Washington. Im US-Bundesstaat Florida hat Gouverneur Ron DeSantis den Disney-Konzern abgestraft. Hintergrund ist ein umstrittenes Anti-LGBT-Gesetz.

80.000 Angestellte, Vergnügungsparks, die Milliarden Dollar in die Bundesstaats-Kassen spülen und aus ganz Amerika Millionen Menschen Jahr für Jahr für ein paar Tage in den Südosten ziehen - im US-Bundesstaat Florida ist der für Mickey Mouse und andere Comic-Giganten bekannte Disney-Konzern mehr als ein normaler Arbeitgeber.

Das Unternehmen genießt seit über 50 Jahren pseudo-feudal anmutende Selbstverwaltungsrechte, zu denen auch das Eintreiben von Steuern gehört. Sie machen das „Magic Kingdom” zum Staat im Staat.

Florida: Ron DeSantis gegen Disney

Auf Betreiben des republikanischen Gouverneurs Ron DeSantis, der mit einer Präsidentschaftskandidatur 2024 gegen Donald Trump liebäugelt, werden diese Privilegien gerade vom Kongress in der Hauptstadt Tallahassee brutal geschleift.

Die Abstrafaktion dominiert seit Tagen die Hauptnachrichten-Sendungen. Denn Disney hat sich im Land der verfassungsmäßig garantierten Meinungsfreiheit den Zorn des Gouverneurs zugezogen, weil das Unternehmen gegen den jüngsten Feldzug der Konservativen im Kulturkrieg gegen alles, was links und liberal anmutet, unüberhörbar aufgemuckt hat.

Gesetz in Florida: Verbot von LGBTQ-Aufklärung an Schulen

Konkret: In Floridas Kindergärten und Schulen laufen Lehrerinnen und Lehrer sowie Erzieherinnen und Erzieher seit Kurzem real Gefahr, verklagt zu werden, wenn sie in welcher Form auch immer über sexuelle Orientierungen und Geschlechter-Identität sprechen.

De facto reicht es aus, dass Lehrpersonal in gleichgeschlechtlichen Beziehungen lebt und offen darüber spricht. Oder dass Kinder von schwulen oder lesbischen Erziehungsberechtigten aus ihrem Alltag berichten. Schon könnten argwöhnische Eltern nach dem neuen „Parental Rights in Education Act” (kurz HB 1557) vor den Kadi ziehen und versuchte Indoktrinierung beklagen.

Das bewusst vage formulierte Gesetz wird in ultrakonservativen Kreisen weit über Florida hinaus als Bollwerk gegen die „woke” (gleich: aufgeklärte, erwachte) Gesinnung des linksliberalen Amerika empfunden. Präsident Joe Biden sieht hingegen vor allem betroffene Kinder als „Opfer einer auf Ausgrenzung und Tabuisierung angelegten Politik”.

Disney-Boss Chapek will Anti-LGBTQ-Gesetz kippen

Nach anfänglichem Zögern und wütenden Protesten aus seiner höchst diversen Belegschaft positionierte sich auch Disney-Boss Bob Chapek gegen das Gesetz. Er stoppte sämtliche politischen Spenden in Florida. Und ließ durchblicken, dass er alles unternehmen wolle, um das im Volksmund als „Don't Say Gay”-Gesetz bekannte Paragrafenwerk (Sag nicht schwul) zu kippen. Außerdem ließ er fünf Millionen Dollar an Organisationen überweisen, die sich für Homosexuelle und trans Menschen engagieren.

Chapeks Wort hat in Florida Gewicht. Zu viel Gewicht, befand DeSantis und startete die Retourkutsche; angefeuert von mächtigen Meinungsmachern wie Laura Ingraham und Tucker Carlson vom rechtspopulistischen TV-Sender Fox News.

Ron DeSantis entzieht Disney Sonderrechte

An seine Parteikollegen im Parlament erging der Auftrag, „Sonderbezirke”, die vor 1968 durch den Kongress in Tallahassee etabliert worden waren, aufzulösen. Darunter auch den „Reedy Creek Improvement District”.

In dem rund 100 Quadratkilometer großen Areal, in dem auch der große Disney-Vergnügungspark in Orlando residiert, agiert Disney wie eine Gebietskörperschaft. Man erhebt Steuern, regelt Abwasser und Müllabfuhr für die Bürger. Auch die Feuerwehr wird von Disney organisiert. Dafür gibt es Steuervergünstigungen in dreistelliger Millionenhöhe. All das soll nun gekippt werden. Mickey Mouse springt im Dreieck.

Dieser Artikel erschien zuerst auf waz.de.