Moskau. Ein Söldner der Kampfgruppe Wagner ist offenbar nach Norwegen geflohen. Wagner-Chef Jewgeni Prigoschin interpretiert die Flucht anders.

Es scheint ein herber Schlag zu sein für die private Söldnergruppe „Wagner“. Erstmals ist wohl einer ihrer ehemaligen Kommandeure ins Ausland geflohen. „Wagner“-Truppen kämpfen in der Ukraine an vorderster Front. Gerade eben hatte man mit der von Kiew dementierten Einnahme der Stadt Soledar im Gebiet Donezk einen Erfolg für sich reklamiert.

Der Ex-Söldner Andrej Medwedew überquerte illegal die Grenze zu Norwegen und bat die Behörden des Landes, ihm politisches Asyl zu gewähren, so Wladimir Osechkin, der Gründer des Gulagu.net-Projekts. Medwedew und ein „Kamerad“, dessen Name und Beruf nicht genannt wird, hätten sich im Dezember 2022 an Gulagu.net gewandt, so Osechkin. Sie baten um Hilfe. Geflohen aus Russland sei Medwedew in der Nacht vom 12. Januar „unter dem Gebell von Wachhunden und Schüssen von FSB-Grenzschutzbeamten.“ In Norwegen angekommen, habe er einen Anwohner gebeten, die Polizei zu rufen.

Wagner-Söldner soll Asyl in Norwegen beantragt haben

Über den Vorfall berichtete auch das norwegische Online-Medium NRK. „Der Mann wurde von einer Grenzpatrouille der norwegischen Streitkräfte und der Polizei festgenommen. Der Mann hat in Norwegen Asyl beantragt, sagt der Stabschef des Polizeibezirks Finnmark, Tarjei Sirma-Tellefsen“, zitiert NRK aus einer Pressemitteilung. Nach Medwedew Aussagenschickten ihn die norwegischen Behörden in ein Migrantenzentrum in Oslo. Die norwegische Einwanderungsbehörde UDI bestätigte der Nachrichtenagentur AP, dass Medwedjew einen Asylantrag gestellt habe.

Laut Gulagu.net unterzeichnete Andrej Medwedew Anfang Juli 2022 einen Vertrag mit dem „Wagner“-Gruppe und floh vier Monate später aus den Wagner-Kampfstellungen. Er habe eine der Abteilungen der Truppe kommandiert und während seines Dienstes mehrere Morde an seinen Kollegen miterlebt. In Oslo sei er bereits von einem Ermittler besucht und befragt worden. Eine offizielle Bestätigung seitens der norwegischen Behörden dazu gibt es bislang nicht. In einem Video, das auf Social Media kursiert, soll sich Medvedev selbst zu Wort melden.

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Wagner-Chef behauptet: Söldner soll in norwegischer Gruppe arbeiten

Immerhin reagierte Jewgeni Prigoschin, Chef der Söldnergruppe „Wagner“, auf die Meldungen. Auf Anfrage einer norwegischen Zeitung bestätigte Prigoschin indirekt, dass sich Medwedew in Norwegen aufhält. „Ja, tatsächlich, Andrei Medwedew arbeitete im norwegischen Bataillon von ‚Wagner‘, das Nidhogg heißt, da er die norwegische Staatsbürgerschaft hatte.“ Seltsam: Als norwegischer Staatsangehöriger müsste Medwedew kein Asyl beantragen. Und von einem norwegischen Bataillon der „Wagner“-Gruppe ist bislang nichts bekannt.

Prigoschin jedenfalls sagte in seinem Pressedienst, zitiert in Online-Medien, Medwedew hätte Gefangene misshandelt, ihm sei daher in Russland eine strafrechtliche Verantwortlichkeit angedroht worden sei. Und weiter: „Detaillierte Materialien sind im Sicherheitsdienst von PMC ‚Wagner‘ erhältlich und für die Weitergabe an russische Strafverfolgungsbehörden vorbereitet. Bisher stand er auf der Fahndungsliste. Seien Sie vorsichtig, er ist sehr gefährlich.“

Laut dem Online-Medium „Medzua“ hingegen erklärt Medwedew die Gründe für seine Flucht so: „Ich war in Gefahr. Die Gefahr war, dass ich gefangen genommen würde, sie würden mich töten, mich erschießen.“ Noch gibt es viele Ungereimtheiten im Fall Medwedew. Stimmen allerdings dessen Angaben, kann man auf seine Aussagen vor den norwegischen Behörden gespannt sein.

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