Bergisch-Gladbach. In Bergisch Gladbach sollen tausende Menschen Fotos über Kindesmissbrauch ausgetauscht haben. Die Datenmenge erstaunt die Ermittler.

Der massenhafte sexuelle Missbrauch in Lügde hat Deutschland erschüttert. Experten gehen nun davon aus, dass der neue Missbrauchsfall in Bergisch Gladbach noch größer ist. „Wenn so viele Chatteilnehmer und Gruppen da sind, kann man davon ausgehen, dass das sichergestellte Datenmaterial größer ist als im Fall Lügde. Das sind immense Datenmengen“, sagte Frank Hoever, Direktor des nordrhein-westfälischen Landeskriminalamtes (LKA), der „Rheinischen Post“.

Hoever und der Leiter des Cybercrime-Kompetenzzentrums beim LKA, Sven Schneider, machen sich dafür stark, künftig computergeneriert Fakebilder von Kindern verwenden zu dürfen, um in die Chats der Täter aufgenommen zu werden.

LKA-Direktor Frank Hoever.
LKA-Direktor Frank Hoever. © dpa | Federico Gambarini

Hoever sagte: „Ich würde das sehr begrüßen. Das wäre die Eintrittskarte in Straftäterkreise. ... Wenn wir selber Material einbringen könnten in die Chats, würden deutlich mehr Fälle ans Licht kommen.“ Darum bräuchten die Ermittler die „rechtlichen Möglichkeiten, um Fakebilder generieren und verwenden zu dürfen.“

Gesetz zum Cybergrooming geplant

Tatsächlich hatte Bundes-Justizministerin Christine Lambrecht (SPD) vergangene Woche eine entsprechende Reform angekündigt. „Die Ermittler sollen künftig computergenerierte Bilder verwenden können, wenn sich die Taten nicht anders aufklären lassen“, sagte sie der „Welt“. Die Reform soll in ein Gesetz zum Cybergrooming aufgenommen werden, das derzeit im Bundestag beraten wird. Dieses Gesetz soll dafür sorgen, dass Pädophile wirkungsvoller bestraft werden, die in Online-Chats mit sexuellen Absichten Kontakt zu Kindern suchen.

Im Missbrauchskomplex Bergisch Gladbach war der massenhafte Missbrauch von Kindern durch Mitglieder eines Chat-Netzwerkes aufgedeckt worden. Mit der Festnahme eines Verdächtigen im Oktober hatten die Ermittlungen den Anfang genommen. Die Ermittler fanden in seinem Handy Chat-Gruppen mit bis zu 1800 Mitgliedern.

Es sei „unbegreiflich“, dass es eine solch große Gruppe gegeben haben soll, sagte LKA-Mann Schneider der „Rheinischen Post“: „Man kann noch gar nicht abschätzen, wie groß der Fall noch werden wird.“ Schneider erklärte zu den Tätern, diese seien „Jäger und Sammler.“ Die Ermittler fänden „selten nur zehn Bilder bei einem, sondern meistens 10.000.“

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Inzwischen gab es in dem Fall, der in Bergisch Gladbach seinen Anfang nahm, zehn Festnahmen. Sieben der Festgenommenen, die ihre Kinder oder Stiefkinder sexuell missbraucht haben sollen, stammen aus NRW, einer aus Hessen und einer aus Rheinland-Pfalz.

Im Fall Lügde waren vor kurzem zwei Männer zu hohen Freiheitsstrafen mit anschließender Sicherungsverwahrung verurteilt worden.

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    Sie hatten Kinder und Jugendliche in mehreren hundert Fällen auf dem Campingplatz in NRW sexuell missbraucht und das teilweise gefilmt. (jb/dpa)