Berlin. Der Verfassungsschutz führt Teile der AfD als „Verdachtsfälle“. Nun will die AfD dagegen klagen. Der Zeitpunkt ist mit Bedacht gewählt.

Vor gut einem Jahr hatte das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) die AfD-Nachwuchsorganisation „Junge Alternative“ (JA) und die rechte AfD-Vereinigung „Der Flügel“ von Björn Höcke als sogenannte Verdachtsfälle eingestuft. Dagegen will die Partei nun klagen, wie die „Süddeutsche Zeitung“ online berichtet.

Schon damals hatte die AfD angekündigt, juristisch gegen die Entscheidung vorzugehen. Mit der Klage wegen angeblich stigmatisierender und ehrschädlicher Aussagen will die Partei das BfV nun zwingen, die Einstufung als Verdachtsfälle fallenzulassen. Das gehe laut „SZ“-Bericht aus einem Klageentwurf der Kölner Kanzlei Höcker vor, der der Zeitung, dem NDR und dem WDR vorliege.

AfD und Verfassungsschutz: 8000 Parteimitglieder von BfV-Maßnahmen betroffen

Die Einstufung als Verdachtsfälle ist gesetzlich geregelt und erlaubt den Verfassungsschützern den Einsatz nachrichtendienstlicher Mittel wie etwa Abhöraktionen oder V-Leute. Davon seien laut „SZ“ momentan etwa 8000 AfD-Mitglieder betroffen, also knapp ein Viertel aller Parteimitglieder.

Bei der Einstufung als Verdachtsfälle handelt es sich um eine Vorstufe zur sogenannten Beobachtung. Eine Beobachtung würde noch weiterreichende Maßnahmen erlauben – und die AfD-Ableger auf eine Stufe mit Rechtsextremisten stellen.

Wie „SZ“ weiter berichtet, hatte die AfD bereits im Dezember versucht, das Bundesamt mit zwei Abmahnungen dazu zu bringen, die Einstufungen fallenzulassen. Das BfV ließ sich darauf jedoch nicht ein und unterzeichnete die Unterlassungserklärungen nicht.

AfD-Klage gegen Verfassungsschutz: BfV lässt Frist verstreichen

Die Frist dafür ist laut „SZ“ am Montag verstrichen. Daher stehe die Klage der AfD nun unmittelbar bevor. Der Parteivorstand werde über das Einreichen der Klage am Freitag formal entscheiden.

Das BfV schätze das Vorgehen der AfD als taktische Maßnahme ein, wie die „SZ“ unter Berufung auf Verfassungsschutzkreise weiter berichtet. Denn noch in diesem Frühjahr könnten weitergehende Schritte – etwa die Beobachtung – anstehen.

Die AfD und der Verfassungsschutz – mehr zum Thema:

Ursprünglich hatte das Bundesamt für Verfassungsschutz nicht nur die „Junge Alternative“ und Höckes „Der Flügel“ als Verdachtsfall eingestuft, sondern auch die gesamte Partei als sogenannten Prüffall geführt. Der „Prüffall“ ist im Gesetz nicht verankert. Dabei sammeln die Verfassungsschützer Material, sichten und sortieren es und werten es systematisch aus.

Die AfD war gegen diese Prüfung durch den Verfassungsschutz gerichtlich vorgegangen – und war erfolgreich: Der Verfassungsschutz darf die AfD seither nicht mehr als „Prüffall“ bezeichnen. Der Verfassungsschutz akzeptierte das Verbot zum „Prüffall AfD“.

Björn Höckes rechter „Flügel“ hatte im Sommer vor den Landtagswahlen im Osten an Einfluss gewonnen. Was der Vormarsch der Völkischen für die AfD bedeutet, erfahren Sie hier. Die Partei Alternative für Deutschland hatte Anfang Dezember einen neuen Parteivorstand gewählt. Wie radikal die neue Spitze ist, können Sie hier nachlesen. (jkali)