Minsk. In Belarus reißen die Proteste gegen Alexander Lukaschenko nicht ab. Am Samstag gab es wieder Festnahmen – und klare Worte aus Berlin.

Knapp einen Monat nach der mutmaßlich gefälschten Präsidentenwahl in Belarus (Weißrussland) halten die Proteste gegen das Regime von Staatschef Alexander Lukaschenko an. Am Samstag gingen wieder Tausende Menschen auf die Straße – vor allem Frauen. Berichten zufolge waren mindestens 5000 Demonstrantinnen unterwegs. Die Opposition hatte zuvor zum „Marsch der Frauen“ aufgerufen.

Wie auf Bildern in sozialen Netzwerken zu sehen war, zogen sie zu Fuß durch die Hauptstadt Minsk und schwenkten weiß-rot-weiße Fahnen, viele trugen Blumen bei sich. Auch in anderen Städten des Landes protestierten am Samstag viele Frauen. In Minsk waren zudem viele Studierende auf den Straßen, die sich zu einer „Solidaritätsaktion“ zusammengeschlossen hatten.

Proteste in Belarus – Berichte über brutale Festnahmen

Einige sangen friedlich vor den Hochschulen und forderten die Freilassung politischer Gefangener. Das Bildungsministerium kündigte deshalb an, die Kontrollen an den Universitäten zu verstärken. Es gab auch wieder Festnahmen, genaue Zahlen liegen aber nicht vor. Auf Videos ist zu sehen, wie Uniformierte friedlich demonstrierende Studierende brutal in Minibusse zerren. Die Menschenrechtsorganisation Wesna berichtet von mindestens 15 Festnahmen.

Schon am Vortag hatte die Polizei Dutzende Personen mitgenommen. Etwa die Hälfte der Festgenommenen müsse mit einer Strafe rechnen, teilte das Innenministerium mit. Zu Beginn der Proteste nahm die Polizei fast 7000 Menschen fest, danach hielt sie sich weitgehend zurück. Anführerin der Demokratiebewegung ist die Aktivistin Swetlana Tichanowskaja.

Belarus- Hunderttausende demonstrieren erneut gegen Lukaschenko

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    Die 37-Jährige war bei der Präsidentenwahl am 9. August gegen Lukaschenko angetreten, der nach 26 Jahren an der Macht den Sieg mit 80 Prozent der Stimmen für sich beansprucht. Seitdem gibt es mittlerweile seit fast täglich neue Proteste. Tichanowskaja, die nach der Wahl unter Druck der Behörden in das EU-Land Litauen ausreiste, wollte sich am Samstag mit dem Oppositionellen Pawel Latuschko in Vilnius treffen.

    Latuschko gehört dem Präsidium des Koordinierungsrates an, der einen friedlichen Machtwechsel anstrebt. Am Abend war eine Videoschalte geplant, bei der Tichanowskaja Fragen der Belarussen und Belarussinnen beantworten wollte. Unterdessen wurde bekannt, dass Tichanowakajas Vertraute, die prominente Oppositionelle Olga Kowalkowa, ins Nachbarland Polen ausreisen musste. Sie sei von den Behörden in Belarus dazu gedrängt worden, sagte Kowalkowa dem Internetportal tut.by zufolge.

    Die bekannte Oppositionelle Olga Kowalkowa wurde in der offenbar Nacht zur polnischen Grenze gebracht.
    Die bekannte Oppositionelle Olga Kowalkowa wurde in der offenbar Nacht zur polnischen Grenze gebracht. © dpa | Ulf Mauder

    Sie habe dies eigentlich gar nicht beabsichtigt und wolle auch bald wieder nach Minsk zurückkehren. Die 36-Jährige, die ebenfalls im Präsidium des Koordinierungsrates sitzt, sei in der Nacht zum Samstag einfach zur polnischen Grenze gebracht worden, ohne vorher darüber informiert worden zu sein. Von dort aus fuhr sie dann nach Warschau. Kowalkowa war im August festgenommen und musste mehrere Tage in Haft.

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    Angesichts des Machtkampfes in dem osteuropäischen Land drohte auch Bundesaußenminister Heiko Maas mit einer Verschärfung von Strafmaßnahmen gegen Lukaschenko. „Wir erkennen als Europäische Union die Wahl nicht an und haben Sanktionen beschlossen“, sagte der SPD-Politiker „Bild am Sonntag“. „Diese setzen wir jetzt um. Wenn Lukaschenko nicht reagiert, wird es weitere Sanktionen geben.“ Lesen Sie auch: Lukaschenko macht Sohn Nikolai (15) zum Bodyguard

    Maas sagte auch, was er von der Führung in Minsk erwartet: „Ich fordere von Lukaschenko, dass er mit der Opposition verhandelt, dass die Wahl wiederholt wird, dass Lukaschenko sofort damit aufhört, friedliche Demonstranten einzusperren und zu misshandeln, dass er die Menschenrechte und die Pressefreiheit achtet.“ (dpa/küp)

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