München. Deutschland hat im Kampf um den Einzug ins EM-Achtelfinale alle Trümpfe in der Hand. Das DFB-Team besiegte Portugal verdient mit 4:2.

Robin Gosens breitete die Arme aus, sprintete los und rutschte auf Knien in Richtung der Eckfahne der Münchener Arena. Der deutsche Linksverteidiger hatte allen Grund zur Freude, gerade hatte er nach einer Stunde den Treffer zum 4:1 gegen Portugal erzielt und damit seine überragende Leistung an diesem Tag gekrönt: Beim 4:2 (2:1)-Sieg im zweiten Gruppenspiel der Europameisterschaft hatte er ein Tor selbst erzielt, zwei weitere direkt vorbereitet und auch am vierten war er beteiligt. Bei seiner Auswechslung wenig später wurde er mit Sprechchören gefeiert.

DFB-Team hat nun alle Trümpfe in der Hand

Die Stimmung auf den Rängen war prächtig, kein Wunder: Durch eine starke Leistung und den hochverdienten Sieg gegen den amtierenden Europameister vier Tage nach dem 0:1 gegen Frankreich hat die deutsche Mannschaft das vorzeitige EM-Aus verhindert – und nun im Kampf ums Achtelfinale alle Trümpfe in der Hand.

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Dabei hatte Bundestrainer Joachim Löw gar nicht so viel geändert, zumindest personell: Es liefen die gleichen elf Spieler wie gegen Frankreich auf. Gleiche Aufstellung, andere Einstellung – so lautete der Plan. Mehr Mut sollten die Spieler zeigen, mehr Durchschlagskraft, konsequent in die gefährlichen Räume hineinspielen.

Deutschland profitiert von zwei Eigentoren

Und genau das taten die deutschen Nationalspieler in der Anfangsphase, schnell und direkt ging es nach vorne. Und die 14.500 Zuschauer durften ganz früh jubeln – allerdings auch nur ganz kurz: Matthias Ginter flankte scharf nach innen, Serge Gnabry verpasste im Zentrum, aber Robin Gosens schoss am langen Pfosten akrobatisch ein. Doch Gnabry hatte leicht im Abseits gestanden und nach Meinung von Schiedsrichter Anthony Taylor aktiv eingegriffen – der Treffer zählte nicht (5.).

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Doch es ging zunächst weiter nur in eine Richtung: Portugals Spiel wirkte wild und ungeordnet, das deutsche zupackend. Gnabry drang rechts in den Strafraum ein, wurde jedoch eben noch gestoppt (7.). Kai Havertz zog aus 20 Metern ab, Torhüter Rui Patricio ließ abklatschen, doch Gnabry konnte den Abpraller nicht verwerten (10.). Toni Kroos zog von der linken Strafraumkante ab, wurde jedoch geblockt (12.).

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Dann aber ging eine deutsche Ecke vollkommen nach hinten los, Portugal konterte schnell und präzise. Bernardo Silva spielte einen präzisen langen Ball auf Diogo Jota, der frei vor Manuel Neuer querlegte. Cristiano Ronaldo brauchte nur noch einschieben (15.). Es war das erste Tor des portugiesischen Topstars gegen Deutschland, es war ihm auch noch nie so leicht gemacht worden.

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Das Tor stellte den Spielverlauf auf den Kopf, die deutsche Mannschaft stand nun mit dem Rücken zur Wand – und brauchte eine Weile, um sich zu berappeln. Dann aber spielte Joshua Kimmich von der rechten Seite eine herrliche Verlagerung auf Gosens, der den Ball volley scharf nach innen spielte – und Ruben Dias lenkte die Kugel vor Kai Havertz ins eigene Netz (35.). Endlich der erste Turniertreffer, und auch der zeigte Wirkung. Schnell rollten weitere Angriffe in Richtung des portugiesischen Tors. Gosens bediente Müller, der flankte, Havertz leitete weiter, Kimmich gab scharf nach innen – und diesmal traf Dortmund-Profi Raphael Guerreiro ins eigene Tor (39.).

Gnabry hätte in der Nachspielzeit sogar noch erhöhen können, als er einen missglückten Rückpass erlief, Pepe schwindlig spielte, mit seinem Schuss aber an Torhüter Rui Patricio scheiterte. Dennoch: Zur Pause war die deutsche Mannschaft auf Kurs, und das verdientermaßen.

Bester Mann auf dem Platz: Robin Gosens

Nach der Pause schien sie es im Glutofen von München das Tempo zunächst herauszunehmen – um die portugiesische Hintermannschaft dann in einer wunderschönen Kombination zu sezieren. Am Ende gab Müller nach außen auf Gosens und dessen scharfe Hereingabe drückte Havertz über die Linie (51.) – endlich ein eigener Treffer auf der richtigen Seite.

Und bald sollte ein weiterer folgen: Kimmich flankte – und Gosens köpfte zum 4:1 ein (60.). Das Spiel hätte endgültig entschieden sein müssen, doch die Schwäche bei Standardsituationen bleibt ein Thema, vorne wie hinten: Bei einem Freistoß aus dem Halbfeld fiel die komplette deutsche Hintermannschaft in einen Sekundenschlaf, Ronaldo lenkte den Ball artistisch nach innen und Diogo Jota schob ein (67.). Und nach einem kurz ausgeführten Eckball schoss Renato Sanches aus der Distanz an den Pfosten (79.).

Doch der deutschen Mannschaft gelang es meist, das Spiel zu beruhigen und den Ball vom eigenen Tor fernzuhalten. Und so blieb ein verdienter Sieg in einem rauschenden Fußballfest, das nur ganz leicht durch personelle Sorgen getrübt wurde: Mats Hummels hatte nach einer guten Stunde angeschlagen ausgewechselt werden müssen – offenbar zwickte wieder einmal das Knie.