Berlin. Der Kanzler tat sich bisher schwer, die brutale Unterdrückung der Proteste im Iran zu verurteilen. Jetzt hat er sich deutlich geäußert.

„Was sind Sie für eine Regierung, die auf die eigenen Bürgerinnen und Bürger schießt?" Mit diesen Worten hat Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) die iranische Führung für ihre brutale Unterdrückung der Menschenrechtsproteste scharf kritisiert und die geplanten neuen Sanktionen verteidigt. "Wer so handelt, muss mit unserem Widerstand rechnen“, sagte Scholz am Samstag in seinem wöchentlichen Internet-Format „Kanzler kompakt“.

„Einzig und allein die iranische Regierung ist verantwortlich für die Gewaltexplosion“, sagte Scholz. Das Land sei Mitglied der UNO und habe sich verpflichtet, die Menschenrechte zu wahren und zu schützen. „Daran messen wir die iranische Führung“, bekräftigte der Kanzler. „Mehr als 300 Tote – reihenweise Todesurteile, mehr als 14.000 Festnahmen“ - kaum jemand in Deutschland könne sich vorstellen, wie viel Mut es verlange, derzeit im Iran für Freiheit und Gerechtigkeit auf die Straße zu gehen, sagte Scholz weiter. Ihn erschütterten die täglichen Bilder.

Deutschland fordere ein „sofortiges Ende der Gewalt“ sowie die Freilassung politischer Gefangener und inhaftierter Journalistinnen und Journalisten. Man sehe, was sich auf den Straßen, in den Hörsälen und in den Gerichtssälen abspiele. „Wir sehen den Kampf für Freiheit und Gerechtigkeit. Und: Wir sehen, dass iranische Drohnen ukrainische Städte angreifen und wie sie töten. All das ist vollkommen inakzeptabel.“

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Iran-Proteste: EU will neue Sanktionen erlassen

Angesichts der brutalen Niederschlagung der seit Wochen anhaltenden Proteste wollen die EU-Außenminister am Montag neue Sanktionen gegen den Iran verhängen. Wegen des gewaltsamen Vorgehens der iranischen Behörden gegen Demonstrierende sollen mehr als 30 Verantwortliche und Organisationen mit Einreise- und Vermögenssperren belegt werden. Lesen Sie auch: Joko und Klaas übergeben Instagram-Accounts an Iranerinnen

Worte allein reichten nicht, „angesichts der Brutalität und Menschenverachtung“. Die EU habe bereits mehrere Sanktionspakete beschlossen. „Nächste Woche sollen weitere Sanktionsmaßnahmen hinzukommen. Wir wollen den Druck auf die Revolutionsgarden und die politische Führung weiter erhöhen.“

Der Iran hatte im Fall von neuen Sanktionen bereits eine „angemessene und entschlossene“ Reaktion angekündigt. „Provokative, interventionistische und undiplomatische Positionen zeugen nicht von Reife und Weisheit“, schrieb der iranische Außenminister Hossein Amir-Abdollahian vor einigen Tagen im Kurzbotschaftendienst Twitter an seine deutsche Kollegin Annalena Baerbock (Grüne) gerichtet.

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"Im Iran findet gerade eine Revolution statt"

Nicht nur Scholz wies die Drohungen Teherans zurück. Auch Grünen-Chef Omid Nouripour nannte sie „unerhört“ und „komplett indiskutabel“. Im ZDF-„heute journal“ sagte Nouripour, die Reaktion des iranischen Außenministers sei „jenseits aller diplomatischer Regularien“ und „empörend“. Doch zeige sie auch, „dass unser Druck sitzt.“ Lesen Sie mehr zum Thema: Iran: 70-Jährige kämpft zum zweiten Mal für eine Revolution

Der kanadisch-iranische Aktivist Hamed Esmaeilion, der viele Auslandsproteste gegen die Führung in Teheran organisiert, forderte noch schärfere Konsequenzen. „Westliche Regierungen müssen begreifen – in Iran findet gerade eine Revolution statt“, sagte er ebenfalls im ZDF. „Sie sollten jegliche Verhandlungen mit dem Regime beenden – auch den Atomdeal.“

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SPD-Chef Lars Klingbeil nannte das Vorgehen der iranischen Sicherheitskräfte gegen die Demonstrierenden „abscheulich“. „Die Proteste, die auch von immer mehr Männern im ganzen Land unterstützt werden, werden brutal niedergeschlagen“, sagte er der „Rheinischen Post“. Menschen würden „verprügelt, gefoltert, eingesperrt, weil sie für Selbstverständlichkeiten auf die Straße gehen“.

Auslöser der derzeitigen Massenproteste war der Tod der jungen Kurdin Mahsa Amini am 16. September. Amini war von der Sittenpolizei festgenommen worden, weil sie ihr Kopftuch nicht ordnungsgemäß getragen haben soll. Sie starb kurze Zeit nach ihrer Festnahme in einem Krankenhaus. Aktivisten werfen den Behörden vor, Amini misshandelt zu haben. (pcl/dpa/afp)

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Dieser Artikel erschien zuerst bei morgenpost.de.