Berlin. Der Bundesfinanzminister will die wegen eines Konflikts verschobenen Etat-Eckpunkte nicht nachreichen. Die Opposition spricht von Getrickse. Der Streit um die Kindergrundsicherung geht weiter.

Finanzminister Christian Lindner wird keine Eckpunkte für den Haushalt 2024 mehr vorlegen. „Darauf werden wir dieses Jahr verzichten“, sagte der FDP-Vorsitzende der „Bild am Sonntag“. Die Opposition kritisierte die Ankündigung.

Christian Görke, finanzpolitischer Sprecher der Linken-Fraktion, teilte mit: „Mit der Nichtvorlage der Haushaltseckpunkte und des Finanzplanes bis 2026 geht das finanzpolitische Getrickse à la Lindner weiter und grenzt eigentlich schon an Arbeitsverweigerung.“ Abgesehen von der Einmaligkeit in der finanzpolitischen Geschichte der Bundesrepublik solle damit die strukturelle Schieflage des Bundeshaushalts verschleiert werden.

Unionsfraktionsvize Johann Wadephul (CDU) schrieb dazu bei Twitter mit Blick auf die Bundeswehr: „Diese Bundesregierung ist stehend k.o. Noch nicht einmal auf Eckwerte kann man sich verständigen. Längerfristige Beschaffungen werden so ausgebremst.“

Lindner: Geld reicht nicht aus

Üblicherweise werden vor dem endgültigen Regierungsentwurf für den Etat die sogenannten Eckwerte vorgelegt. Eigentlich hätte Lindner diese Anfang März präsentieren sollen. Er verschob den Termin aber, weil sich die Ministerien nicht einigen konnten. Der endgültige Regierungsentwurf soll laut bisherigem Plan nach der Steuerschätzung für Mai am 21. Juni vom Kabinett gebilligt werden. Danach kommt der Bundestag, der den Haushalt Anfang Dezember beschließen will.

Lindner rechnet für das kommende Jahr erstmals mit Staatseinnahmen von mehr als einer Billion Euro. „Dennoch reicht das Geld nicht aus, um die gesetzlichen Verpflichtungen des Bundes zu finanzieren“, sagte er. An Mehrausgaben sei momentan nicht zu denken. „Ich warne alle, die nach leichten Lösungen wie Steuererhöhungen suchen. Das wäre wirtschaftlich falsch. Diese Regierung muss die Kraft finden zu sparen.“

Grünen-Fraktionsvize sieht keinen Zeitdruck

Der Grünen-Fraktionsvize Andreas Audretsch sieht in der Koalitionsdebatte keinen Zeitdruck. „Wir werden im Mai die Steuerschätzung kriegen, und wir werden dann einen Haushalt aufstellen, der im Juni im Kabinett verabschiedet werden soll“, sagte Audretsch am Montag im Deutschlandfunk. Bis Juni sei noch einiges an Zeit. „Deswegen halte ich es im Moment auch gar nicht für so notwendig, dass man so viel Druck in die Debatte bringt. Sondern wir werden uns die Zahlen dann anschauen, die werden sich konkretisieren über die kommenden Wochen, und dann werden wir gemeinsam über Prioritäten sprechen.“

Er bekräftigte unter anderem die Grünen-Forderung nach mehr Geld für die geplante Kindergrundsicherung - ein Streitpunkt mit der FDP von Finanzminister Christian Lindner. Dieser hatte in der „Bild am Sonntag“ zuletzt argumentiert, für Familien mit Kindern sei bereits viel passiert, und auf die jüngste Kindergelderhöhung verwiesen. Mehr sei zwar „immer wünschenswert, aber nicht immer möglich“, so der FDP-Chef. Audretsch betonte hingegen: „Die Idee, man könnte gegen Kinderarmut vorgehen, in die Zukunft des Landes, in unsere Kinder investieren und kein Geld in die Hand nehmen, die Idee funktioniert nicht.“

Zwist um Kindergrundsicherung

Ab 2025 soll die Kindergrundsicherung die staatlichen Leistungen für Familien und Kinder bündeln. Umstritten ist in der Koalition, was alles dazugehören soll. Familienministerin Lisa Paus (Grüne) will eine Aufstockung, weil die bisherigen Hilfen ihrer Meinung nach Kinderarmut nicht ausreichend bekämpfen. Sie meldete deshalb einen Bedarf von zwölf Milliarden Euro an. Lindner entgegnete in der „Bild am Sonntag“, für Familien mit Kindern sei bereits viel passiert. Er verwies etwa auf die Kindergelderhöhung auf 250 Euro. Mehr sei zwar „immer wünschenswert, aber nicht immer möglich“.

Paus bleibt aber bei ihrer Forderung nach zusätzlichen Mitteln. Mit Blick auf Lindner wandte sich die Grünen-Politikerin im Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) zugleich dagegen, die Erhöhung des Kindergeldes mit den Kosten für die Maßnahme zu verrechnen.

Vor dem Hintergrund der hohen Inflation sei die Erhöhung des Kindergeldes ein wichtiger Schritt, sagte Paus dem RND. „Aber das allein ist nicht genug – die notwendigen Kosten für die Kindergrundsicherung können damit nicht verrechnet werden.“ Diese müsse ausreichend finanziert werden - „um das Antragsverfahren deutlich zu erleichtern und mehr Kinder aus der Armut zu holen“. Paus betonte: „12 Milliarden Euro sind hierfür eher eine Untergrenze.“

FDP-Vizefraktionschef Christoph Meyer sagte der Deutschen Presse-Agentur: „Die Aufgabe von Lisa Paus ist die Verwaltungsvereinfachung für Familien, aber da ist noch nichts gekommen. Wer Geld fordert, muss erst sagen, was wie genau gemacht werden soll. Auch hier bleibt Lisa Paus Antworten schuldig.“

Die Ampel-Regierung hatte im Koalitionsvertrag vereinbart, mit der Kindergrundsicherung mehr Kinder aus der Armut holen zu wollen. Grünen-Fraktionschefin Britta Haßelmann bezeichnete das Vorhaben im RND als „eines der nächsten zentralen Projekte“.