Washington. In den USA wurde ein Biker-Festival zum Superspreader-Event, das für viele Neuinfektionen sorgte. Das lag vor allem am Fehlverhalten.

  • Nirgends auf der Welt grassiert das Coronavirus so sehr wie in den USA
  • Jeden Tag werden Zehntausende Neuinfektionen gemeldet
  • Ein Beispiel aus dem Bundesstaat South Dakota zeigt jetzt, welche Gefahr von sogenannten Superspreader-Events ausgeht
  • Laut einer Studie sorgte das Festival für Zehntausende Corona-Neuinfektionen

Trotz Coronavirus-Warnungen war das legendäre Motorrad-Treffen in Sturgis im US-Bundesstaat South Dakota auch bei der 80. Auflage ein Publikumsrenner.

Rund 460.000 Biker aus allen Regionen Amerikas kamen vom 7. bis 16. August in der staubigen 7.000 Einwohner-Stadt am Fuße der Black Hills zu Bier, Barbecue und Boogie Woogie zusammen – und sich dabei offenbar zu nah.

Eine von vier Wissenschaftlern aus Kalifornien, Colorado und Massachusetts unter dem Dach des Forschungsinstituts zur Zukunft der Arbeit (IZA) in Bonn vorgelegte Studie bescheinigt dem Mekka der Harley-Davidson-Fans eine Virusschleuder ersten Grades gewesen zu sein.

Biker-Festival in Sturgis: Kein Abstand, keine Masken

Danach ist Sturgis für rund 260.000 Neuinfektionen verantwortlich, knapp 20 % der rund 1,4 Millionen Corona-Fälle, die in Amerika allein zwischen dem 2. August und dem 2. September registriert wurden.

Bei ihren in San Diego gebündelten Untersuchungen haben sich die Gesundheitsökonomen Dhaval Dave, Andrew I. Friedson, Drew McNichols und Joseph J. Sabia nach eigenen Angaben auf anonymisierte Handyortungsdaten der Firma SafeGraph gestützt, die den Aktionsradius der Sturgis-Besucher rekonstruierbar machen. Wie Videos beweisen, hatten die Teilnehmer fast durchweg auf Atemschutzmasken und Regeln des sozialen Abstandhaltens verzichtet.

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Motorrad-Treff wird zum Superspreader: Enorme Kosten für Gesundheitssystem

Durch die Infektionen seien dem US-Gesundheitssystem Behandlungskoste n in der Größenordnung von rund zwölf Milliarden Dollar entstanden, schlussfolgern die Forscher.

Sie bestätigen damit nachträglich die Sorge von rund 60 % der Einwohner in Sturgis, die sich im Frühsommer gegen die Ausrichtung des Festivals ausgesprochen hatten. Aus Angst, das ökonomisch sehr wichtige Ereignis könnte, wie die US-Seuchenschutzbehörde CDC frühzeitig warnte, ein Nährböden für “super spreader” werden. Sprich: Dass sich dort in kurzer Zeit viele Menschen anstecken und das Virus nach Rückkehr in ihre Heimatstädte an Dritte weitergeben könnten.

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Republikanische Gouverneurin widerspricht Studie

South Dakotas republikanische Gouverneurin Kristi Noem hielt die Risiken für vertretbar, warnte vor Alarmismus und bezeichnete die Studie gestern in Stellungnahmen barsch als „Fiktion und keine Wissenschaft”. US-Medien, die am Dienstagabend fast flächendeckend berichteten, kritisierte sie als verantwortungslos. Sie erinnerte daran, das bislang erst ein Corona-Todesopfer nachgewiesen sei, das sich eindeutig mit Sturgis in Verbindung bringen lasse. Noems Botschaft: Die Zahl 260.000 sei völlig übertrieben und fachlich nicht haltbar.

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    Dagegen hatten in der vergangenen Woche Gesundheitsämter in mindestens acht Bundesstaaten (South Dakota, North Dakota, Minnesota, Montana, Nebraska, Washington State, Wisconsin und Wyoming) Corona-Fälle bestätigt, die in Sturgis ihren Ursprung hatten.

    Die Verantwortlichen der IZA-Studie betonen, dass Sturgis die Bündelung vieler „Worst-Case-Szenarios” darstellte: mehrtägiges Ereignis, viele Menschen eng aufeinander, darunter eine große Zahl von Zugereisten und eine allgemein schwache Regelbefolgung bei empfohlenen Gegenmaßnahmen wie dem Gebrauch von Schutzmasken.