Berlin. Die gescheiterte Pkw-Maut führt zu einem ungewöhnlich heftigen Schlagabtausch zwischen dem Rechnungshof und dem Verkehrsministerium.

Die Beamten von Minister Andreas Scheuer (CSU) wehren sich nicht nur gegen einen aktuellen Bericht des Rechnungshofs, in dem die Prüfer die Verträge zur Pkw-Maut Maut scharf kritisieren. Das Ministerium wirft dem Rechnungshof seinerseits vor, die Positionen der Bundesregierung gar nicht zur Kenntnis zu nehmen und zur Verfügung gestellte Akten zu ignorieren.

In der Stellungnahme des Ministeriums zum Berichtsentwurf des Rechnungshofs, die unserer Redaktion vorliegt, heißt es, dass die Kassenprüfer viele Dokumente zum Vergabeverfahren „teils nicht, teils nicht ausreichend bzw. unzutreffend“ gewürdigt hätten. Die Reaktion von Scheuers Beamten gipfelt in der Einschätzung: „Eine fundierte Prüfung der umfangreich bereitgestellten Akten zum Vergabeverfahren durch den Bundesrechnungshof ist nicht erkennbar.“

In einem Schreiben des Verkehrsministeriums an den Rechnungshof von diesem Freitag weist ein Abteilungsleiter Scheuers darauf hin, dass die Behörde die Pkw-Maut bereits seit dem 11. November 2014 prüfe. Seit Ende November des vergangenen Jahres hätten dem Rechnungshof die Unterlagen für das Vergabeverfahren zur Erhebung vorgelegen.

Ministerium: Bundesrechnungshof hatte viel Zeit für Prüfung

„Die Prüfung zur bestehenden und geplanten Nutzerfinanzierung der Bundesfernstraßen wurde dem Bundesrechnungshof ohne Bericht am 24. Januar 2019 abgeschlossen“, schreibt der Leiter der Zentralabteilung, Reinhard Klingen an die Bonner Behörde.

Mit anderen Worten: Nach Meinung des Ministeriums hatte der Bundesrechnungshof viel Zeit, die Pkw-Maut gründlich zu prüfen und hätte seine Kritik schon ein halbes Jahr vor dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 18. Juni äußern können, mit dem das Projekt schließlich gekippt wurde. Die Behörde verzichtete aber offenbar darauf.

In seinem aktuellen noch unveröffentlichten Bericht zur Pkw-Maut, der in den nächsten Tagen erwartet wird, kritisiert der Rechnungshof das Risikomanagement des Verkehrsministeriums zur Pkw-Maut und das Vergabeverfahren.

Scheuers Beamte hätten das Risiko eines negativen Urteils des EuGH nicht erkannt und berücksichtigt, lautet ein Vorwurf. Auch die Entschädigungsregeln für die Betreiberfirmen seien unüblich und das Ministerium habe nicht alle vergaberechtlichen Vorschriften befolgt.

Kanzlei bewertet Entschädigung als „angemessen“

Um seine Rechtsposition zu untermauern hat das Verkehrsministerium ein Gutachten der Rechtsanwaltskanzlei Linklaters in Auftrag gegeben. Es soll Scheuers frühzeitige Unterschrift unter dem Betreibervertrag stützen: „Das Ministerium war weder verpflichtet, noch war es für das Ministerium zumutbar, die Entscheidung des EuGH abzuwarten, bevor der Zuschlag für den Betreibervertrag erteilt wurde“, heißt es darin.

Alle an der Gesetzgebung beteiligten Organe hätten der Erhebung der Pkw-Maut zu diesem Zeitpunkt zugestimmt. Eine verzögerte Einführung hätte unter anderem zu „erheblichen Einnahmeausfällen“ geführt und den „erfolgreichen Abschluss“ des Vergabeverfahrens gefährdet. Zudem habe der Bund das Risiko einer Ablehnung der Pkw-Maut nach dem bisherigen Prozessverlauf am Europäischen Gerichtshof als gering einschätzen können. Auch die vereinbarten Entschädigungszahlungen an die Betreiberfirmen bewertet die Kanzlei als „angemessen“ und „marktüblich“.

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Minister Scheuer hatte Millionenstrafen für die Mautbetreiber gefordert. Allerdings gibt es auch Vorwürfe, er habe beim Thema PKW-Maut Steuergelder schlicht verzockt. Zudem habe er Beraterkosten aus dem Ruder laufen lassen. Die Opposition hatte einen Untersuchungsausschuss durchgesetzt. (fmg)