Kolding. Solch ein Großereignis hat es im Frauen-Handball noch nicht gegeben. Die EM in Dänemark findet wegen Corona in einer Blase und ohne Zuschauer statt. Die deutsche Mannschaft hofft trotz vieler Probleme in der Vorbereitung auf ein gutes Turnier.

Nach der Ankunft in Dänemark absolvierten die deutschen Handballerinnen den vorgeschriebenen Corona-Test, dann ging es erst einmal auf die Hotelzimmer in die Isolation.

Trotz der alles andere als normalen Turnierbedingungen wollen die DHB-Frauen bei der Europameisterschaft notfalls auch ohne Bundestrainer Henk Groener sportlich auftrumpfen und die WM-Enttäuschung mit der verpassten Olympia-Qualifikation endgültig hinter sich lassen.

"Die aktuelle Situation ist für alle Teams etwas Neues. Wir müssen die Energie aufs Feld bringen und nicht Energie für andere Themen vergeuden", forderte Kapitänin Kim Naidzinavicius mit Blick auf die ungewöhnlichen Umstände in der Corona-Krise und gab die sportliche Marschrichtung vor: "Ich hoffe, dass es dieses Mal für das Halbfinale reicht."

Die EM-Vorfreude ist riesig - trotz diverser Einschränkungen und fehlender Zuschauer. "Wir dürfen uns nicht unterkriegen lassen von den Gegebenheiten. Ich hoffe, dass wir auf der Platte zeigen können, dass wir Feuer und Flamme sind für dieses Turnier", sagte Torfrau Dinah Eckerle vor dem Auftaktspiel gegen Rumänien am Donnerstag.

Die Vorbereitung verlief allerdings überhaupt nicht nach Plan. Zunächst zog sich Norwegen wegen der aktuellen Corona-Lage als Co-Gastgeber zurück, wodurch der Deutsche Handballbund logistisch komplett umplanen musste. Statt in Trondheim steigen die Vorrundenspiele in der Gruppe D, wo Norwegen und Polen die weiteren Gegner sind, nun in Kolding. Ein geplantes Vier-Länder-Turnier in Bergen am vergangenen Wochenende wurde vom Veranstalter abgesagt, sodass die DHB-Frauen den sportlichen Ernstfall nicht proben konnten. Und dann fiel auch noch der Bundestrainer wegen eines positiven Corona-Tests aus.

"Natürlich merkt man, dass er nicht da ist. Auch menschlich. Es ist schade, dass er uns nicht vorbereiten konnte. Das hatte er sich auch anders gewünscht", sagte Eckerle über die ungewollte Abstinenz von Groener. Der 60 Jahre alte Niederländer war am Dienstagvormittag wie die aus dem Kader gestrichene Jennifer Rode nicht mit an Bord, als die deutsche Mannschaft mit einem Charterflieger von Frankfurt nach Billund abhob.

Von dort ging es weiter ins Teamhotel, das die Spielerinnen nur zum Training und zu den Spielen verlassen dürfen. "Die Mannschaft kann an einem freien Vormittag mal nicht an Sightseeing oder ähnliche Geschichten denken", betonte DHB-Sportvorstand Axel Kromer. "Das wird eine Herausforderung für uns alle. Wir waren noch nie in solch einer Situation", sagte Eckerle zu den ungewohnten Rahmenbedingungen. "Da wird es ganz wichtig sein, dass wir uns im Hotel beschäftigen können."

Damit es keinen Lagerkoller gibt, haben sich die DHB-Frauen für die Freizeitgestaltung "mannschaftsintern ganz schöne Sachen ausgedacht, damit man sich nicht den ganzen Tag mit solchen Themen beschäftigt", berichtete Eckerle. Ganz ausblenden kann man Corona aber nicht, denn alle drei Tage gibt es einen PCR-Test. Zudem gilt die Maskenpflicht und das Abstandsgebot.

Trotz allem mache die Mannschaft "einen sehr fokussierten und engagierten Eindruck", sagte Co-Trainer Alexander Koke. "Ich habe ein gutes Gefühl." Er glaube fest daran, dass die Spielerinnen es schaffen, sich trotz der widrigen Umstände "in einen EM-Tunnel zu begeben." Aus dem will die DHB-Auswahl möglichst erfolgreich wieder herauskommen.

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