Washington. Am 8. November 2022 finden in den USA die wichtigen Zwischenwahlen statt. Die Umfragen deuten an: Ein knappes Rennen ist möglich.

Die Midterms (Zwischenwahlen) 2022 sind für US-Präsident Joe Biden und die ganze Welt von großer politischer Bedeutung. Siegt die Demokratische Partei, kann der 79-Jährige ohne Gegenwind regieren. Geht die Mehrheit der Sitze in Repräsentantenhaus und Senat jedoch an die Republikaner, wird das Regieren für Biden und seine Minister deutlich schwieriger. In beiden Kammern haben die Demokraten seit den letzten Midterms 2020 bloß eine knappe Mehrheit – im Senat ist es sogar eine Patt-Situation zum Vorteil der Demokarten.

Midterms 2022: Swing States könnten das Zünglein an der Waage sein

Kommt es im Senat zu einem Gleichstand, ist es die Stimme von US-Vizepräsidentin Kamala Harris, die eine Entscheidung fällt. Ein Vorteil für die Demokraten, den es nach den Midterms 2022 vielleicht nicht mehr gibt. Denn sollten die Republikaner in der Kammer eine Mehrheit erreichen, entfällt Harris' Votum. Wie wahrscheinlich das Szenario ist, dass die Republikaner das Repräsentantenhaus zurückerobern und auch im Senat eine Mehrheit bekommen, lässt sich derzeit – Stand 9. September – nur sehr schwer abschätzen.

Fest steht, dass es ein knappes Rennen werden könnte – primär mit Blick auf die Swing States, also die Staaten, wo beide Parteien eine große Chance haben, eine Stimmenmehrheit zu bekommen. Das sind Berichten der US-Website Cook Political Report zufolge – die sich auf politische Analysen spezialisiert hat – die US-Staaten Arizona, Nevada, Georgia und Wisconsin. In Georgia und Nevada könnte es bei den Midterms 2022 besonders knapp werden. Berichten der Neuen Zürcher Zeitung (nzz) zufolge liefern sich hier prominente Politiker ein Kopf-an-Kopf-Rennen.

NameMidterms
auf deutschHalbzeitwahlen
Nächstes Datum8. November 2022
Letzte Wahl3. November 2020
Gewählt wirdUS-Kongress

Midterms 2022: Laut Umfrage könnten Demokraten in einer Kammer siegen

In beiden US-Bundesstaaten sind die Vorwahl-Entscheidungen (Primaries) für die Midterms 2022 schon gefallen. In Georgia muss der Demokrat Raphael Warnock seinen Sitz im Senat gegen den Ex-NFL-Star und Trump-Loyalisten Herschel Walker verteidigen. In Nevada trifft die demokratische Senatorin Catherine Cortez Masto auf Adam Laxalt von der republikanischen Partei. Mehrere US-Medien vergleichen die Midterms am 8. November in beiden US-Staaten mit einem Münzwurf. Experten rechnen den Demokraten im Senat leicht bessere Chancen zu.

Ganz anders im Repräsentantenhaus, wo die Demokraten derzeit eine leichte Mehrheit von 222 zu 213 Sitzen haben. Neuesten Wahlumfragen zufolge werden der republikanischen Partei bei den Midterms am 8. November 214 der insgesamt 435 Sitze zugerechnet – sollten die Republikaner noch fünf der als offen gewerteten Sitze erringen, hätten sie in der ersten Kammer eine hauchdünne Mehrheit. Laut der nzz ist somit eine kleine Mehrheit der Republikaner im Repräsentantenhaus und ein knapper Sieg der Demokraten im Senat denkbar.

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Midterms 2022 könnten Demokraten Mehrheit im Repräsentantenhaus kosten – laut Prognose

Für US-Präsident Joe Biden wäre das ein ungünstiges Szenario. Denn die Funktionen und Aufgaben vom Repräsentantenhaus umfassen gleich mehrere wichtige Schlüsselpositionen. Nur die Abgeordneten der ersten Kammer können Steuergesetze einbringen oder ein Amtsenthebungsverfahren in die Wege leiten. Ganz anders im Senat, wo sich die Funktionen und Aufgaben primär auf die Kontrolle der Regierung und die Ernennung von hohen Beamten konzentrieren. Bloß mit einer Mehrheit im Senat könnte Biden also nicht frei regieren.

Jedoch sind Wahlprognosen in den USA grundsätzlich immer mit Vorsicht zu genießen. Einer der Hauptgründe hierfür ist, dass die Umfrageergebnisse immer stark von der derzeitigen Stimmung im Land abhängig sind. Eine Stimmung, die sich vor den Midterms am 8. November noch mehrfach ändern kann. Zumal auch die USA im Moment mit einer wirtschaftlich schwierigen Situation zu kämpfen haben. Die Inflation und das fehlende Wachstum sind nur zwei große Herausforderungen, vor denen der US-Präsident steht – und die ausschlaggebend für die Midterms sein werden.

