Berlin. Die Linke kämpft vor der Wahl mit schwachen Umfragewerten. Beim Parteitag fallen markige Worte. Doch das Thema Wagenknecht bleibt.
- Am Wochenende kommt "Die Linke" zu einem digitalen Parteitag zusammen
- Angesichts der aktuell schlechten Umfragewerte braucht die Partei einen Aufbruch
- Wie kann bis zur Bundestagswahl im Herbst noch eine Trendwende erreicht werden?
Drei Monate vor der Bundestagswahl ringt die Linke mit sich selbst und mit schwachen Umfragewerten. Die Parteispitze zeigt sich in höchstem Maße alarmiert, auch auf dem zweitägigen Bundesparteitag an diesem Wochenende. Linke-Chefin Susanne Hennig-Wellsow versucht in ihrer Rede zu Beginn des Online-Treffens, die Partei nach den neuen internen Streitereien zur Disziplin zu rufen: „Liebe Leute, wir haben wirklich einen richtig krassen Auftrag“, sagt die Vorsitzende. Es gehe darum, die Lebensverhältnisse vor allem der armen Menschen in Land zu verbessern.
„Wir sind im Klassenkampf!“, ruft Hennig-Wellsow, „wir verteilen Reichtum um“. Und sie setzt nach: „Scheißt da drauf, was wir für Widerstand kriegen. So what? Damit müssen wir leben!“ Die Linke müsse den Menschen „sagen, was wir wollen – mit allem Mitgefühl, mit aller Empathie“.
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Linke: Wagenknecht ist auch auf dem Parteitag Thema
Der Appell dient vor allem dazu, den Genossen vor Augen zu führen, dass der Bundestagswahlkampf nicht der Moment ist, sich in neuerliche Richtungsdebatten zu verbeißen. „Es bringt niemandem 150 Euro mehr Hartz 4, wenn wir uns streiten“, stellt Hennig-Wellsow klar, „wir sind eins, und es gibt keine zwei Parteien“.
Für schlechte Stimmung hatte zuletzt unter anderem die Diskussion über die ehemalige Linke-Fraktionschefin im Bundestag, Sahra Wagenknecht, gesorgt. Mehrere Parteimitglieder haben einen Antrag auf Parteiausschluss Wagenknechts gestellt. Sie wirft in ihrem aktuellen Buch „Die Selbstgerechten“ den linken Parteien – auch der eigenen – vor, soziale Fragen aus den Augen verloren und mit Gender-, Klima- oder Biolebensmittel-Debatten traditionelle Wähler mit geringen Einkommen verprellt zu haben.
Besonders Wagenknechts Positionen zur linken Identitätspolitik halten interne Kritiker für unvereinbar mit der Parteilinie. Wagenknecht hatte von „skurrilen Minderheiten“ geschrieben, die ihre Identität „jeweils in irgendeiner Marotte“ fänden und daraus den Anspruch ableiteten, „ein Opfer zu sein". Es galt in der Linken all jenen als Affront, die für antirassistische und queere Positionen eintreten. Wagenknecht, die in Nordrhein-Westfalen Spitzenkandidatin ist, hat bereits klar gemacht, dass sie keinesfalls an Rückzug denkt.
Henning-Wellsow versucht die Wogen zu glätten
Auch Wagenknechts Ehemann, Linke-Gründer Oskar Lafontaine, hatte jüngst viele Genossen gegen sich aufgebracht. Gegen ihn gibt es ebenfalls einen Antrag auf Parteiausschluss. Der 77-jährige Saarländer hatte unter anderem dazu aufgerufen, die Linke bei der Bundestagswahl nicht mit der entscheidenden Zweitstimme zu unterstützen, weil dies seinem innerparteilichen Gegner, Saar-Spitzenkandidat Thomas Lutze nützen würde. Darin sahen etliche ein parteischädigendes Vorgehen.
Hennig-Wellsow versucht in ihrer Rede dennoch, die Wogen zu glätten. „Ich war gestern bei Oskar, aus der tiefen Überzeugung, dass wir miteinander reden müssen“. Es gehe darum, einander zu verstehen. Und die Linke-Chefin macht klar, dass Lafontaine trotz unterschiedlicher Ansichten eben nicht irgendwer ist: „Oskar hat unsere Partei mitgegründet.“ Bereits im Vorfeld des Treffens in Berlin hatte Hennig-Wellsow zudem klar gemacht, dass sie auch das Parteiausschlussverfahren gegen Wagenknecht für falsch hält – als Instrument wie auch inhaltlich.
Bei dem zweitägigen Online-Treffen wollen die rund 580 Delegierten das Wahlprogramm der Linken beschließen. Im Entwurf des Wahlprogramms, über das am Sonntag abgestimmt wird, werden unter anderem eine Mindestrente von 1200 Euro, eine Abschaffung der Schuldenbremse, langfristig kostenlose öffentliche Verkehrsmittel und eine Abgabe für Vermögen ab zwei Millionen Euro für die Bewältigung der Corona-Krise vorgeschlagen.
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