Grünen-Parteitag

Ziemiak empört sich über Emcke-Rede und erntet selbst Kritik

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Habeck: Grüne stehen vor dem Wahlkampf ihres Lebens

Habeck: Grüne stehen vor dem Wahlkampf ihres Lebens

Zum Auftakt des Grünen-Parteitags hat Parteichef Robert Habeck seine Partei auf die Bundestagswahl in dreieinhalb Monaten eingeschworen. "Wir Bündnis90/Die Grünen stehen vor dem Wahlkampf unseres Lebens", sagte Habeck am Freitag in seiner Rede auf dem digitalen Parteitag.

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Berlin.  In einer Rede auf dem Grünen-Parteitag thematisierte Carolin Emcke Wissenschaftsfeindlichkeit. Nun wird ihr Antisemitismus vorgeworfen.

Hetze, Desinformation, Wissenschaftsfeindlichkeit: Diese Punkte hat die Publizistin Carolin Emcke beim Grünen-Parteitag in einer Videobotschaft thematisiert - und mit einer bestimmten Formulierung für Empörung gesorgt. CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak unterstellte ihr via Twitter eine Geschichtsvergessenheit.

"Es wird sicher wieder von Elite gesprochen werden. Und vermutlich werden es dann nicht die Juden und Kosmopoliten, nicht die Feministinnen und die Virologinnen sein, vor denen gewarnt wird, sondern die Klimaforscherinnen", so der Wortlaut der entsprechenden Aussage in Emckes Rede am Freitagabend - außerhalb des Gesamtzusammenhangs.

Ziemiak und "Bild" über Emckes Rede: "Geschichtsvergessene Entgleisung"

"Das ist eine unglaubliche + geschichtsvergessene Entgleisung auf dem Parteitag der Grünen", schrieb Ziemiak daraufhin am Samstag auf Twitter. Von Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock erwarte er dazu "heute absolute Klarheit". Es könne beim Thema Antisemitismus keinen Interpretationsspielraum geben. "Da gibt es nur Klartext."

Zuerst hatte die "Bild" die Passage in Emckes Videobotschaft kritisiert: "Der Vergleich zwischen Kritik an Klimaforschern und antisemitischer Hetze und Verfolgung von Juden ist zutiefst geschmacklos", schrieb das Blatt am Samstag - und warf der Publizistin ebenfalls "geschichtsvergessene Entgleisung" vor.

Der "Spiegel" sieht hinter dem Vorgehen der "Bild", dem sich auch die "Welt" angeschlossen hat, einen "orchestrierten Shitstorm". Die Rede der Publizistin sei aus dem Zusammenhang gerissen und verkürzt dargestellt worden.

Kellner: Antisemitismus-Vorwurf "für Wahlkampfmanöver instrumentalisiert"

Auch Grünen-Bundesgeschäftsführer Michael Kellner ergriff Partei für Emcke - ebenfalls auf Twitter. "Dass Paul Ziemiak Carolin Emcke und den Antisemitismus-Vorwurf für ein billiges Wahlkampfmanöver instrumentalisiert, ist daneben. Dafür ist der Kampf gegen Antisemitismus zu wichtig und zu ernst. Ich erwarte eine Entschuldigung an Carolin Emcke, die in ihrer Haltung glasklar ist."

Grünen-Fraktionsvize Konstantin von Notz bezeichnete Emcke als "einen der integersten Menschen, die ich kenne". "Ihre Stimme ist immer eine für die Achtung der Menschenwürde, gegen Rassismus und Antisemitismus!"

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"Schäbig": Klingbeil stellt sich ebenfalls hinter Emcke

Unterstützung kam auch von SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil, der am Abend ergänzte: "Ich kenne und schätze Carolin Emcke. Ihr Antisemitismus zu unterstellen ist wirklich schäbig." Die CDU solle mal ein bisschen runter kochen, riet er.

Emcke selbst hat sich bislang nicht geäußert. Gegenüber "Spiegel" teilte ihre Agentur mit: "Jeder, der sich die Mühe macht, die gesamte Rede anzuschauen, weiß die Inhalte einzuordnen."

In der Videobotschaft warnte Emcke vor dem Verlust eines gemeinsamen Verständnisses von Fakten. Dies werde sich auch im Wahlkampf zeigen, wobei es keine Rolle spiele, welche Personen oder Parteien betroffen seien - es gehe um die Demokratie. Sie forderte "eine neue Aufklärung". Im Youtube-Video vom digitalen Parteitag kann die gesamte Rede ab 2:10:10 angehört werden.

(dpa/raer)