Nachwahlen legen nahe: Demokraten könnten bei Midterms von Supreme-Court-Urteil profitieren

Ein Vorteil für die Demokraten im Senat ist, dass hier 2022 nur 35 der insgesamt 100 Senatssitze neu gewählt werden, während im Repräsentantenhaus alle 435 Sitze zur Wahl stehen. Sprich – in der zweiten Kammer ist eine Mehrheit einfacher zu erreichen, als im Abgeordnetenhaus, wo alle Karten neu gemischt werden. Von den 35 neu zu wählenden Sitzen im Senat sind seit derzeit 14 von Demokraten und 21 von Republikanern gehalten. Ob die Republikaner ihre Mehrheit halten können oder ob die Demokraten eine Mehrheit im Senat erreichen, wird somit stark von den Wahlen in den Swing States abhängen.

Zudem könnte die Partei von US-Präsident Joe Biden bei den Midterms vom letzten großen Supreme-Court-Urteil profitieren. Denn seit der Oberste Gerichtshof der Vereinigten Staaten das Recht auf Abtreibung gekippt hat, konnten die Demokraten zuletzt mehrfach überraschende Wahlerfolge bei Nachwahlen einfahren. Im 19. Kongressbezirk in New York etwa triumphierten die Demokraten Ende August über die Republikaner. Der Hintergrund dazu: Im Repräsentantenhaus setzen sich die Demokraten für ein bundesweites Recht auf Abtreibung ein.

Das der Supreme Court das Recht auf Abtreibung gekippt hat (Archivbild), könnte den Demokraten bei den Midterms entscheidende Stimmen bescheren.
Das der Supreme Court das Recht auf Abtreibung gekippt hat (Archivbild), könnte den Demokraten bei den Midterms entscheidende Stimmen bescheren. © REUTERS | YURI GRIPAS

Republikaner für schärfere Wahlgesetzte: Midterms in Swing State Georgia unter neuen Auflagen

Umgekehrt könnten die Republikaner von all jenen Wählern profitieren, die mit der Politik von US-Präsident Joe Biden unzufrieden sind. Viel wird also auch davon abhängen, wie gut Biden Probleme wie die Inflation oder die wirtschaftlich schwierige Lage im Land insgesamt in den Griff bekommt. Allerdings sind bei diesen Themen schnelle Trendwenden nicht zu erwarten. Dennoch: Die Midterms gelten in den USA immer auch als Stimmungsbarometer für die Arbeit der amtierenden Regierung. Und seit Ex-US-Präsident Donald Trump von Wahlmanipulation bei der letzten Präsidentschaftswahl spricht, brennt immer wieder auch das Thema Wahlgesetze auf.

Die Republikaner setzen sich seit jeher verstärkt für schärfere Wahlgesetze ein, die Demokraten lehnen diese ab. Sie fürchten, dass durch schärfere Wahlgesetze Minderheiten benachteiligt werden könnten. Im Swing State Georgia etwa hatten die Republikaner Mitte 2021 die Wahlgesetze verschärft. Wie die taz berichtet, steht seither das Verteilen von Wasser vor Wahllokalen unter Strafe. Als weitere Hürden führten die Republikaner ein, dass auch bei der Briefwahl Ausweisdokumente bei einer Behörde vorgezeigt werden müssen. Längst nicht alle Menschen in den USA verfügen darüber, viele weisen sich im Alltag lediglich mit ihrem Führerschein aus.

Wahlprognosen zu Midterms 2022 kaum eindeutig

Sprich, in Georgia, wo die Demokraten bei der letzten Präsidentschaftswahl große Erfolge erzielen konnten, könnte es bei den Midterms 2022 aufgrund der neuen Wahlgesetze enger werden. Neben der politischen Stimmung in den USA sowie der Arbeit von US-Präsident Biden könnten die teils verschärften Wahlgesetze als ein neuer Einflussfaktor auf die Midterms 2022 zukommen. Ein Faktor, der die Wahlprognosen zusätzlich noch einmal erschwert. Daher auch das Fazit, dass trotz neuester Umfragewerte das Rennen um eine Mehrheit im Kongress weiter offen ist.

Ein klarer Sieger kristallisiert sich auch knapp zwei Monate vor der so wichtigen Zwischenwahl in den USA nicht heraus. Was sich allerdings anbahnt, ist ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen Demokraten und Republikanern, das die US-Politik in den kommenden zwei Jahren entscheidend beeinflussen könnte. Und gerade in einer Zeit, wo ein Krieg in Europa tobt und die Inflation die Bürger weltweit beschäftigt, wird es auch für die Menschen in Europa von entscheidender Bedeutung sein, welche Partei in Washington nach dem 8. November 2022 den Ton angibt.

Dieser Artikel erschien zuerst auf morgenpost.de.