Koblenz. Ein 58-Jähriger ist in Koblenz wegen Staatsfolter in Syrien zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Es war ein einzigartiger Prozess.

Ein 58 Jahre alter Mann ist im Prozess um staatlich verordnete Folter in Syrien zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt worden. Das entschied das Oberlandesgericht in Koblenz am Donnerstag. Es handelte sich nach Angaben der Bundesanwaltschaft um den weltweit ersten Strafprozess um Staatsfolter in dem vom Bürgerkrieg nach wie vor gezeichneten Land. Der Verurteilte hatte früher als Vernehmungschef in einem syrischen Geheimdienst-Gefängnis gearbeitet.

Der Angeklagte Anwar R. im Gerichtssaal in Koblenz.
Der Angeklagte Anwar R. im Gerichtssaal in Koblenz. © dpa

Anwar R. hatte sich nach Ansicht des Gerichts der Verbrechen gegen die Menschlichkeit schuldig gemacht. Er selbst hatte sich im Verfahren als unschuldig bezeichnet. Seine Verteidiger hatten auf Freispruch plädiert. Mit dem Urteil endet ein langwieriger Prozess. Er hatte im April 2020 begonnen und 108 Verhandlungstage gedauert. Das Verfahren mit mehr als 80 Zeugen sowie mit einer Reihe von Folteropfern als Nebenkläger hatte international Aufsehen erregt.

Syrien: R. soll für Folter von mindestens 4000 Menschen verantwortlich gewesen sein

Nach Überzeugung des Koblenzer OLG-Staatsschutzsenats hatte Anwar R. 2011 und 2012 in der Anfangsphase des syrischen Bürgerkrieges Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen. Der 58-Jährige sei in einem Gefängnis des Allgemeinen Geheimdienstes in der syrischen Hauptstadt Damaskus als Vernehmungschef für die Folter von mindestens 4000 Menschen verantwortlich gewesen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Die Bundesanwaltschaft hatte lebenslange Haft und die Feststellung der besonderen Schwere der Schuld gefordert, was eine Haftentlassung nach 15 Jahren nahezu ausgeschlossen hätte. (fmg/dpa)

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