie von dem krisenbedingten Mini-Einkommen einfach nicht leben können, dann zahlt das am Ende schließlich auch die Gemeinschaft.“

Es gehe darum, dafür zu sorgen, „dass die Kosten und Lasten der Krise gerecht verteilt werden“. Wenn Menschen wegen Kurzarbeit in finanzielle Not gerieten, entstehe in einigen Bevölkerungsschichten zudem „ein riesiges Akzeptanzproblem für die jetzt betroffenen Beschränkungen“.

Zudem sieht Buntenbach ökonomisch Auswirkungen: „Wenn wir nicht wollen, dass die Kaufkraft und damit der Konsum erheblich sinkt und das für längere Zeit, müssen wir die Beschäftigten ordentlich absichern. Das ist im Interesse der gesamten Wirtschaft“, unterstrich Buntenbach. Erst am Mittwoch hatten Forscher prognostiziert, dass die Corona-Krise 2,5 Millionen Menschen arbeitslos machen werde.