Berlin. „Ansaar International“ soll Hilfsgüter gesammelt haben – und damit Terrorgruppen unterstützt haben. Jetzt wurde der Verein verboten.

Die letzte große Spenden-Aktion läuft gerade. Die Organisatoren von „Ansaar International“ riefen ihre Anhänger zum Fastenmonat Ramadan auf, Geld zu sammeln. Für Lebensmittelpakete in Richtung Somalia, Syrien, Palästina – Pakete zum „Fastenbrechen, wo Hungern Alltag ist“. Über ihre Kanäle in den sozialen Netzwerken schreiben die Planer: „Spendet fleißig weiter und wer weiß, vielleicht knacken wir dieses Jahr den Rekord von 2,64 Millionen Ramadan-Speisungen aus dem letzten Jahr.“

Diesen „Rekord“ wird die selbsternannte Hilfsorganisation nicht knacken. Am Mittwoch ließ Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) den Verein verbieten, dazu auch diverse Teilorganisationen, die das Ministerium dem Verein zurechnet. Die Spenden würden „entgegen eigener Angaben nicht nur für humanitäre Zwecke, sondern insbesondere zur Unterstützung terroristischer Organisationen wie Jabhat al-Nusra, Hamas sowie Al-Shabab verwendet“, teilt das Ministerium mit. Ansaar betreibe „aktiv salafistische Missionierung und verbreitet islamistisch-extremistische Inhalte“.

Lesen Sie auch: Straftaten von Extremisten im Corona-Jahr auf Rekordstand

Ansaar: Mehr als 20 Konten eingefroren – rund 800.000 Euro beschlagnahmt

Am Mittwochmorgen durchsuchten Polizisten die Räume der Organisationen in mehreren Bundesländern, darunter Berlin, Hamburg und Nordrhein-Westfalen. Mehr als 1000 Einsatzkräfte waren im Einsatz. Die Polizei beschlagnahmte 150.000 Euro Bargeld. Zudem beschlagnahmten die Ermittler nun insgesamt 23 Konten, darauf: rund 800.000 Euro. Bereits 2019 hatte es Razzien gegen die mutmaßlichen Islamisten gegeben.

„Wer den Terror bekämpfen will, muss seine Geldquellen austrocknen“, sagte Seehofer. Berlins Innensenator Andreas Geisel (SPD) begrüßte das Verbot. „Das Vereinsgeflecht war ein Sammelbecken für Salafisten und Feinde des Staates Israel.“ Auf rund 100 Seiten begründet das Innenministerium das Verbot des Vereinsgeflechts in einer Verfügung.

Über Jahre baute sich „Ansaar“ ein Netzwerk an Vereinen und Helfern auf

Über viele Jahre konnte „Ansaar“ nach Recherchen unserer Redaktion ein Netzwerk aus Vereinen und Spenden-Eintreibern aufbauen, hier und im Ausland. Als Sicherheitsbehörden vor knapp zehn Jahren, weit vor dem Siegeszug der Terrororganisation „Islamischer Staat“, erstmals die salafistische Szene ins Visier nahmen, veranstaltete „Ansaar“ deutschlandweit „Spenden-Galas“, versteigerte Wertsachen für Hilfsprojekte und organisierte Transporte etwa über die Türkei in Richtung Syrien. Bekannt wurde „Ansaar“, weil auch der ehemalige Fußballprofi Änis Ben-Hatira den Verein unterstützte.

Auch interessant: „NSU 2.0“: Vorbestrafter rechtsextremer Mann festgenommen

Aufgrund der Razzien 2019 konnten die Ermittler an wichtige Beweismittel für ein Vereinsverbot gelangen. So liegen den Behörden ungeschnittene und nicht-veröffentlichte Videos vor, in denen Köpfe von „Ansaar“ stolz einen Krankenwagen und medizinische Produkte präsentieren, die sie nach Nordsyrien transportiert haben. Doch was laut Analysen der Polizei auf den Aufnahmen auch zu erkennen ist: Waffen.

Zwar sind die Videos aus dem Jahr 2013, der Hochphase des IS, aber die Ermittler wollen durch die Auswertung von Chats auf Handys der „Ansaar“-Mitglieder weitere Belege für eine Kooperation etwa mit der von der EU als Terrorgruppe eingestuften Hamas gefunden haben.

Empfohlener externer Inhalt
An dieser Stelle befindet sich ein externer Inhalt von X, der von unserer Redaktion empfohlen wird. Er ergänzt den Artikel und kann mit einem Klick angezeigt und wieder ausgeblendet werden.
Externer Inhalt
Ich bin damit einverstanden, dass mir dieser externe Inhalt angezeigt wird. Es können dabei personenbezogene Daten an den Anbieter des Inhalts und Drittdienste übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung

Islamisten und Rechtsradikale arbeiten im Kampf gegen Israel zusammen

Nach Informationen unserer Redaktion konnten die Behörden zudem Geldströme verfolgen und nach eigenen Angaben nachweisen, dass Geld von Banken am Horn von Afrika abgehoben wurde und in Einrichtungen wie Waisenhäuser oder Schulen investiert wurde, die in Gebieten der Terrormiliz Al-Shabaab liegen.

Seit den Razzien hat die Organisation offenbar immer konspirativer agiert. Sogar mit einzelnen Rechtsextremisten sollen sich Mitglieder von „Ansaar“ in Chatgruppen darüber ausgetauscht haben, wie man Konten am besten verschleiern kann – und Geld im Kampf gegen Israel in den Nahen Osten bringen kann. Islamisten und Rechte: geeint im Hass gegen Juden.

Nach eigenen Angaben war „Ansaar“ in Dutzenden Staaten unterwegs, nicht nur in Palästina und Syrien, sondern auch in Ghana, Somalia oder Sudan. Mit teilweise aufwendig gemachten Videos auf Youtube und Live-Berichten aus Nahost und Afrika will die Organisation belegen, dass die Spenden bei den Betroffenen ankämen. Nach eigenen Angaben beliefen sich die Einnahmen durch Spenden des Vereinsgeflechts teilweise in Millionenhöhe.