Doha. Ausgerechnet am Nationalfeiertag schaut die Welt erneut auf Katar. Heute steigt das WM-Finale zwischen Argentinien und Frankreich.

Es liegt nun schon eine Weile zurück, genauer 144 Jahre, als Jassim bin Mohammed Al Thani die Nachfolge seines Vaters Mohammed bin Thani als Herrscher der Halbinsel Katar antrat und dann, so lautet die Überlieferung, alle Stämme vereinte. Gemeinsam wurden die Briten bekämpft. Das Ziel: Autonomie.

Man könnte jetzt einwerfen, was dies denn bitte mit der Fußball-Weltmeisterschaft zutun habe. Nun ja, in Gedenken an Jassim bin Mohammed Al Thani feiert das Emirat jedes Jahr am 18. Dezember seinen Nationalfeiertag und, wie es sich die aktuellen Herrscher wohl kaum schöner hätten ausmalen können, an genau diesem Tag findet am Sonntag (16.00 Uhr/ARD und MagentaTV) auch das aufgrund der beteiligten Nationen traumhafte Finale in Lusail zwischen Argentinien und Frankreich statt.

Katar hat sich deswegen einen Tag vor dem Endspiel herausgeputzt, überall wurden die bordeauxrot-weißen Fahnen aufgehangen, so wie es in dem Wüstenstaat zum Nationalfeiertag dazugehört. Und nun schaut ja auch noch einmal die Welt auf das Land, bevor das aufgrund der Menschrechtslage in dem arabischen Land umstrittene Turnier endet.

Sportlich ist es das Finale der beiden besten Mannschaften

Sportlich verspricht das Finale das Duell der beiden besten Mannschaften. Argentinien zerreißt sich in der Defensive, beeindruckt durch taktische Flexibilität und natürlich Lionel Messi, der im Alter von 35 Jahren seine Karriere vergolden kann. Frankreich hat den tiefsten Kader, die meisten Talente. Antoine Griezmann (31) verbindet im Mittelfeld die einzelnen Fragmente. Kylian Mbappé beeindruckt durch seine Rasanz, seine raumgreifenden Schritte, seine Athletik und Technik. Der 23-Jährige gilt als Nachfolger von Lionel Messi und kann mit einem Erfolg wie die brasilianische Sturmlegende Pelé zum zweiten Mal Weltmeister werden, bevor er 24 Jahre alt wird.

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Dass das Finale als Duell des abtretenden gegen den kommenden Bestimmer des Fußballs inszeniert wird, dürfte bei den katarischen Machthabern ebenfalls Glücksgefühle auslösen. Beide Profis verdienen ihr Geld bei Paris Saint-Germain, dem Klub, der von einem katarischen Investmentfonds mit vielen, vielen Millionen in die europäische Spitze gedrückt wurde.

Argentiniens Fans prägten bereits am Samstag das Stadtbild Dohas

Neben der Kommerzialisierung verdeutlicht dieses Spiel jedoch auch die Kraft und die Faszination dieser Sportart. Rund 45.000 Fans werden aus Argentinien erwartet. Schon am Samstag prägten sie das Stadtbild Dohas. Überall ließen sich die himmelblau-weißen Trikots entdecken, meist mit der Nummer 10 und Messi bedruckt. Der sechsmalige Weltfußballer hat dieses Turnier bislang wie kein anderer zu seinem gemacht. Selbst der ehemalige Bundestrainer Jürgen Klinsmann (58) meinte: „Wir sind alle Messi-Fans. Wir wünschen uns einfach, dass er den Titel gewinnt und in seiner Heimat endlich auf eine Stufe mit Diego Maradona kommt.“

Gut gelaunt präsentierte sich Argentiniens Star Lionel Messi im Abschlusstraining vor dem WM-Finale.
Gut gelaunt präsentierte sich Argentiniens Star Lionel Messi im Abschlusstraining vor dem WM-Finale. © AFP

Frankreich möchte dies natürlich verhindern. „Wir wissen, was Messi für die Geschichte des Fußballs bedeutet, aber es ist ein Spiel zwischen Argentinien und Frankreich“, sagte Frankreichs Torhüter und Kapitän Hugo Lloris (35). „Das Spiel ist zu groß, um sich nur auf einen Spieler zu konzentrieren.“ Seine Mannschaft wisse, dass Frankreich hinter ihr stehe, alles andere sei egal. „Wenige haben an uns geglaubt, aber jetzt sind wir wieder im Finale. Wir werden alles geben, um dieses Spiel erneut zu gewinnen.“

Zum vierten Mal steht die Équipe Tricolore in einem WM-Endspiel. 1998 und 2018 holte die französische Auswahl den Titel, 2006 verlor die Elf in Berlin gegen Italien (4:6 nach Elfmeterschießen). Am vierten Advent kann der Weltmeister jetzt seinen Titel verteidigen, zuletzt gelang dies Brasilien im Jahr 1962.

Erkältungswelle bereitet Frankreich Sorgen

Ausgerechnet vor diesem bedeutsamen Duell schwächt Frankreich jedoch eine Erkältungswelle. Am Freitag fehlten der Münchner Kingsley Coman (26), Abwehrchef Raphael Varane (29) und Ibrahima Konate (23) beim Training, zuvor waren bereits Dayot Upamecano (24) und Adrien Rabiot (27) erkrankt. „Ich habe ihnen eine Tasse Tee mit Ingwer und Honig gemacht, damit sie sich ausruhen können“, erzählte Barcelonas Ousmane Dembélé (25), der von 2016 bis 2017 bei Borussia Dortmund unter Vertrag stand.

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„Ich bin früh losgefahren, da haben sie noch geschlafen“, berichtete Trainer Didier Deschamps, als er am Samstagvormittag in der Pressekonferenz über das Finale sprach. „Wir versuchen, ruhig und fokussiert zu bleiben.“ Er werde „nicht in Details gehen, auch wenn es für euch von Interesse ist, das verstehe ich“. Man habe alle Vorsichtsmaßnahmen getroffen und versuche, „damit zu leben und sich nicht zu sehr ablenken zu lassen“.

Frankreichs Nationaltrainer Didier Deschamps.
Frankreichs Nationaltrainer Didier Deschamps. © getty

Argentiniens Trainer Lionel Scaloni sagte, dass er sich nicht mit der Erkältungswelle des Gegners beschäftigt habe. „Ich weiß darüber nichts, wir haben den Gegner analysiert, und wir werden eine Elf aufstellen, die den meisten Erfolg verspricht“, meinte der 44-Jährige. Es komme ohnehin auf die mannschaftliche Geschlossenheit an und nicht auf die beiden Stars Messi und Mbappé. „Wir haben unsere Waffen, unsere Stärken. Es ist ein Spiel zwischen Argentinien und Frankreich, nicht ein Duell von nur zwei Spielern.“