Saarbrücken/Berlin. Auf dem Parteitag der JU im Saarland treten Merz, Spahn und Laschet auf. Und AKK. Ausgerechnet in der Heimat steht sie unter Druck

Hier im Saarland war Annegret Kramp-Karrenbauer Ministerin, war sogar Ministerpräsidentin. Sie feierte im Saarland ihren größten politischen Erfolg. Hier bremste sie mit ihrem Wahlsieg 2017 die SPD, Martin Schulz und ihren „Schulz-Zug“.

Annegret Kramp-Karrenbauer, für alle nur AKK, ist heute CDU-Chefin, sie will Kanzlerin werden. Das Saarland ist ihre Heimat, ihr „Wohnzimmer“, sagt sie. Ausgerechnet hier steht sie auf der Bühne und ist unter Druck wie lange nicht mehr in ihrer politischen Karriere. In Umfragen schneidet AKK nicht gut ab.

An diesem Wochenende traf sich in Saarbrücken die Junge Union, die Jugendgruppe der CDU, zu ihrem Deutschlandtag, eine Art Parteitag. Mit mehr als 100.000 Mitgliedern ist die JU ein Machtfaktor in der Union.

Junge Union fordert Urwahl des Kanzlerkandidaten

Am Freitag stimmte die Mehrheit von 60 Prozent für eine Urwahl: Die Mitglieder der Union sollen über die oder den Kandidaten für die Kanzlerschaft abstimmen. Viele sehen dies als Angriff auf AKK – die als Vorsitzende eigentlich den ersten Zugriff auf das Rennen um die Kanzlerschaft hat.

Bei einer Urwahl aber ist völlig offen, wer kandidiert. Und manche sagen: AKK hätte nicht die besten Chancen. Die CDU-Chefin hatte sich vor dem Treffen der Jungen Union selbst gegen eine solche Urwahl ausgesprochen, genützt hatte es ihr nichts. Es gibt nun wieder ernstzunehmende Konkurrenten.

Wir haben den Kandidaten-Check gemacht:

Annegret Kramp-Karrenbauer – die Kämpferische

AKK tritt auf die Bühne, es ist Sonntagfrüh, der letzte Morgen des Parteitags. Die CDU-Chefin geht nicht hinter das Pult, wie alle Redner vor ihr. Sie greift zum Mikrofon, stellt sich direkt an den Bühnenrand, redet frei, nur einen kleinen Zettel in der Hand. AKK ist im Kämpfer-Modus – das Signal will sie senden.

AKK will ihrer Rede auch den Stempel ihres neuen Ministerpostens aufdrücken. Zuvor musste sie Kritik einstecken, sei gerade in dieser brisanten Zeit zu wenig präsent in der Debatte um die Zukunft der CDU – und zu viel in Auslandseinsätzen.

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    Auch andere Themen streift sie, fordert Abbau der Bürokratie und Investitionen in Technologie – auch für den Klimaschutz. Die Grünen und die SPD kritisiert sie, die AfD nennt AKK den „politischen Arm des Rechtsradikalismus“.

    Nur am Rand geht sie ein auf die Debatte um die Urwahl und die K-Frage. Die Reden der vielen großen Unions-Namen auf dem Treffen der Jungen Union sei ihr zeitweise vorgekommen wie das Schaulaufen bei „Germany’s Next Topmodel“. AKK kommt mit ihrer energischen Rede an bei den Jungen in der Union, erhält Applaus und sogar Standing Ovations – vor und nach ihrer Rede. Ein JU-Mitglied fragt AKK, warum sie Verteidigungsministerin geworden sei, obwohl sie ein Amt im Kabinett ausgeschlossen habe – schließlich gebe es genug in der Union zu tun.

    Als AKK ihre Rede beendet, sagt sie, dass sie nicht mit der JU „kuscheln“ wolle, sondern streiten. Und Kramp-Karrenbauer ruft in den Saal in Saarbrücken: „Aber lasst uns nie vergessen: Der politische Gegner sitzt immer außerhalb unserer Reihen, nie innerhalb.“

    Jens Spahn – der Zurückgeworfene

    Jens Spahn (CDU), Bundesminister für Gesundheit, spricht beim Deutschlandtag der Jungen Union.
    Jens Spahn (CDU), Bundesminister für Gesundheit, spricht beim Deutschlandtag der Jungen Union. © dpa | Harald Tittel

    Der Gesundheitsminister hat es nicht leicht. Zweiter Tag des Parteitags der Jungen Union, 10 Uhr morgens. Vielen im Saal ist der lange Abend noch ins Gesicht geschrieben. Aber die Musik zum Einlauf von Jens Spahn in Richtung Podium soll aufwecken: „Wo hat der Typ bloß seine Power her?“, schallt es zu lauten Bässen.

