Berlin . Kein Sprit, kein Vormarsch. Laut ukrainischen Quellen errichten russische Truppe eine provisorische Pipeline. Sie lernen aus Fehlern.

Bereits vor drei Wochen zeigten Satellitenbilder einen über 60 Kilometer langen russischen Militärkonvoi nordwestlich von Kiew. Der damals befürchtete Sturm auf Ukraines Hauptstadt blieb aus. Die Fahrzeuge sind immer noch da – nur kommen sie nicht voran.

Pipeline: Riesiges Land, riesige Logistikprobleme

Warum? Weil sich die Soldaten sammeln? Möglich. Es gibt aber eine banale Erklärung: die Logistik, die mangelnde Versorgung mit Treibstoff.

"Die russischen Truppen bauen gerade eine Pipeline von Belarus nach Kiew", behauptet der Militärwissenschaftler Severin Pleyer vom German Institute for Defense and Strategic Studies, einer Denkfabrik der Führungsakademie der Bundeswehr und der Helmut-Schmidt-Universität.

Nach dieser Lesart erholt sich die Logistik vom Initialschock. Russlands Vorstellung, die ukrainische Regierung handstreichartig abzusetzen, ist gescheitert. Ein Blitzsieg war die Annahme der russischen Militärplanung.

Nun erweist sich die Versorgung im flächenmäßig größten Land – fast 604.000 Quadratkilometer – auf dem europäischen Kontinent als Herausforderung. Immer wieder tauchen in sozialen Netzwerken Bilder von liegengebliebenen russischen Fahrzeugen auf. Die Versorgungsengpässe zu lösen, ist eine Lehre aus den Fehlern der ersten Kriegswochen.

Spritverbrauch im Ukraine-Krieg: 250 Liter auf 100 Kilometer

Die Vorstellung eines Pipeline-Baus mutet erst einmal skurril an, in gewisser Weise auch beängstigend; man ahnt, dass die Russen in langen Zeitdimensionen denken. Allerdings liegt Kiew von der weißrussischen Großstadt Gomel an der Grenze nicht mal 250 Kilometer entfernt. Die Pipeline dürfte an der belarussisch-ukrainischen Grenzen starten und dann auf geradem Wege Richtung Großraum Kiew verlegt werden. Der genaue Verlauf ist unklar.

Militärexperte Pleyer hat seine Informationen aus dem US-Militärblog "Ukraine Fog of War", den er als verlässlich betrachtet. Der kann sich wiederum nur einseitig auf das ukrainische Militär beziehen, weil Russland wenig kommuniziert, schon gar nicht: Probleme.

Benzin: Tanklastwagen geben leichte Ziele ab

Auf YouTube kann man sehen, wie Militärs in dem von ihnen besetzen Territorium schmale Metallröhren über Land verlegen. Über eine solche provisorische Pipeline wäre es einfacher, Diesel zu transportieren als mit Tanklastwagen, die obendrein leichtere Ziele für ukrainische Angreifer abgeben.

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Allein der russische Kampfpanzer T-72 verbraucht auf 100 Kilometer rund 250 Liter Diesel, Benzin oder Kerosin. Sein Tank hat ein Fassungsvermögen von fast 1600 Liter. Dazu kommen kleine Panzer, gepanzerte Fahrzeuge, Mannschafts- und Lastwagen. Da ahnt man, wie groß der Bedarf sein muss und wie viele Tanklastwagen jeden Tag unterwegs sein müssen, damit die Russen nicht buchstäblichen liegen bleiben.

Ukraine-Krieg – Hintergründe und Erklärungen zum Konflikt

Die Versorgung ist in diesem Krieg eine gewaltige Aufgabe. Das gilt erst recht, wenn die "Spezialoperation" von Russlands Präsident Wladimir Putin sich noch länger hinziehen sollte oder die Frontlinien eingefroren werden. In diesem Szenario ergibt sogar der Aufbau eigens einer Pipeline viel Sinn.

Dieser Artikel erschien zuerst auf www.waz.de.