Berlin. Die US-Wahl ist nicht entschieden. Doch Präsident Donald Trump will nicht abwarten – und kürt sich vorab zum Sieger. Eine Anmaßung.

Was für eine dramatische Wahlnacht in Amerika. Wer geglaubt hat, US-Präsident Donald Trump sei nach vier chaotischen Jahren und über 230.000 Corona-Toten bei den Wählern abgemeldet, hat sich getäuscht.

Auch wenn zu diesem Zeitpunkt weder eine endgültige Wahlmänner-Zahl noch ein offizielles Endergebnis vorliegen, kann man zwei Dinge festhalten. Erstens: Die Trump-Anhänger stehen. Sie glauben immer noch an ihn. Und zweitens: Dass Trump sich noch vor Auszählung aller Stimmen zum Wahlsieger kürt, ist eine monströse Anmaßung.

US-Wahl: Donald Trump versündigt sich am American Spirit

Jörg Quoos kommentiert die dramatische Wahlnacht – mit noch ungewissem Ausgang. Aber klar ist: Donald Trump will eine Niederlage nicht akzeptieren.
Jörg Quoos kommentiert die dramatische Wahlnacht – mit noch ungewissem Ausgang. Aber klar ist: Donald Trump will eine Niederlage nicht akzeptieren. © Privat | Privat

Er hatte bereits angekündigt, eine Niederlage nicht zu akzeptieren, weil sie angeblich nur mit Wahlbetrug zu erreichen sei. Jetzt macht er diese historische Drohung wahr und will erreichen, dass Stimmen der Briefwähler nicht zählen.

Lesen Sie dazu: Amtliches Endergebnis: Jetzt kommt es auf die Briefwähler an

Donald Trump versündigt sich mit diesem Verhalten am American Spirit. An der uramerikanischen Geschichte, die tausendfach in immer neuen Varianten erzählt ist: Der Mutige triumphiert am Ende mit fairen Mitteln.

Aber Trump ist kein ehrlicher Sieger. Er spielt unfair. „Grab her by the pussy“, riet er einmal Kumpels für den Umgang mit Frauen. Die amerikanische Demokratie behandelt er nicht viel besser.

Donald Trump ist erst dann Präsident, wenn die Stimmen ausgezählt sind. Wenn er zum zweiten Mal eine Mehrheit der Wahlmänner wirklich hinter sich hat. Hat er sie am Ende, dann müssen ihm seine Gegner im In- und Ausland aufrichtig eine zweite Chance geben.

Lesen Sie mehr: Welche Wahlversprechen Trump gehalten hat – und welche nicht

Joe Biden – ein schwaches Angebot an die Wähler

Dann wird man auch feststellen, dass es vielleicht ein historischer Fehler war, auf den seriösen, aber müden 77-jährigen aus Pennsylvania zu setzen. Joe Bidens größte Stärke ist, dass er nicht Donald Trump ist. Das war doch erschreckend wenig Angebot für eine Nation, für die die Zukunft schon immer faszinierender als die Vergangenheit war.

Lesen Sie hier: Präsident Joe Biden? Wie das die US-Politik verändern würde

Bis dahin aber werden Gerichte ein geordnetes Ende der Wahl sichern müssen. Bleibt zu hoffen, dass dies gelingt und dass es im Land friedlich bleibt.