Brüssel/Madrid. Schweden und Finnland können nun doch der Nato beitreten. Die Türkei beendet zum ihre Blockade und sieht sich als Sieger. Wie das?

Der Weg für den Beitritt von Schweden und Finnland zur Nato mitten im Ukraine-Krieg ist frei. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan gab am Rande des am Dienstag Abend begonnenen Nato-Gipfeltreffens in Madrid seinen wochenlangen Widerstand gegen die Aufnahme der beiden skandinavischen Länder in das transatlantische Verteidigungsbündnis auf. In Gesprächen mit dem finnischen Präsidenten Sauli Niinistö und der schwedischen Regierungschefin Magdalena Andersson hatte sich Erdogan in Madrid zuvor auf eine Lösung in dem Streit geeinigt, gemeinsam unterzeichneten sie ein entsprechendes Memorandum, das türkische Bedenken ausräumen sollte.

Dabei sagten Schweden und Finnland nach Angaben von Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg zu, gegen die Aktivitäten der verbotenenen kurdischen Arbeiterpartei PKK in ihren Ländern hart durchzugreifen und ihre Zusammenarbeit mit der Türkei bei der Terrorismusbekämpfung zu verstärken - was die Änderung von Gesetzen ebenso einschließt wie ein Abkommen mit der Türkei zu Auslieferungen.

Zudem gibt es offenbar Zusagen für Waffenexporte an die Türkei, Details wurden zunächst nicht genannt. Die Türkei habe in Gesprächen mit den beiden nordischen Ländern „bekommen, was sie wollte“, erklärte das türkische Präsidialamt. Schweden und Finnland hatten ihren Beitrittsantrag Mitte Mai eingereicht und damit eine lange Phase der militärischen Block-Neutralität beendet, weil sie fürchten, dass nach dem russischen Überfall auf die Ukraine auch ihre Sicherheit gefährdet sein könnte.

Nato-Erweiterung: Stoltenberg spricht von deutlicher Botschaft an Putin

Stoltenberg, der sich intensiv als Vermittler in den Streit eingeschaltet hatte, sagte: „Ich freue mich, ankündigen zu können, dass wir nun eine Vereinbarung haben, die den Weg für einen Nato-Beitritt Finnlands und Schwedens ebnet“. Dies sende auch die deutliche Botschaft an Russlands Präsidenten Wladimir Putin, dass die Tür der Nato offen ist.

„Heute haben wir uns getroffen, diskutiert und eine gute Lösung gefunden“, sagte Stoltenberg nach dem mehr als dreistündigen Treffen. Der Nato-Beitritt der beiden nordischen Länder werde die komplette Sicherheitssituation in der Ostseeregion verändern. „Dies wird die Nato stärken und auch Finnland und Schweden stärken.“

Beide Länder könnten schon am Mittwoch formell zu Beitrittsgesprächen eingeladen werden, die als Formsache gelten und innerhalb weniger Stunden beendet sein dürften. Für diese Einladung ist aber ein einstimmiges Votum aller 30 Nato-Staaten notwendig, was die Türkei bislang verhindert hatte. Finnland und Schweden können nun doch schon am Nato-Gipfel teilnehmen, dessen Arbeits-Sitzungen von Mittwoch vormittag bis Donnerstag mittag dauern.

Nach der Unterzeichnung des Memorandums in Madrid: Der finnische Außenminister Pekka Haavisto (von links), sein türkischer Amtskollege Mevlut Cavusoglu, Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg, der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan, Finnlands Präsident Sauli Niinisto, und Schwedens Premierministerin Magdalena Andersson.
Nach der Unterzeichnung des Memorandums in Madrid: Der finnische Außenminister Pekka Haavisto (von links), sein türkischer Amtskollege Mevlut Cavusoglu, Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg, der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan, Finnlands Präsident Sauli Niinisto, und Schwedens Premierministerin Magdalena Andersson. © AFP | MURAT CETIN MUHURDAR

Der bisherige Widerstand gegen die Aufnahme Schwedens und Finnlands drohte den Nato-Gipfel zu überschatten. Dabei sollte das Treffen der bislang 30 Mitgliedstaaten die Einigkeit der Allianz in Zeiten der Ukraine-Krise und der wachsenden Spannungen mit Russland unterstreichen. Erdogan wird sich während des Gipfels offenbar auch mit US-Präsident Joe Biden treffen. Von ihm erhofft sich der türkische Präsident Zugeständnisse beim seit Jahren blockierten Verkauf von US-Kampfjets vom Typ F-16. Es war vermutet worden, dass Erdogans Blockade der Nato-Erweiterung auch die US-Regierung zum Einlenken bewegen sollte. Ob auch das Teil der Verständigung war, wird sich im Lauf des Gipfeltreffens zeigen.

Dieser Artikel erschien zuerst unter www.waz.de

Ukraine-Krieg – Hintergründe und Erklärungen zum Konflikt

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