Berlin. Immer mehr Haushalte erhalten ihre Heizkostenabrechnung. Wer dadurch finanziell in Bedrängnis gerät, kann sich beim Jobcenter melden.

  • Als Folge des Ukraine-Kriegs sind die Energiepreise in Deutschland extrem angestiegen
  • Besonders Gas ist davon betroffen – Heizen könnte im Winter zum Luxus werden
  • Was viele Menschen nicht wissen: Wer durch eine Energie-Nachzahlung in finanzielle Schwierigkeiten gerät, kann beim Jobcenter Hartz IV beantragen

Aktuell erhalten viele Haushalte von ihrem Energieversorger Post. Die Nebenkostenabrechnung liegt im Briefkasten. Doch wer sich sonst über eine Rückerstattung freuen konnte, dem droht dieses Jahr teilweise eine drastische Nachzahlung.

Zwar bezieht sich die Abrechnung auf vergangenes Jahr. Die eskalierenden Gaspreise, ausgelöst durch Russlands Krieg gegen die Ukraine, sind da noch nicht mit drin. Aber: Auch 2022 stiegen die Preise für Gas und Öl bereits. Die Abrechnung dürfte einen düsteren Ausblick liefern, was auf die Verbraucher in der nächsten Heizsaison zukommen könnte.

Gas-Nachzahlung: Jobcenter muss Heizkosten übernehmen

Dabei dürfte für etliche Haushalte die aktuelle Nebenkostenabrechnung schon nicht so einfach zu stemmen sein. Was viele Betroffene allerdings nicht wissen: Wer durch eine Nachzahlung in finanzielle Schwierigkeiten gerät, hat Anspruch auf Hartz IV. Das gilt auch für jene Haushalte, die bislang außerhalb der Armutsgrenze gelebt und keine Sozialhilfe empfangen haben.

Der Antrag muss beim Jobcenter gestellt werden, und zwar in dem Monat, in der die Nachzahlung fällig ist. Danach sei es zu spät, sagt Harald Thomé, Berater beim Selbsthilfeverein Tacheles in Wuppertal, der „TAZ“. Die Leistungsbehörde ist verpflichtet, Miet- und Heizkosten zu übernehmen. Dazu zählen auch Nachzahlungen zur Gasrechnung.

Viele scheuen indes den Weg zum Jobcenter. Sei es aus Scham, sei es aus Angst vor komplizierten Antragsverfahren. Jedoch erleichtert die Gesetzeslage eine Antragsstellung. Denn in den ersten zwei Jahren des Leistungsbezuges darf die Angemessenheit der Wohnkosten keine Rolle spielen. Auch das Vermögen wird nicht angerechnet, soweit ein Alleinstehender nicht mehr als über 60.000 verfügt.

Nebenkostenabrechnung: Von Ratenzahlungen lieber die Finger lassen

Rentner und Rentnerinnen können ebenfalls beim zuständigen Sozialamt einen vorübergehenden Antrag auf Grundsicherung im Alter stellen, wenn ihre Nebenkostenabrechnung zu hoch ist.

Zudem können Betroffene bei einer hohen Nachzahlung eine Ratenzahlung mit dem Energieversorger auszuhandeln, wie es die Verbraucherzentrale Bundesverband empfiehlt. Doch Experten raten davon ab. Denn wer sich auf monatliche Abschläge mit dem Energieversorger oder dem Vermieter einlässt, vergibt die „Möglichkeit der einmaligen Unterstützung durch das Jobcenter, die nur bei Fälligkeit einer hohen Nachzahlung in einem Monat möglich ist“, gibt Christoph Krüßmann vom Stromspar-Check der Caritas in Konstanz in der „TAZ“ zu bedenken.

Denn laut einem Urteil des Bundessozialgerichts (AZ B14AS20/­18R) ist es einem Jobcenter untersagt, eine einmalige Nachzahlung für jährliche Heizkosten rechnerisch auf mehrere Monate zu verteilen. Die Betroffenen müssten bei einer solchen Umlage die Kosten aus eigenen Mitteln bezahlen. (lgr)

Dieser Artikel erschien zuerst auf morgenpost.de