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      Doch die „Power“ von Jens Spahn will an diesem Tag nicht so recht aufkommen. Er spricht viel von „Zukunft gestalten“ und vom „mutig sein“. Spahn lobt seine digitale Offensive mit der elektronischen Gesundheitskarte. Und er lobt die Junge Union. „Ich werde bald 40. Aber ich werde mich immer als Junge Unionler fühlen.“

      Nur fühlt der Saal nicht so richtig mit, zumindest an diesem Tag. Der Applaus bleibt höflich. Bei der Fragerunde kommt erst keiner aus dem Publikum ans Mikrofon, dann ist auch schon Schluss.

      Markus Söder – der Überraschende

      Markus Söder (l, CSU), Ministerpräsident von Bayern, und Tilman Kuban, Bundesvorsitzender der Jungen Union.
      Markus Söder (l, CSU), Ministerpräsident von Bayern, und Tilman Kuban, Bundesvorsitzender der Jungen Union. © dpa | Harald Tittel

      Der bayerische Ministerpräsident und CSU-Chef nimmt gleich am Anfang den Wind aus den Segeln der stürmischen Debatte um die K-Frage. Wie AKK stellt sich auch Söder gegen eine Urwahl. Und er sagt: „Ich habe meinen Traumjob erreicht.“ Das ist ein leises Signal: Zählt nicht auf mich. Vielleicht ist es aber auch ein Tiefstapeln – um die Position des Überraschungskandidaten noch eine Weile zu halten.

      Mit seiner Rede kommt Söder dennoch gut an bei den Jungen in der Union. Er startet locker, wird dann ernst. „Die Zeit ist keine Zeit zum Jubeln. Das spüren wir.“ Das Attentat in Halle auf eine Synagoge und einen Döner-Imbiss sei ein „historischer Einschnitt“. Mitverantwortung sieht er bei der AfD. Die Partei sei auf dem Weg, die „wahre NPD Deutschlands“ zu werden.

      Der „Deutschlandtag“ hat Junge Union und Söder näher zueinander gebracht. Das kann dem Bayer noch mal nützen.

      Armin Laschet – der Verbindende

      Armin Laschet, Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen.
      Armin Laschet, Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen. © dpa | Harald Tittel

      Nach der Rede des Ministerpräsidenten von Nordrhein-Westfalen wird JU-Chef Kuban sagen, dass Armin Laschet eine „sehr inhaltliche Rede“ gehalten habe. Man kann das auch so übersetzen: Er hat sich gut geschlagen, überrascht mit neuen Positionen, aber das nach knackigen Parolen gierende JU-Publikum nicht zum Schenkelklopfen gepeitscht.

      Laschet geht die Grünen scharf an, wirft ihnen vor, bei der Klimapolitik die „Realität“ aus dem Blick verloren zu haben. Laschet wie kein anderer im Kandidaten-Karussell der Union als Schwarz-Grüner. Bei der JU wirbt er für ein Bündnis mit einer starken FDP.

      Zur Debatte um die K-Frage und die Kritik an AKK schweigt Laschet. Stattdessen mahnt er zur Geschlossenheit der Schwesterparteien CDU und CSU. Und er ruft die Junge Union zur Hilfe auf. Die jungen Männer und Frauen im Saal verabschieden ihn mit „Armin! Armin“-Rufen.

      Friedrich Merz – der Rückkehrer

      Friedrich Merz (l, CDU), Vizepräsident des Wirtschaftsrats der CDU.
      Friedrich Merz (l, CDU), Vizepräsident des Wirtschaftsrats der CDU. © dpa | Harald Tittel

      Den Moment, in dem sich Friedrich Merz nach seiner Niederlage gegen AKK im Rennen um den CDU-Vorsitz zurückmeldet auf der politischen Agenda, begießt er mit einer Flasche Bier. JU-Chef Tilman Kuban steht neben ihm, bestellt auf Anregung von Merz zwei Pullen. Und der Saal in Saarbrücken johlt: „Oh, wie ist das schön! So schön!“

      Erst vor Tagen war klar: Merz kommt. Der Ex-Fraktionschef der CDU hatte mit Kuban telefoniert, kurzfristig setzt er Merz auf die Rednerliste. Als Auftakt, Freitagabend, Parteitags-Prime-Time.

      Merz, ein Konservativer und Wirtschaftsnaher. Die JU, früher links, heute rechts von der Merkel-CDU. Das passt. Und das spürt der Saal.

      Merz hebt in seiner Rede hervor, Europa müsse künftig ein Gegengewicht zu China und den USA bilden. Und er sagt, dass Deutschland als tolerantes Land vor allem eines nicht tolerieren dürfe: Intoleranz. „Die Tat von Halle steht nicht allein, sondern gibt eine Stimmung wieder, die in Teilen unserer Bevölkerung um sich greift.“

      Es gab auch Kritik aus den eigenen Reihen an JU-Chef Kuban, dass er Merz diese Bühne gegeben habe. So sei der ebenfalls als Kanzlerkandidat gehandelte Daniel Günther aus Schleswig-Holstein nicht auf der Bühne aufgetreten. Es ist nur ein kurzer Zwischenruf im großen Merz-Rausch am ersten Abend der Jungen Union.