Lima. Den Lehrer aus dem Norden hatte niemand auf dem Zettel. Doch mitten in einer tiefen Krise lässt der Sozialist so manches Schwergewicht in Peru hinter sich.

Damit hatte niemand gerechnet: Bei der Präsidentenwahl in Peru liegt der Linkskandidat Pedro Castillo überraschend vorne.

Ersten Ergebnissen zufolge kommt der Bewerber der Partei Perú Libre auf 16,3 Prozent der Stimmen, wie das Wahlamt nach der Auszählung von etwas mehr als der Hälfte der Stimmen am Montag mitteilte. Hinter dem Lehrer lagen demnach der konservative Wirtschaftswissenschaftler Hernando de Soto mit 13,4 Prozent und die rechte Ex-Abgeordnete Keiko Fujimori mit 12,9 Prozent. Die beiden stärksten Kandidaten gehen in die Stichwahl.

Castillo stammt aus der Provinz Chota im Norden des Landes und hatte 2017 einen Lehrer-Streik angeführt. Die Regierung warf ihm damals Verbindungen zu Sympathisanten der linken Rebellengruppe Leuchtender Pfad vor. Er kündigte an, im Falle eines Wahlsiegs einen sozialistischen Staat aufzubauen, die Medien zu kontrollieren und das Verfassungsgericht abzuschaffen. Im Wahlkampf warb er zudem für eine Verfassungsreform, den Umbau des Rentensystems und die Verstaatlichung der Gasindustrie.

Castillo wurde zum Spitzenkandidat von Perú Libre gekürt, weil Parteichef Vladimir Cerrón aufgrund einer Verurteilung wegen Korruption nicht antreten durfte. Er gehörte zuletzt nicht zu den Favoriten im Rennen um das höchste Staatsamt und hatte erst in den vergangenen Wochen in den Umfragen zugelegt.

Der Ökonom De Soto ist ein international anerkannter Experte für informelle Wirtschaft, soziale Inklusion und Eigentumsrechte von Armen. Er überlebte drei Anschläge der Guerillaorganisation Leuchtender Pfad und war Berater des autoritären Machthabers Alberto Fujimori.

Dessen Tochter Keiko bewirbt sich bereits zum dritten Mal um das Präsidentenamt. Sie steht für eine liberale Wirtschaftspolitik und eine Sicherheitsstrategie der harten Hand. In den vergangenen Jahren war sie allerdings selbst mehrfach in Untersuchungshaft. In einem laufenden Korruptionsverfahren droht ihr eine langjährige Freiheitsstrafe.

Peru leidet besonders stark unter der Corona-Pandemie: Es gehörte zeitweise zu den Ländern mit der höchsten Sterblichkeitsquote weltweit, zudem brach die Wirtschaft im vergangenen Jahr um 12,9 Prozent ein. Nach einer Reihe von Skandalen ist zudem das Vertrauen der Bürger in die politische Klasse des Andenstaats tief erschüttert: Gegen etwa die Hälfte der Parlamentarier wird wegen verschiedener Vergehen ermittelt, zu Beginn der Impfkampagne sollen sich außerdem rund 500 Politiker, Funktionäre und Beamte vorgedrängelt haben.

Umfragen zufolge erwarten die Wähler von dem künftigen Staatschef Antworten auf die Corona-Pandemie, die fragile Sicherheitslage und die angeschlagene Wirtschaft. Vor allem aber muss der künftige Präsident oder die künftige Präsidentin das Vertrauen in die Politik wieder herstellen: Weniger als die Hälfte der Peruaner halten die Demokratie für die beste Regierungsform.

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