Die neuen Folgen von „Sex and the City“ spalten die Fans. Die Zeit von Carrie und Co. ist vorbei. Dabei wäre es auch anders gegangen.

Wir mussten dahin, irgendwo in Soho war das. Und die vier, fünf Frauen mit denen ich in New York in einer Unterkunft wohnte, waren total aufgeregt. Jedenfalls pilgerten wir zu dem Haus, wo Carrie Bradshaw in der Serie "Sex and the City" leben sollte. Ich habe es nicht verstanden, habe die Serie damals – 2004 – auch nicht geguckt. Aber die anderen, für sie war das Kult und zu diesem rosa Cupcakeshop mussten wir auch noch.

Annemarie hieß eine von ihnen, also meiner New Yorker Bekannten, sie hatte ein Praktikum bei den Vereinten Nationen gemacht und hoffte auf einen Job im Anschluss. Wir machten alle irgendwelche Praktika. Sie arbeitete im Grunde Tag und Nacht, schrieb auch noch für eine große deutsche Zeitung eine Kolumne über ihre Zeit in New York.

Sex and the City: Ob Angela Merkel jetzt auch schaut?

Annemarie war so überhaupt nicht wie die Frauen aus der Serie – sie war viel lässiger und hatte anständige Schuhe an, mit denen man laufen konnte – und das musste man viel in New York. Jede New Yorkerin hatte immer ein paar Turnschuhe dabei, die sie anzog, sobald sie auf die Straße ging. Trotzdem liebte Annemarie diese Serie. Obwohl sie eigentlich eher eine junge Angela Merkel war – vielleicht ein bisschen überdrehter.

Obwohl wer weiß das schon? Vielleicht guckt Angela Merkel, jetzt, wo sie so richtig viel Zeit hat, die Neuauflage der Serie? Schließlich ist sie an ihrem ersten Tag in Freiheit – nach 5860 Tagen Kanzlerschaft – schon um etwa 8.20 Uhr in ihre Limousine gestiegen, um in ihr neues Büro zu fahren. Vielleicht hat sie dort erst einmal mit ihrer Büroleiterin Beate Baumann die alten Sex-and-the-City-Videokassetten rausgeholt, bei Tee und Keksen Autogramme geschrieben und geschaut?

Heute sehen sie so aus: Die Stars aus „Sex and the City“, hier in den neuen Folgen „And Just Like That“, Carrie (Sarah Jessica Parker M), Miranda (Cynthia Nixon, l) und Charlotte (Kristin Davis) +++ dpa-Bildfunk +++
Heute sehen sie so aus: Die Stars aus „Sex and the City“, hier in den neuen Folgen „And Just Like That“, Carrie (Sarah Jessica Parker M), Miranda (Cynthia Nixon, l) und Charlotte (Kristin Davis) +++ dpa-Bildfunk +++ © dpa | --

And just like that – klingt ziemlich nach dem aktuellen Merkelmotto

"And just like that" – heißt jetzt die Fortsetzung. Klingt irgendwie auch nach einem Merkelmotto: "Und einfach so" ist die Zeit irgendwann vorbei und man muss sich auch nach 16 Jahren Kanzlerschaft wieder in die zweite Reihe stellen.

Die Freundinnen in der Serie laufen immer noch auf hohen Schuhen durch New York und lassen sich über Liebe, Beziehungen und Sex aus. Anfang der 2000er war das offensichtlich eine Art Revolution, Frauen beim Plauschen über Mode, Männer, Freundinnen und Sexpraktiken zuzuhören. Heute muss man nur mal soziale Medienkanäle wie Instagram und TikTok öffnen.

Ist die Serie feministisch, revolutionär, platt oder poppig?

Man kann es sich gar nicht mehr genau erklären, warum die Serie weltweit so ein großer Erfolg war. Die Interpretation reichten von feministisch, revolutionär bis platt und poppig. In der neuen Staffel sind alle 20 Jahre älter. Die Hauptfigur hat jetzt einen Podcast, früher hat sie ihre Kolumne geschrieben. Die Themen sind geblieben, Masturbation und so. Brauchen wir das?

Interessant ist die Serie vor allem, weil die Figuren gealtert sind, alle um die 50 und diese Altersgruppe weiblicher Schauspielerinnen selten große Rollen bekommt. Doch das ändert sich gerade. Weil auch die Produzenten großer Filme und Serien inzwischen weiblich sind. Und weil die drei Hauptdarstellerinnen, ihre Serie gleich selbst produziert haben.

Lesen Sie auch andere Teile der Kolumne Mein Morgenland:

Eine Idee für eine neue Serie: "Ministerinnen in der City"

Hier eine Idee für eine neue deutsche Serie: "Ministerinnen in der City", schließlich besteht das Kabinett von Neu-Kanzler Olaf Scholz gleich zu fünfzig Prozent aus Frauen. Erstmals in der bundesdeutschen Geschichte. Erste Szene: Annalena Baerbock kommt in den Kabinettssaal, trägt ein leuchtend blaues Kleid von Prada, grüne High-Heels von Gucci. Nancy Faeser – in gelbem Chloe-Kostüm – fragt aufgeregt: "Wie bist du an die Schuhe gekommen?"

Steffi Lemke – in schwarzem Chanel-Anzug – stellt sich dazu, nickt bewundernd und sagt: „Annalena, bring mich schnell auf den Stand: Wie war das Treffen mit Putin, was ist mit Nord Stream 2? Und wie war dein Dinner mit Macron, ist er noch mit seiner Frau zusammen?“

Annemarie und ich würden sicher gucken. Mehr Morgenland-Kolumnen lesen Sie hier.