Berlin. Die Bundesregierung macht erneut das Portemonnaie auf, um die Auswirkungen des Krieges abzufedern. Wer davon jetzt profitieren soll.

Das hatte Christian Lindner sich anders vorgestellt. Eigentlich war der Finanzminister angetreten, um zwischen den aus FDP-Perspektive eher spendierfreudigen Koalitionspartnern für Haushaltsdisziplin in der Ampel zu sorgen. Doch Russlands Angriffskrieg auf die Ukraine hat diesen Plan zunichtegemacht. Sehr viele Menschen in Deutschland brauchen jetzt Unterstützung, in Form von Geld. Und so schnürt die Bundesregierung auch in dieser Woche wieder Hilfspakete. Wer jetzt was bekommen soll:

Hartz IV für Geflüchtete

Ab dem 1. Juni sollen Menschen, die aus der Ukraine nach Deutschland geflohen sind, die staatliche Grundsicherung erhalten, also die gleichen Leistungen wie etwa Hartz-IV-Empfänger. Das beschloss am späten Donnerstagabend die Ministerpräsidentenkonferenz. Für geflüchtete Ukrainerinnen und Ukrainer in Deutschland bedeutet das mehr Geld. Für Alleinstehende zum Beispiel 449 Euro statt den 367 Euro, des es bislang nach dem Asylbewerberleistungsgesetz wären. Außerdem wird für sie der Zugang zum Gesundheitssystem und zu Integrationsleistungen leichter.

Bundeskanzler Olaf Scholz nannte die Entscheidung „folgerichtig“. Denn auch anerkannte Asylbewerber hätten Anspruch auf Grundsicherung. Ukrainische Geflüchtete haben diese Anerkennung, ohne ein Asylverfahren durchlaufen zu müssen, weil die Europäische Union für sie erstmals die sogenannte Massenzustrom-Richtlinie aktiviert hat. „Was wir hier machen, ist eine Gleichbehandlung“, sagte deshalb Scholz.

„Es ist absolut richtig, dass Geflüchtete aus der Ukraine ab Juni in die normale Sozialhilfe eingegliedert werden sollen“, sagte Wiebke Judith, rechtspolitische Expertin bei der Menschenrechtsorganisation Pro Asyl dieser Redaktion. Sie kritisiert aber, das dies nur für Ukrainerinnen und Ukrainer gilt. Die niedrigen Leistungen und mangelnde Gesundheitsversorgung, nach dem Asylbewerberleistungsgesetz seien ein grundsätzliches Problem für alle Schutzsuchenden in Deutschland, sagt Judith. „Diese Benachteiligung gehört abgeschafft.“

Ukraine-Krieg: Unterstützung für Bundesländer

Die Länder Zwei Milliarden Euro insgesamt hat der Bund angekündigt zur Unterstützung bei der Aufnahme der Menschen aus der Ukraine, ein großer Teil geht an die Länder. Eine Milliarde Euro soll zur Verfügung stehen für die Aufwendungen, die durch die Integration etwa in Kitas oder Schulen entstehen. 500 Millionen Euro sind eingeplant für die bereits entstandenen Kosten. Ausgezahlt wird das Geld über einen erhöhten Anteil der Länder an der Umsatzsteuer.

Für jene Bundesländer, von denen aus derzeit ukrainische Geflüchtete weiter ins Bundesgebiet verteilt werden, soll es noch weitere Kompensationen geben. Deren Höhe steht aber noch nicht fest.

Die Kommunen 500 Millionen Euro von den zwei Milliarden des Bundes gehen direkt an die Kommunen – zur Unterstützung bei den Kosten der Unterbringung der Menschen. Ebenso wie die Länder profitieren die Kommunen außerdem davon, dass die Ukrainerinnen und Ukrainer künftig Grundsicherung beziehen. Damit ist der Bund für den Lebensunterhalt der Menschen zuständig.

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Die kommunalen Spitzenverbände zeigten sich deshalb recht zufrieden mit den Ergebnissen, forderten am Freitag aber eine schnelle Umsetzung. „Die Städte warten darauf, dass sich die Abläufe verbessern und eine Verteilung gelingt, die den Kapazitäten und Möglichkeiten vor Ort besser gerecht wird“, sagte Markus Lewe, Präsident des Deutschen Städtetages und Oberbürgermeister von Münster, unserer Redaktion.

Entlastungen für Verbraucher

Schon zwei große Entlastungspakete hat die Bundesregierung für Privatpersonen auf den Weg gebracht. Der Bundestag beriet am Freitag in erster Lesung über das Steuerentlastungsgesetz, mit dem der Grundfreibetrag, der Arbeitnehmerpauschbetrag und die Pendlerpauschale erhöht werden sollen.

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Sanktionen: Hilfe für Unternehmen

Auch deutschen Firmen, die direkt von den Sanktionen gegen Russland betroffen sind, soll geholfen werden. Finanzminister Lindner und Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) stellten am Freitag gemeinsam ein entsprechendes Paket vor. Unter anderem soll ein bis zu sieben Milliarden schweres KfW-Kreditprogramm „aller Größenklassen“ über Liquiditätsengpässe hinweghelfen.

Nachweislich vom Krieg betroffene Betriebe sollen – ähnlich wie bei der Corona-Pandemie – Bund-Länder-Bürgschaften nutzen können. Außerdem bereitet die Bundesregierung ein Programm vor, bei dem Unternehmen, die besonders unter den hohen Energiekosten leiden, Zuschüsse erhalten.

„Eine Art wirtschaftspolitischen Stoßdämpfer“ sollen die insgesamt fünf Maßnahmen darstellen, sagte Lindner. Er warnte aber auch: Alle Härten kann und will die Bundesregierung nicht abfedern.

Nach Ansicht des Bundesverbands mittelständische Wirtschaft (BVMW) sind die Pläne „gut, aber nicht gut genug“, wie der Bundesvorsitzende Markus Jerger dieser Redaktion sagte. „Es geht für viele unserer Mittelständler nach zwei Jahren Pandemie sowie aktuell Sanktionen und Embargos schlicht um das wirtschaftliche Überleben“, mahnte Jerger. Er forderte einen Eigenkapitalfonds und die Umwidmung des Wirtschaftsstabilisierungsfonds als weitere Unterstützungsmaßnahmen.

Dieser Artikel ist zuerst auf waz.de erschienen