Washington. Anhänger von Donald Trump feuern derzeit einen Brandon an. Was hinter dem Spruch steckt, den die Rechten in den USA derzeit skandieren.

Die „F*** you”-Formulierung wird in Amerika jeden Tag millionenfach benutzt. Taucht sie als Bewegtbild im Fernsehen auf, es könnte sich ja jemand auf den Schlips getreten fühlen, wird sie konsequent weggepiept.

Eine Sport-Reporterin, die sich offenbar schlicht verhört hat, die brutalen Zentrifugal-Kräfte des Internets, der eskalierende Unmut über den ersten Mann im Staat und seine vorläufige Regierungsbilanz und die Radikalisierung vieler Anhänger Donald Trumps haben jetzt dafür gesorgt, dass die Schimpf-Tirade sozusagen in Camouflage im „Let's go Brandon”-Kostüm das nationale Selbstgespräch bestimmt. Zielscheibe: Joe Biden.

„Let's go Brandon”: Wie alles begann

Alles begann mit einer Fernseh-Reporterin, die vor einem Monat beim Nascar-Autorennen auf dem berühmten „Talladega Superspeedway” in Alabama den siegreichen Fahrer Brandon Brown interviewte. Im Hintergrund grölten einige Dutzend Fans dabei laut und vernehmlich „Fuck Joe Biden”. Kein Einzelfall. Die Nascar-Gemeinde ist Trump-Kundschaft und hat nach dem dritten Budweiser traditionell eine besonders lose Zunge. Der amtierende Präsident gilt hier als Betrüger und Weichei.

Sportreporterin Kelli Stavast verstand die Sprechchöre allerdings anders - nämlich als fröhlich Ermunterung Browns - und stellte vor laufender Kamera fest, dass da „Let's go Brandon” intoniert werde. Wurde es nicht.

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Aber da war es bereits zu spät. Quasi über Nacht gewann der schräge Euphemismus für die Herabwürdigung des Präsidenten durch soziale Medien Statur. In Liedern und Musik-Videos existieren seither eilig zusammengeschusterte Beiträge, die den besagten Titel tragen. So verrührt der Rapper Bryson Gray das Ganze mit dusseligem Verschwörungsgeraune der Güteklasse: „Corona ist nicht echt.” Trotzdem ganz oben in der Hitlisten.

Findige T-Shirt-Vertreiber haben den Slogan, der als Synonym für „Fuck you, Joe Biden” dient, auf Baumwolle, Baseball-Käppis Fahnen und Stoßstangen-Aufkleber gebannt und verkaufen die Ware wie geschnitten Brot. „Let's go Brandon” ist in Windeseile der im politischen Spektrum rechts der Mitte allgemein anerkannte Code geworden, um dem Präsidenten öffentlich ans Bein zu pinkeln, ohne dabei das auf dem Index stehende F-Wort benutzen zu müssen.

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Medien und Politiker verbreiten „Let's go Brandon” immer weiter

Für gewöhnlich ebbt so ein viral verstärkter Spuk schnell wieder ab. Im Fall Brandon/Biden ist das anders. quotenstarke Medien wie Fox News treten den Quark jeden Tag breit und breiter. Experten werden ins Studio gebeten, um den philosophischen Unterbau zu liefern: Danach habe eine Mainstream-Reporterin mit „Let's go Brandon” bewusst das verbrämt, was das Volk wirklich meinte: nämlich F….you, Biden. Bingo. Wieder ein Beweis für die Unaufrichtigkeit der Presse…

Mittlerweile fühlen sich auch gewählte Politiker autorisiert, auf den Zug aufzuspringen. Der republikanische Kongress-Hinterbänkler Bill Posey beendete unlängst eine unmaßgebliche Rede mit dem Schlachtruf und reckte dabei eine Faust in die Höhe. Sein Kollege Jeff Duncan war mit einer „Let's go Brandon”-Maske im Kapitol zu sehen. Senator Ted Cruz, ebenfalls Texas, und seit Jahren für fast jede Geschmacklosigkeit zu haben, adelte den Schmonzes, indem er sich grinsend neben einem entsprechenden Plakat bei einem Baseballspiel ablichten ließ.

Trump-Fan-Artikel-Shop verkauft T-Shirt mit Slogan

Weniger lustig fand die Fluglinie Southwest, dass einer ihrer Piloten Passagiere nach der Landung mit dem Spruch auf den Heimgang schickte. Der Mann wurde relegiert, Southwest entschuldigte sich öffentlich. Auch Brandon Brown, der Rennfahrer aus einem kleinen Stall, leidet gewissermaßen. Sponsoren lassen ihn links liegen.

Nicht ausgeschlossen, dass Donald Trump dem 28-Jährigen irgendwann unter die Arme greift. Über den Online-Fan-Artikel-Shop des Ex-Präsidenten kann man für 45 $ T-Shirt mit dem Slogan bestellen.