Berlin . Offenbar bereiten sich russische Truppen im Osten Moldawiens auf Krieg vor. Ukraines Nachbar passt zum Beuteschema von Kremlchef Putin.

Niemand erwartet, dass Kremlchef Wladimir Putin den Ukraine-Krieg beendet oder begrenzt und sich mit einer Teilung des Landes begnügt, mit der so genannten koreanischen Lösung. Die Welt rätselt darüber, was wohl Putins nächster Schachzug sein wird.

Ukraine-Krieg – Moldawien passt zu Putins Beuteschema

Der Generalstab in Kiew beobachtet, dass die in Transnistrien stationierten russischen Truppen sich auf Kämpfe vorbereiten. Transnistrien ist eine Region, die sich von Moldawien losgelöst hat. Springt der Militärkonflikt in der Ukraine auf den Nachbarstaat über?

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Dort wächst von Woche zu Woche die Angst vor einer russischen Invasion. Dass sie geteilt wird, zeigte Anfang Mai der Besuch des Präsidenten des Europäischen Rates, Charles Michel. Er sagte dem kleinen Land die Unterstützung der EU zu – auch und gerade militärisch.

Ukraine-Krieg – Hintergründe und Erklärungen zum Konflikt

Anfang März beantragte das Land eine EU-Mitgliedschaft. Moldawien ist außenpolitisch neutral und gehört nicht zur Nato. Es stünde bei einem Angriff Russlands schutzlos da. Es passt perfekt zu Putins Beuteschema:

  • Ähnlich wie die Ukraine ist die moldawische Gesellschaft in zwei Lager gespalten: Pro Russland oder pro Europa. Das ist kulturell verständlich; dort leben mehr Russen als Moldawier. Putin könnte argumentieren, dass er den bedrängten Landsleuten zur Hilfe eile.
  • Auch Moldawien gehörte einst zur Sowjetunion, deren Zusammenbruch Putin als "Tragödie" bezeichnet hat.
  • Wie in der Ostukraine gibt es Separatisten, die sich östlich des Flusses Dnister mit russischer Hilfe in Transnistrien für unabhängig erklärt haben. Ein früherer Militärkonflikt gilt als eingefroren. Zur Sicherheit sind auf dem an die Ukraine grenzenden Gebiet rund 1500 russische Soldaten stationiert.

Putins nächster Schachzug: Landbrücke bis Transnistrien?

Wenn Russland den Osten der Ukraine erobert und einen Landzugang zur Krim herstellt, dann wäre es naheliegend bis Odessa vorzustoßen und weiter – wie bei der Krim – eine Landbrücke bis Transnistrien zu schaffen. Das macht strategisch Sinn; es würde den Nachschub und die Versorgung erleichtern.

Nachdem ein russischer General genau das angekündigt hat, nehmen die Spannungen in Moldawien zu. Zuletzt wurden Explosionen in Grenznähe zur Ukraine gemeldet.

Der Kiewer Geheimdienst vermutet, dass "Zwischenfälle unter falscher Flagge" in Transnistrien das Ziel haben, Unruhe zu schaffen und die Ukraine zu verunsichern. Sie soll ihre Streitkräfte im nahen Odessa belassen, sodass sie nicht andere Operationen unterstützen zu können. Von Transnistrien bis Odessa sind es rund 150 Kilometer.

Wenn die Analyse zutrifft, wonach die russischen Streitkräfte in Transnistrien sich "inmitten der Vorbereitungen für den Kampf" befinden, sind drei Gründe denkbar: Tatsächlich ein Vorstoß Richtung Odessa, ein Täuschungsmanöver oder doch ein Angriff – zusammen mit schätzungsweise 10.000 bewaffneten Separatisten – auf Moldawien.

Dieser Artikel erschien zuerst auf www.waz.de.