Wünschendorf. Thüringer Umweltministerin startet in Wünschendorf Modellprojekt zum Hochwasser- und Naturschutz

In Wünschendorf wurde gestern ein Thüringer Modellprojekt gestartet. Es nennt sich Biotopverbund und will zum Hochwasserschutz der Weißen Elster dem Fluss mit Auenweiden mehr Raum geben.

Für einige der an der Mündung der Weida in die Weiße Elster Versammelten werde der zweite Schritt vor dem ersten getan, wie sie gestern sagten. So sei über die Verfügbarkeit der Flächen und die Entschädigung der Eigentümer noch überhaupt nicht gesprochen.

Fast eine Million für Weidezäune

Zum Auftakt – und darauf lag gestern die Betonung – übergab Umweltministerin Anja Siegesmund (Grüne) einen Scheck über 989.201 Euro an den Bundesvorsitzenden der Deutschen Umwelthilfe (DUH) Harald Kächele. In Kooperation mit der Natura 2000-Station Osterland in Grünberg bei Schmölln sollen knapp 300 Hektar Ackerland in Weiden umgewandelt werden. Das Geld sei für Weidezäune und Tierunterstände. Laut Sabrina Schulz, Leiterin des DUH-Teams lebendige Flüsse, betreffe das etwa 140 Hektar im Einzugsgebiet der Weida bei Göhren-Döhlen und rund 160 Hektar an der Weißen Elster, von der Weida-Mündung bis nach Gera.

„Dieses Milliönchen soll dem Schutz von Gera dienen“, erklärte Doreen Rath, Leiterin der Natura 2000-Station. Sie erinnerte, dass das Hochwasser 2013 in Gera einen Schaden von rund 30 Millionen Euro angerichtet habe. Den Biotopverbund nannte sie eine „Brücke zwischen Naturschutz, Landwirtschaft und Politik.

Die Kooperation mit der Landwirtschaft nannte Edgar Reisinger, Experte für Auenökologie „fast beispielhaft“. Hier werde zum ersten Mal der Versuch unternommen, Landwirte von Anfang an in den Hochwasserschutz einzubinden und das Kardinalproblem der Flächenbewirtschaftung einvernehmlich zu lösen. „Ich hoffe nur, dass das in der neuen EU-Förderperiode berücksichtigt wird, so dass die Landwirte keine Einbußen haben“, sagte er. Noch sei nicht klar, ob die Förderperiode 2022 oder 2023 startet.

Schon bis 31. Oktober 2021 sollen von dem gestern übergebenen Geld aus Landesmitteln und der Europäischen Union im Förderprogramm „Entwicklung von Natur und Landschaft“ laut Ministerin Siegesmund die naturschutzfachlichen Ziele gemeinsam definiert und auch umgesetzt sein.

So soll etwa der Damm von der Weida-Mündung elsterabwärts verschwinden, erklärte Karsten Pehlke, Referatsleiter Wasserbau im Thüringer Landesamt für Umwelt, Bergbau und Naturschutz. So könne der Wasserstand an der Holzbrücke um 50 Zentimeter abgesenkt werden. „Wir sind als Freistaat mittendrin in den Vorbereitungen. Zwei Wohngebäude wurden hier schon abgerissen und im Grunderwerb stecken wir mittendrin“, erklärte er.

„Grundsätzlich wollen wir uns gesellschaftlichen Interessen nicht entziehen“, sagte gestern Peter Hoffmann, Vorstandsvorsitzender der Agrar Osterland AG & Co KG aus ­Köckritz, gegenüber unserer Zeitung. Die Gesellschaft ist sowohl Eigentümer von Grundstücken in Wünschendorf als auch Pächter. „Es muss aber so gestaltet werden, dass für die jetzigen Nutzer keine finanziellen Nachteile entstehen. Das habe ich der Ministerin gesagt“, erklärte Hoffmann. Im benachbarten Meilitz bewirtschaft die Agrargenossenschaft Kauern eine Fläche westlich der Elster, die zur Weide werden soll. Vorstandschef Klaus-Jürgen sagte gestern: „Wir suchen eine Lösung und werden eine finden“. Er gab aber auch zu bedenken, dass in den 1990er-Jahren Häuser in die Aue gebaut wurden und damit Ackerland zu Bauland wurde und an Wert gewann.

Er sei selten in Projektregionen, sagte gestern DUH-Bundesvorsitzender Harald Kächele. „Ich finde das Projekt super“, erklärte er seinen Besuch in Wünschendorf. „Das ist ein Paradebeispiel. Während wir sonst über das große Ganze diskutieren, können wir hier Verantwortung übernehmen und anpacken“. Er prophezeite noch viele Diskussionen und bot Moderation mit Herzblut von seinem Team an.