Hamburg. Der „Kaiser“ Franz Beckenbauer verabschiedet sich sehr persönlich von seinem Freund Uwe Seeler - mit einem Brief im Hamburger Abendblatt.

Mein lieber Uwe,

bei uns in Bayern sagt man Servus, wenn jemand geht. Bei Dir in Hamburg heißt Abschiednehmen schlicht und einfach Tschüs. Dir, meinem wunderbaren Freund, möchte ich Servus und Tschüs sagen. Denn Du gehst für immer.

Meine Familie und ich sind unendlich traurig. Mein tiefes Mitgefühl gilt Deiner Familie, besonders aber Ilka.

"Uwe Seeler, am Mittwoch gehört der Volkspark Dir ganz allein"

Still und leise hast Du in der vergangenen Woche auf dem Ohlsdorfer Friedhof Deine letzte Ruhe gefunden. Du hattest es Dir genau so gewünscht. Gut so.

Am Mittwoch gehört der Volkspark Dir ganz allein. Da ehrt Fußball-Hamburg einen großen Deutschen und Menschen mit einer Trauerfeier. Ich werde die Zeremonie am Fernseher verfolgen müssen, da mein Gesundheitszustand Schonung verlangt.

Uwe Seeler und Beckenbauer: eine Jahrzehnte währende Freundschaft

Mein Freund, nicht nur als Mitspieler bei den zwei spektakulären Weltmeisterschaften 1966 in England und 1970 in Mexiko spürte ich eine ganz besondere Zuneigung zu Dir. Diese blieb auch, als wir uns vom Leistungsfußball verabschiedeten.

Wir pflegten unsere Freundschaft durch Telefonate. Wir beide gründeten Stiftungen, um jenen Menschen zu helfen, die nicht auf der Sonnenseite des Lebens stehen. Dazu kam dieser wunderbare Freundeskreis der Schneeforscher Obertauern. Du als Präsident – 40 Jahre lang. Ich als Botschafter. Deine Stimme bei den Hüttenabenden mit Liedern von der Waterkant war nicht zu toppen und wird mir immer in Erinnerung bleiben.

"Uwe Seeler, mit Dir in der Nationalmannschaft zu spielen, war eine Ehre"

Aber zurück in die Zeit, als wir noch als Spieler auf dem Platz standen. Mit Dir, mein Freund, in der deutschen Nationalmannschaft spielen zu dürfen, war mir, dem neun Jahre jüngeren, eine große Ehre. Ich habe Dich schon beim Umziehen in der Kabine aus der Distanz respektvoll bewundert. Deine Gedanken schienen schon vor der letzten Motivationsansprache des Bundestrainers auf dem Platz zu sein. Die Worte von Helmut Schön hast Du kaum noch aufgenommen. Und wehe, wenn sich dann nach dem Anpfiff ein Kamerad Alibi-Fußball erlaubte. Da wurde der Hanseat Seeler richtig laut. „Uwe, Uwe“ zu rufen, ja, das war die beste Art, „Deutschland, Deutschland“ zu rufen.

Es gibt einen wunderbaren Schriftsteller aus Uruguay: Eduardo Galeano. Er beschrieb Dich einmal so treffend, dass wir es im Kreis der Schneeforscher häufig erwähnten: „Auf den Fußballplätzen war er immer der kleinste und dickste. Er lief krumm, aber er wurde zum Floh, wenn er sprang, zum Hasen, wenn er lief, und zum Stier, wenn er köpfte.“

Lieber Uwe, dieser letzte Gruß kommt aus tiefstem Herzen: Du bleibst für immer unvergessen. Servus und Tschüs.

Dein Freund Franz

aufgezeichnet von Roman Köster